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Erster Tag im Kindergarten: Neuer Lebensabschnitt beginnt

Die Kulleraugen blicken verzweifelt, der Mund bibbert - der erste Tag im Kindergarten beginnt häufig mit vielen Tränen. "Nur wenige Kinder haben keine Probleme mit Trennung, es ist aber ungewöhnlich, wenn es über längere Zeit nicht klappt", sagte Pia Deimann vom Institut für Entwicklungspsychologie und Psychologische Diagnostik an der Universität Wien.

Sätze wie “Schau, der Toni weint ja auch nicht” oder “Jetzt bist du ein großes Mädchen” können sich Eltern sparen. “Ablenken nützt nichts, nicht einmal bei Erwachsenen.”

Kind rein, Tür zu – oder langsamer Abschied mit vielen Erklärungen? Was tun, wenn der Abschied an der Tür jedes Mal zum Drama wird? “Das muss man ausprobieren. Auch wenn das Kind weint, kann man gehen, das Handy sollte man aber in Hörweite haben. Oft hört das Kleine gleich auf, weil es nur ein Abschiedsschmerz war, dann aber gleich mit den anderen spielt”, erklärte Deimann.

Jedenfalls muss der Besuch im Kindergarten gut vorbereitet sein. Das Kind soll den Ort bereits kennen und schon einmal schnuppern gewesen sein. “Eltern sollten sich informieren, wie der Kindergarten auf den Eintritt vorbereitet, z. B. dass Mama oder Papa stundenweise dabei bleiben dürfen. Es nützt aber nichts ein Monat vorher damit anzufangen”, sagte Deimann.

Warum fällt Loslassen so schwer? “Weil es eine neue Situation ist. Solange das Kind das Gefühl hat, dass eine zuverlässige Person, die es kennt, in der Nähe ist, kann es experimentieren. Die Bindung zur Bezugsperson wird auf die Probe gestellt, wenn ich in eine neue Situation komme mit unbekannten Personen. Das ist eine bedrohliche Situation für das Kind und es sucht Zuflucht bei sicheren Menschen”, erklärte die Psychologin.

Wichtig ist, viel mit den Kleinen über den Kindergarten zu reden. “Ich kann dem Kind sagen ‘Ich hab eine ganz liebe Babypuppe gesehen’ oder ‘Ich bin gespannt, was du mir dann alles erzählen wirst'”, erklärte Deimann. Oft sei aber gar nicht der erste Tag das Problem, “da ist es ja noch aufregend”. Erst mit dem Alltag, wenn das Kind regelmäßig lange weg ist, fängt es zum Nachdenken an.

Eltern sollten Zuversicht zeigen und keinesfalls eigene Befürchtungen äußern. “Wenn ein Kind nicht viel über den Kindergarten spricht, ist das nicht unbedingt schlimm. Das ist kein schlechtes Zeichen, sondern es wird für das Kleine einfach zur Routine”, sagte die Psychologin.

Heftig umstritten in der Literatur ist das Alter mit dem man Kinder in außerfamiliäre Betreuung gibt. “Es gelingt schon bei Einjährigen. Wie lange man ein Kind weggibt oder ab wann, hängt häufig davon ab, wie lange oder ab wann die Mutter das Kind abgeben muss”, sagte Deimann. “Schwer zu sagen, was gut ist und was nicht.”

Krippenkinder weisen aber in ihrer sozialen und emotionalen Entwicklung keine Nachteile auf. Sie schneiden oft sogar besser ab. Bei Einjährigen gelinge es, wenn das Kind einen Bezug zur Pädagogin hat. “Gut geht es mit drei Jahren. Das Spielverhalten und die Kommunikation funktionieren da schon. Zweijährige spielen noch nebeneinander, die älteren machen schon Rollenspiele und wollen Partner zum Spielen”, meinte Deimann. Sie sind in ihrer kognitiven Entwicklung weiter. 70 bis 80 Prozent der Fälle von dreijährigen Kindergartenkinder sind problemlos. Anhaltende Trennungsängste können sich zum morgendlichen Kampf aufschaukeln. “Es ist aber nicht was man nicht in den Griff bekommen kann. Und, es ist auch nicht jedes Kind ein geselliger Typ. Man muss sich einfach anschauen, wie man helfen kann”, sagte die Psychologin.

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