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„Neuer Wind tut sicher gut“

©Dietmar Stiplovsek
Dr. Kassian Lauterer ist seit 40 Jahren Abt von Mehrerau. 2009 tritt er definitiv zurück.

Bregenz (VN) Er war eben schwimmen. Beim klostereigenen Badehaus. Wo Generationen von Internatsschülern die vom Latein erhitzten Köpfe abkühlten. Und eben auch Äbte. Jedenfalls Kassian Lauterer, längstgedienter Abt von Wettingen-Mehrerau.

Am Dienstag jährt sich seine Wahl zum 40. Mal. Deshalb wird ihm der Landeshauptmann, wie man munkelt, Mittwochmorgen ein Ehrenzeichen der Republik überreichen. „Eine Alterserscheinung“, lächelt der Abt und blickt zurück. Als sein Vorgänger Abt Heinrich Groner am 7. August 1968 im Sanatorium starb, war der junge Mönch Kassian anwesend. Zufällig. „Es war immer jemand bei ihm. Ich war eben gerade dran.“ Bis die 27 wahlberechtigten Zisterziensermönche am 19. August dann im Kapitelsaal ihren neuen Oberen wählten, hörte der 34-jährige Sohn eines Bregenzer Postboten von außen mehrfach: „Pass auf, dich erwischt es.“

Vier Gegenstimmen

Er machte sich keine Gedanken. Kassian gab „heute kann ich’s ja sagen“ – seine Stimme dem Bregenzer Altphilologen und nachmaligen Schuldirektor Adalbert Roder. Aber das reichte nicht. Nur vier Stimmen entfielen nicht auf Lauterer, 23 Mönche legten schon im ersten Wahlgang vertrauensvoll das Schicksal der Mehrerau in seine jungen Hände. Zu jung beinahe. Kassian Lauterer war der jüngste Abt Österreichs. „Später sind wir drauf gekommen, dass ich nach Kirchenrecht eigentlich hätte 35 Jahre alt sein sollen.“

„Kascht denn des?“

Heute sagt der 74-Jährige, dass er die Wahl „eigentlich recht locker“ angenommen hat. „Ich dachte mir, irgendeiner muss es ja machen.“ Tags darauf fuhr er zu seinen Eltern. Der Vater erschrak: „Jo kascht denn des?“ Die Mutter war wohl auch stolz.

Heute wäre sie es noch mehr. Ihr Sohn übergibt Anfang 2009, wenn er zurücktreten wird, ein wohlbestalltes Haus. Der Konvent ist stabil und jung. Die Gebäude der großen Klosteranlage wurden Zug um Zug renoviert, zuletzt nach der Katastrophe von Egg das Dach des Internats um eine Million Euro im Brandschutz verbessert. Die Schule hat mit sportlichem Schwerpunkt und Fußballakademie eine lukrative Nische erobert.

„Die Landwirtschaft haben wir verpachtet.“ Der Klosterkeller läuft höchst profitabel. Das Sanatorium  eine diplomatische Meisterleistung  konnte gerettet werden: Die Landeskrankenhausbetriebsgesellschaft leitet es, Land und Gemeinden tragen bis zu 1,6 Millionen Euro Abgang jährlich. Das Kloster blieb Eigentümer.

Am liebsten Seelsorger

Neuordnung und digitale Katalogisierung der 120.000 Bände umfassenden Klosterbibliothek kommen gut voran. Einzig das hauseigene Archiv liegt brach. Eine Beschäftigung für den Abt nach seiner Amtszeit?

Das glaubt er weniger. „Da müsste ein Spezialist ran.“ Unter anderem liegt dort die älteste Urkunde des Landes verwahrt. Kassian Lauterer würde am liebsten in die Seelsorge gehen. Zunächst ein Jahr nach Birnau, „sofern der neue Abt das gestatten wird“. Für seine Sammlung alter Uhren hat er einen Platz im neuen Gemäldearchiv des Klosters reserviert.

Dass Papst Benedikt XVI. seinen Rücktritt annehmen wird, bezweifelt der Abt nicht. „Ich werde das schon so formulieren.“ Als Präses der Mehrerauer Kongregation, die zehn Männerklöster und 13 Frauenabteien umfasst, hat er Verlängerungen in der Amtszeit nie gutgeheißen. „Die Klöster brauchen von Zeit zu Zeit frischen Wind.“ Wer immer von ihm Mitra und Stab übernimmt, findet das Anforderungsprofil in der fast 1500 Jahre alten Mönchsregel des hl. Benedikt. „Er soll ein Liebhaber des Klosters, der Brüder und des monastischen Lebens sein.“ Daran hat kein Trend der Welt, so Abt Kassian, bis heute was geändert.

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