2009 hat die Stadt Dornbirn ein Schulraumkonzept beschlossen. Es ist ein Planungsinstrument für die Entwicklung der Dornbirner Pflichtschulen und sieht in einer Zeitspanne bis 2030 Investitionen im Umfang von 113 Millionen Euro für die Neuerrichtung und Sanierung von Bildungsbauten vor. Im Vorfeld der Erstellung dieses Konzeptes wurden alle Pflichtschulen – dazu zählen alle Volksschulen, Mittelschulen (vormals Hauptschulen), das Sonderpädagogische Zentrum und die Polytechnische Schule – auf ihren baulichen Zustand hin untersucht. Im Rahmen dieser Untersuchung wurde auch evaluiert, welche dieser Schulen durch Veränderungen im Schulsystem und neue pädagogische Anforderungen neue Raumprogamme und Funktionen benötigen, etwa die Integrierung von Mittagsbetreuung und/oder Tagesbetreuung. Auch Prognosen im Hinblick auf steigende und sinkende Schüler(innen)zahlen wurden berücksichtigt.
Das Sozialpädagogische Zentrum und der Kindergarten Markt von Marte.Marte Architekten, der Kindergarten Hatlerstraße von Architekten Nägele Waibel, die Volksschule Edlach von Dietrich | Untertrifaller Architekten, die Ausweichsschule Fischbach, die Erweiterung der Volkssschule Schoren sowie der Musik-Mittelschule Bergmannstraße und auch dieses Projekt – die Gesamtsanierung der Volksschule Wallenmahd – sind bereits Realisierungen dieses Konzeptes. Die architektonische Qualität all dieser Maßnahmen ist bemerkenswert, weil durchgängig. Eine gute Vorbereitung durch Behörden, eine reflektierte Wettbewerbspaxis und ein Einbinden von Fachpositionen sind Voraussetzung dafür. Bei der Sanierung und Adaptierung der Dornbirner Schulen geht es zunächst um eine Erweiterung des Raumangebots. Kinder lernen heute anders als vor 50 Jahren, Lehrer(innen) wählen ihre Methoden frei, Familien haben heute andere Bedürfnisse als noch zu der Zeit, als viele der Bestandsbauten entstanden. Neben neuen Raumprogrammen, die auch verschiedenen Konzepten des Lernens und Lehrens folgen, sieht das Schulraumkonzept auch eine Verbesserung der baulichen Substanz vor. Ziel ist, dass Gebäude lange genutzt werden können. So wurden viele der genannten Altbauten auf Niedrig-energiestandard gebracht. Ein weiteres Ziel ist die Öffnung der Schulen für das öffentliche Leben: Bibliotheken und Sportstätten sind auch nach Schulschluss zugänglich.
Die Volksschule Wallenmahd ist ein gutes Beispiel für den Erhalt wertiger Substanz. Damit ist zum einen die Schule als Lernort und als wichtger Bestandteil des Siedlungsgebietes Wallenmahd gemeint, aber auch ihre bauliche Substanz. 2010–2011 wurde die Schule generalsaniert und adaptiert. Der vorausgehende Wettbewerb wurde vom Bregenzer Architekturbüro Dietrich Untertrifaller gewonnen, der Neubau des angrenzenden Kindergartens von Johannes Kaufmann Architektur. Im Rahmen der Sanierung und Neustrukturierung wurden das Schulgebäude und die nebenstehende Turnhalle weitgehend auf das Konzept des ursprünglichen Baus von 1968 zurückgeführt. Ein rückseitiger Zubau, das Schulwarthaus sowie der der Turnhalle angeschlossene Geräteraum wurden abgebrochen. Dazu kam ein neuer Baukörper vor der Schule, der als Eingangssituation mit barrierefreiem Zugang fungiert und Räume für Tagesbetreuung und Bibliothek enthält. Der Zubau wurde als Sichtbetonkonstruktion ausgeführt und innen gedämmt. Die Gebäudehülle der bestehenden Schule wurde so renoviert, dass die Charakteristik des Gebäudes ablesbar blieb.
Wer heute behauptet, dass offene Lernformen nicht in Schulbauten mit linear aufgefädelten Klassenzimmern realisierbar sind, kann sich einer Diskussion anschließen, die es in Österreich auch in den 1960er-Jahren schon und seither immer wieder gab. Dabei geht es nicht um Architektur, sondern um das Leben. Um Entscheidungen. Schulneubauten werden heute in Absprache mit Schulleitung und Lehrpersonal nach deren pädagogischen Vorstellungen geplant. Nicht selten sind „Cluster“ und „Lernlandschaften“ das Resultat. Dahinter steht die Idee des individuellen Lernens: Nicht alle Kinder müssen nach denselben Methoden und in ähnlichem Tempo lernen. Auch die Schule im Wallenmahd hat hier etwas zu bieten. Ausreichend Platz auf den Gängen, kluge Erschließungen und viel Freiraum um das Schulgebäude machen den Bestandsbau bereit für neue Lernformen. Der Rest kommt von den Nutzer(inne)n.
Daten und Fakten
Objekt: Volksschule Wallenmahd, Dornbirn
Bauherr: Stadt Dornbirn
Architektur: Dietrich | Untertrifaller, Bregenz – www.dietrich.untertrifalller.com
Statik: gbd ZT GmbH, Dornbirn, www.gbd.at
Fachplaner: Haustechnik: Reinhard Moser, Satteins; Elektro: elplan, Schoppernau; Bauphysik: Bernhard Weithas, Hard; Landschaft: LandRise, Egg; Farbberatung: Monika Heiss, Dornbirn
Wettbewerb: 2009
Ausführung: 2010–2011
Grundstücksgröße: 3250 m²
Nutzfläche: 2000 m²
Sanierungskonzept: Weitgehende Rückführung auf das Konzept von 1968. Ein neuer eingeschoßiger Baukörper als Sichtbetonkonstruktion nimmt die Eingangssituation samt barrierefreiem Zugang sowie Tagesbetreuung und Bibliothek auf. Kontrollierte Be- und Entlüftung verläuft unter neuen Akustikdecken. Flugdach bietet geschützten Aufenthaltsbereich. Energieoptimierung durch innenliegende Dämmung und Drei-Scheiben-Isolierglas. Heizung: Nahwärmeversorgung
Ausführung: Baumeister: Rümmele Bau, Dornbirn; Heizung Sanitär: Engel, Dornbirn; Lüftung: Ender, Dornbirn; Elektro: Schelling, Dornbirn; Fenster: Müller, Frastanz, Manahl, Bings und Raico, Pfaffenhausen (D); Metallbau: Alu König, Wien, Kalb und Klocker, Dornbirn; Innentüren: Raffl, Krumbach; Tischler: Plattner, Hohenems, Hase+Kramer, Dornbirn, Flatz, Hörbranz; Trockenbau: Bohn, Erfurt (D); Stein: Rheintal Stein, Schwarzach; Hozböden: Fechtig, Andelsbuch; Maler: Schwendinger, Dornbirn
Energiekennwert: 13,7 kWh/m² im Jahr (HWB)
Baukosten (1–6): 4,5 Millionen Euro
Leben & Wohnen – Immobilienbeilage der VN
Für den Inhalt verantwortlich:
vai Vorarlberger Architektur Institut
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