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„Neue Qualität des Föderalismus“

Wallners Forderung löste Debatte im Landtag aus.
Wallners Forderung löste Debatte im Landtag aus. ©VN/Hartinger
Schwarzach - Steuerhoheit für die Länder? Bundespolitiker gesprächsbereit. Experten für Rahmen.

In der Landespolitik war die Frage nach einer eigenen Steuerhoheit für die Länder lange ein Tabuthema, nicht für die Freiheitlichen, aber für die ÖVP – Alt-Landeshauptmann Herbert Sausgruber hatte sich stets beharrlich gegen ein solches Modell ausgesprochen. In diesem Sinne markiert der Ruf von Nachfolger Markus Wallner (44) nach Einführung einer echten Steuerhoheit mit Massensteuern nun durchaus eine Trendumkehr. Und Bundespolitiker zeigen sich gesprächsbereit, zumindest prinzipiell. Einen Tag, nachdem Bundespräsident Heinz Fischer erklärt hatte, man müsse „bei einem neuen Vorschlag ernsthaft diskutieren“, legt Vizekanzler Michael Spindelegger (52) im VN-Interview nach: „Ja, ich kann mir das vorstellen. Das wäre eine neue Qualität des Föderalismus.“

Befürworter wurden Skeptiker

Peter Bußjäger (49), der Direktor des Föderalismus-Instituts in Innsbruck, sieht denn auch eine „interessante Neubelebung der Diskussion“. In den vergangenen 20 Jahren sei die Debatte weitgehend zum Erliegen gekommen. „Davor aber waren Vorarlberg und andere finanzstarke Bundesländer noch relativ stark für eine Steuerhoheit eingetreten“, berichtet Bußjäger. Doch im Laufe der Jahre sei diese Forderung quasi zum Erliegen gekommen. Warum? „Weil der Bund das Thema Steuerhoheit missbraucht hat.“ So habe der Bund den Ländern im „Austausch“ für neue Aufgaben nur Steuern mit geringem Ertrag geben wollen: „Länder, die dem Gedanken der Steuerhoheit zuerst offen gegenüber standen, wurden so immer mehr zu Skeptikern.“ Zudem gab es nie eine Bundesländer-Allianz: Finanzschwächere Länder wie etwa das Burgenland oder die Steiermark hatten die Forderung nach einer Steuerhoheit nie erhoben. Bußjäger würde heute eine Steuerhoheit der Länder bei Massensteuern – der Einkommen- und der Körperschaftsteuer – begrüßen. Auf keinen Fall dürfe es in Österreich allerdings eine schrankenlose Steuerautonomie geben: „Alle Experten sagen, dass das in einem geordneten Rahmen ablaufen müsste – eine Steueranarchie darf in Österreich nicht stattfinden.“ Laut dem Juristen müsste zwingend ein gewisser Ausgleich zwischen den Ländern verankert werden, um Strukturschwächen auszugleichen: „Denn ein schrankenloser Wettbewerb würde zur Stärkung der Starken und zur Schwächung der Schwachen führen.“

„Der föderalistische Gedanke“

Jürgen Weiss (64), Alt-Bundesrats-Präsident und Föderalismus-Minister in den Jahren 1991 bis 1994, legt nach. Weiss wäre angesichts des Schweizer Vorbilds „sehr für eine Steuerautonomie der Länder“, habe ein Wettbewerb doch auch Einfluss auf die Sparbemühungen.

Ein innerösterreichischer Finanzausglich müsse aber eingerichtet werden, ebenso ein „Schutzmechanismus“, der die Länder und Gemeinden davor schützt, vom Bund neue Aufgaben ohne finanzielle Dotierung überwälzt zu bekommen. Glaubt Weiss an die Realisierung der Steuerhoheit? „Es ist fraglich, inwieweit man in Österreich zu unterschiedlichen Steuersätzen in den Ländern bereit ist – in einer Zeit, in der immer mehr auf Vereinheitlichung hingearbeitet wird.“ Und dennoch – für Weiss wäre „eine echte Steuerhoheit für die Länder die Verkörperung des föderalistischen Gedankens“.

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