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Neue Hoffnung für Syrien - Feuerpause ab Montag

Kerry und Lawrow verhandeten in Genf
Kerry und Lawrow verhandeten in Genf
Nach fünf Jahren Bürgerkrieg mit Hunderttausenden Toten und Millionen Flüchtlingen keimt in Syrien Hoffnung auf Frieden. Die Außenminister der USA und Russlands, John Kerry und Sergej Lawrow, einigten sich am Samstag in Genf mit Beginn des islamischen Opferfestes am Montag auf eine landesweite Feuerpause. Bei einem Luftangriff auf die Stadt Idlib kamen am Samstag mindestens 25 Menschen ums Leben.


Unter den Opfern seien auch Frauen und Kinder, sagten zwei Mitarbeiter von Hilfsorganisationen der Nachrichtenagentur Reuters. Noch immer würden Leichen aus den Trümmern eingestürzter Häuser in der von Rebellen gehaltenen Stadt gezogen. Wer für die Attacke verantwortlich war, ist noch unklar. Die syrische Armee hat in den vergangenen Wochen verstärkt Rebellen-Stellungen in der Region angegriffen.

Der Angriff überschattet die jüngste Einigung der USA und Russlands. Diese sieht auch vor, dass die in den belagerten Städten eingeschlossenen Menschen Zugang zu Hilfslieferungen der Vereinten Nationen bekommen. Hält der Waffenstillstand, wollen die USA und Russland ihre militärischen Kräfte gegen die Miliz “Islamischer Staat” bündeln und die Friedensgespräche mit den anderen Konfliktparteien wiederbeleben. Noch herrscht vor Ort allerdings Misstrauen. In Aleppo flammten heftige Kämpfe auf.

Kerry rief alle kämpfenden Gruppen auf, die Vereinbarung zu respektieren, “um diesen katastrophalen Konflikt durch einen politischen Prozess so schnell wie möglich zu beenden”. Die syrische Opposition habe signalisiert, sich an den amerikanisch-russischen Plan zu halten, wenn die syrische Regierung zeige, dass sie ernsthafte Absichten habe. Lawrow räumte ein, dass das Misstrauen zwar weiter bestehe. Gleichwohl sei es gelungen, die Bedingungen für eine Rückkehr zum politischen Friedensprozess zu schaffen. Auch die Regierung in Damaskus habe ihre Bereitschaft zugesichert, sich an die Waffenruhe zu halten.

Die USA unterstützen in Syrien gemäßigtere Rebellengruppen mit Luftschlägen. Russland ist dagegen mit Präsident Bashar al-Assad verbündet. Die militärische Lage vor Ort ist diffus und geprägt von wechselnden Allianzen. Die Gespräche in Genf zogen sich zwei Wochen hin. Ein Waffenstillstand war schon einmal im Februar vereinbart worden, danach aber durchlöchert worden.

Kerry sagte, die Basis für die neue Vereinbarung sei die Zusicherung der syrischen Regierung, in festgelegten Gebieten keine Kampfeinsätze zu fliegen, unter dem Vorwand, die radikale “Al-Nusra Front” zu bekämpfen. “Dies soll den Fassbomben und den unterschiedslosen Bombardements ein Ende setzen”, sagte Kerry: “Dadurch könnte die Natur des Konfliktes verändert werden.” Die “Al-Nusra Front” ist der syrische Ableger des Islamisten-Netzwerkes Al-Kaida. Sie wird auch von der US-geführten Allianz bekämpft.

Die Vereinbarung zwischen Kerry und Lawrow sieht eine schrittweise Festigung der Feuerpause vor: Zunächst sollen die von Russland unterstützen Regierungstruppen und die von den USA gestützten Rebellen ihre Kämpfe einstellen. Im nächsten Schritt sollen sich gemäßigte Rebellen von radikal-islamischen Milizen wie dem IS und der “Al-Nusra Front” lösen, mit denen sie sich, etwa in Aleppo, vermischt haben. Hält der Waffenstillstand, wollen die USA und Russland binnen einer Woche eine gemeinsame Informationszentrale aufbauen und festlegen, wo sich die verschiedenen Rebellengruppen aufhalten. Kerry sagte, “Terroristen” sollten dann gemeinsam bekämpft werden: “Nicht wahllos, sondern strategisch, präzise und gerechtfertigt.”

Kerry sagte, zu dem Plan gehöre eine ungehinderte und dauerhafter Versorgung der belagerten Bevölkerung in Aleppo und in anderen schwer erreichbaren Gegenden. Der UN-Sonderbeauftragte Staffan de Mistura begrüßte die Vereinbarung. Diese enthalte klare Regeln für ein Ende der Kämpfe und könnte den Kriegsparteien die Rückkehr zu Verhandlungen ebnen. Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier erklärte, die Lage in Syrien sei außerordentlich kompliziert. Wenn es gelinge, den Waffenstillstand landesweit durchzusetzen, sei dies eine echte Chance für den humanitären Zugang zu Hunderttausenden Menschen.

Eine Sprecherin des “Hohen Verhandlungskomitees”, das die gemäßigten Rebellen vertritt, begrüßte die Vereinbarung, mit der das Leiden von Zivilisten möglicherweise beendet werden könne. Ein Kommandant der “Freien Syrischen Armee” zeigte sich dagegen skeptisch, dass sich die syrische Regierung und Russland an die Vereinbarung halten würden. Diese würden die Feuerpause voraussichtlich nutzen, um weitere Kräfte nach Aleppo zu verlagern. Im Süden der Stadt wurde am Samstag heftig gekämpft, um sich vor Beginn der Feuerpause bessere Stellungen zu sichern.

Die türkische Regierung begrüßte die amerikanisch-russische Einigung. Das Außenministerium in Ankara erklärte, gemeinsam mit den Vereinten Nationen bereite man Hilfskonvois nach Aleppo vor. Die Türkei steht mit eigenen Soldaten in Nord-Syrien, um den IS zu bekämpfen, aber auch, um die dortigen Kurden in Schach zu halten. Der britische Außenminister Boris Johnson forderte Russland auf, jeden Einfluss auf Assad zu nutzen, damit er die Feuerpause auch tatsächlich einhalte.

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