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Nach Tempelberg-Attentat: Israelische Polizei erschoss Palästinenser

An den Unruhen sind vor allem palästinensische Jugendliche beteiligt
An den Unruhen sind vor allem palästinensische Jugendliche beteiligt ©AP
In Jerusalem sind die Spannungen um den Tempelberg eskaliert. Nach dem Attentat auf einen jüdischen Ultranationalisten erschoss die israelische Polizei Donnerstagfrüh einen verdächtigen Palästinenser.
Eskalation nach Tempelberg-Attentat

Das Juden und Muslimen heilige Felsplateau wurde vollständig abgeriegelt, weitere Polizeikräfte wurden mobilisiert. Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas sprach von einer “Kriegserklärung”.

Opfer in Lebensgefahr

Das Attentatsopfer Jehuda Glick schwebte am Donnerstag weiter in Lebensgefahr. Der religiöse Ultranationalist wurde am Mittwochabend vor dem Begin-Center niedergeschossen. Er hatte zuvor an einer Konferenz über die jüdischen Ansprüche auf das Plateau teilgenommen, auf dem sich die Al-Aksa-Moschee und der Felsendom, ein islamischer Schrein, befinden.

Flucht mit Motorrad

Eine Spezialeinheit der Polizei umstellte in der Früh in der Nähe des Anschlagsortes ein Wohnhaus im Ost-Jerusalemer Stadtteil Abu Tor. Dort war laut Polizei das Motorrad entdeckt worden, mit dem der Attentäter wenige Stunden zuvor geflüchtet war. “Als die Polizisten ihn festnehmen wollten, schoss der Verdächtige auf sie und wurde im Gegenfeuer getötet”, sagte eine Polizeisprecherin.

Mitglied einer Organisation

Nachbarn des erschossenen Palästinensers berichteten, es handle sich um den 32-jährigen Muatas Hijazi. Die radikale Palästinenserorganisation “Islamischer Jihad” teilte mit, er sei Mitglied ihrer Organisation: “Der Islamische Jihad betrauert ihren Märtyrer Muatas Hijazi, der bei einem Gefecht mit Besatzungskräften getötet wurde”, hieß es in einem Schreiben der Gruppierung in Gaza-Stadt.

Sicherheitskräfte im Einsatz

In der gesamten Jerusalemer Innenstadt wurden Sicherheitskräfte mobilisiert, um Unruhen zu unterbinden. Rechtsradikale jüdische Gruppen mobilisierten am Vormittag ihre Mitglieder zu Protestmärschen in Richtung Klagemauer, die den Tempelberg westlich abschließt, und zur Al-Aksa-Moschee. Daraufhin wurde das Felsplateau komplett von der Polizei abgeriegelt.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu sagte, er habe Maßnahmen angeordnet, um die Sicherheit in Jerusalem und den Status Quo der heiligen Stätten aufrecht zu erhalten. Zunächst sei es nötig “die Flammen zu löschen”, sagte Netanyahu. “Keine Seite sollte das Recht selbst in die Hand nehmen.”

Palästina beschuldigt israelische Regierung

Der palästinensische Präsident Abbas machte die israelische Regierung für die Gewalteskalation der vergangenen Monate in Ost-Jerusalem verantwortlich. Die komplette Schließung des Al-Aksa-Geländes auch für muslimische Gläubige ist nach Angaben muslimischer Geistlicher noch nie vorgekommen. “Die Fortsetzung dieser Angriffe und der gefährlichen israelischen Eskalation bedeuten eine Kriegserklärung an das palästinensische Volk, an seine heiligen Stätten sowie an die arabische und muslimische Nation”, ließ Abbas über seinen Sprecher Nabil Abu Rudeina erklären. Die muslimischen Stätten auf dem Plateau werden von einer dem jordanischen Königshaus unterstellten muslimischen Stiftung verwaltet.

Tempel als Zentralheiligtum

Bis zur Zerstörung durch die römische Armee im Jahr 70 war dort der Zweite Jüdische Tempel, das Zentralheiligtum des Judentums, gestanden. Erneute Bestrebungen ultranationalistischer Juden, am Tempelberg Gebetsrituale zu verrichten und Vorbereitungen für den Bau eines neuen jüdischen Tempels zu treffen hatten in den vergangenen Wochen zu Krawallen geführt. Das israelische Oberrabbinat untersagt es Juden eigentlich “wegen der Heiligkeit des Ortes”, den Tempelberg zu betreten.

Aufkommende Spannungen

Israel hatte am Montag den Bau neuer Wohnungen in Ostjerusalem angekündigt, was die Stimmung zusätzlich angeheizt hatte. Die Vereinten Nationen warnten nun vor neuen Spannungen im Nahen Osten. “Beide Seiten können sich einseitige Aktionen, die nur wieder die Spannungen verschärfen, nicht leisten”, sagte UNO-Außenpolitikchef Jeffrey Feltman am Mittwoch (Ortszeit) auf einer Dringlichkeitssitzung des UNO-Sicherheitsrates in New York. Die Siedlungen verstießen gegen das Völkerrecht. Feltman verurteilte aber auch die Gewalt der Palästinenser.

Anerkennung als Staat

Schweden erkannte unterdessen Palästina offiziell als Staat an. Außenministerin Margot Wallström sagte am Donnerstag in Stockholm, sie hoffe, dass der Beschluss der Regierung den Weg für andere ebne, sich Schweden anzuschließen. “Mit dieser Entscheidung unterstützen wir den Friedensprozess”, sagte Wallström.

(APA)

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