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"Mutlos": Ländle-FPÖ, Grüne mit scharfer Kritik an Bildungsreform

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VOL.AT/Philipp Steurer ©Teils harsche Kritik von der Opposition.
Teils scharfe Kritik äußerte die Ländle-Opposition an der am Dienstag präsentierten Bildungsreform. Laut FPÖ und Grünen ist diese "mutlos". Die SPÖ bewertet das Paket grundsätzlich positiv, auch die Wirtschaftskammer sieht Verbesserungen. Die Ländle-Reaktionen im Überblick:
Mennel hätte mehr Mut erwartet

„Die ohnehin geringe Erwartungshaltung an eine Bildungsreform wurde nochmals unterschritten“, fasst der Bildungssprecher der Vorarlberger Grünen Daniel Zadra die Präsentation der Ergebnisse der sogenannten Bildungsreformkommission zusammen. Auf völliges Unverständnis stößt bei Zadra die Verweigerung einer bundeslandweiten Einführung der Gemeinsamen Schule. Diese sei mit 15 Prozent aller Schülern pro Bundesland gedeckelt. Dass die SPÖ hier zugestimmt habe, sei besonders verwunderlich.

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Zadra setzt daher auf das Bekenntnis der Vorarlberger Landesregierung und des Landtags. „Für die präsentierte Bildungsreform wird es keine Zwei-Drittel-Mehrheit geben. Wir bleiben bei unserem Fahrplan und gehen weiterhin den Weg in Richtung einer flächendeckenden Einführung der gemeinsamen Schule der 10- bis 14-Jährigen“, stellt Zadra klar.
Einzig im Bereich der Schulautonomie und im Kindergarten seien kleine Verbesserungen vorgesehen. „Das waren alles unbedingt notwendige Schritte und hat nichts mit einer zukunftsfähigen Gesamtlösung zu tun“, so Zadra.

Zadra verweist auf den Weg Vorarlbergs, der zeige, dass es auch anders gehe. „Wir arbeiten unter der Beteiligung Vieler eifrig an einem Schulsystem der Zukunft. Ziel ist ein System, welches die Talente aller Kinder fördert und nach innen differenziert, ohne im Alter von 10 Jahren zu selektieren. Dabei stehen Leistung und Gerechtigkeit im Zentrum aller Anstrengungen“, betont Zadra. Die Präsentation der nächsten Ergebnisse sei für Ende des Jahres terminisiert.

Was herauskomme wenn der Mut zur Zukunft fehle, zeige die Bundesregierung nun erneut: „Keine Reform, nicht einmal ein Reförmchen, sondern eine Notlösung ohne die Zukunftsfragen im Bildungssystem Österreichs zu beantworten. Die Bundesregierung schafft es immer wieder erneut negativ zu überraschen“, schließt Zadra.

FP-Egger: Bundesregierung “Mutlos, halbherzig”

„Einmal mehr beweist die Bundesregierung, dass sie nicht in der Lage ist, längst überfällige und notwendige Reformen zukunftsorientiert anzupacken“, so die erste Reaktion des FPÖ-Landesobmannes, KO Dieter Egger, auf die heute präsentierten Eckpunkte der ‚Bildungsreform‘.

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„Es wird lediglich der rot/schwarze Weg der kleinen Schritte fortgeführt, anstatt endlich einmal den Weg einer mutigen Reform zu beschreiten. Besonders enttäuschend und ärgerlich ist die Tatsache, dass die Bundesregierung nicht einmal einen flächendeckenden Modellversuch für neue Bildungswege in den Ländern frei macht. Wenn schon auf Bundesebene augenscheinlich der Mut für Reformen fehlt, so sollte man zumindest den Ländern die Möglichkeit eröffnen, eigenständig neue Wege in der Bildung einschlagen zu können“, so Egger.

Grundsätzlich begrüßt wird vom FPÖ-Landeschef die Ankündigung einer stärkeren Schulautonomie mit mehr Kompetenzen für die Direktionen und flexibleren Öffnungszeiten. Allerdings müsse man hier die Details erst genauer betrachten, um beurteilen zu können, ob diese Schritte letztendlich wirklich mehr Autonomie bedeuten oder nur einen weiteren Etikettenschwindel darstellen.

Längst überfällig ist für die Freiheitlichen eine Entrümpelung und Verschlankung der aufgeblähten Verwaltungsstrukturen im österreichischen Bildungswesen. „Auch hier wurden Schritte angekündigt, wie diese jedoch im Detail aussehen und ob diese schlussendlich wirklich zu Verwaltungs- und Bürokratieabbau sowie zu Kosteneinsparungen führen, bleibt abzuwarten. Auch hier ist zu befürchten, dass lediglich schöne Überschriften produziert werden, die unterm Strich keine substanziellen Einsparungseffekte bringen“, zeigt sich der FPÖ-Landesobmann skeptisch.

SPÖ bewertet Bildungsreform prinzipiell positiv

Die SPÖ Vorarlberg bewertet das Paket der Bildungsreform grundsätzlich positiv. Besonders freut sich SPÖ-Chef Michael Ritsch über die Einführung des verpflichtenden zweiten Kindergartenjahres. Damit setze man ein grundlegendes sozialdemokratisches Anliegen zu mehr Chancengleichheit um. Positiv bewertet er auch die Einführung des Bildungskompasses ab 3,5 Jahren. Dazu der SPÖ-Vorsitzende: „Bildung wird damit richtigerweise als biographischer Prozess definiert. Der Kompass wird dazu beitragen, Kinder bei ihrer langfristigen Entwicklung zu unterstützen.“ Auch die Ausweitung der Schulautonomie sowie mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten der Direktoren beim Personal finden bei der SPÖ Vorarlberg Zustimmung.

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Auch SPÖ-Bildungssprecherin Gabi Sprickler-Falschlunger kommentiert die Reform insgesamt zustimmend. Ein bedeutendes Defizit gäbe es aber, erklärt die Sozialdemokratin: „Aufgrund der Kleinheit Vorarlbergs ergibt es bei uns nur Sinn, die gemeinsame Schule der 10- bis 14-Järhigen landesweit einzuführen. Das ist mit den Bedingungen der Reform für eine Modell-Region gescheitert. Anscheinend hat sich hier die ÖVP durchgesetzt. Landeshauptmann Markus Wallner und Bildungslandesrätin Bernadette Mennel sind jetzt gefordert zu erklären, wie es mit dem Projekt der gemeinsamen Schule, das in Vorarlberg schon gestartet ist, weitergehen soll. Ich verlange hier klare Aussagen, um Sicherheit für Lehrer und Lehrerinnen, Kinder und deren Eltern zu garantieren.“

WKO: Bildungsreform mit ersten guten Ansätzen

Positiv bewertet die Wirtschaftskammer Vorarlberg die Auseinandersetzung mit dem Bereich der Frühpädagogik, „weil dort die so entscheidenden Grundlagen geschaffen werden“, betont Manfred Rein, Präsident der Wirtschaftskammer Vorarlberg. Es müsse die Schulreife nach dem Kindergarten unbedingt sichergestellt werden. „Auch in der „erneuerten“ Bakip-Ausbildung sehen wir richtige Ansätze, denn es braucht die Qualität bereits in den Kindergärten, und diese setzt wiederum eine gute Ausbildung voraus.“

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Begrüßt werden von der Wirtschaftskammer auch die Modellregionen zur Erprobung der gemeinsamen Schule der 6- bis 14-Jährigen. Dies schafft die Möglichkeit, in einer überschaubaren Region neue, innovative pädagogische Konzepte ausprobieren und deren Wirksamkeit evaluieren zu können Durch die Entwicklung von gemeinsamen Schulen bringe man mehr Wettbewerb in die Bildungslandschaft. Rein: „Und mehr Wettbewerb bedeutet mehr Qualität.“

„Zudem entspricht das Mehr an Freiheit für die Schulen – d.h. pädagogische, finanzielle und personelle Spielräume kommen dorthin, wo sie hingehören: an die Schulen und in die Klassen – unserer langjährigen Forderung nach mehr Schulautonomie.“ Auch das fördere den so wichtigen Wettbewerb zur Qualitätssteigerung.

Doch mehr Autonomie, betont der WK-Präsident, bedeute nicht nur mehr Freiheit, sondern auch mehr Verantwortung für den Bildungserfolg der Kinder und Jugendlichen.

Volle Unterstützung der Wirtschaftskammer findet die personelle Entscheidungsfreiheit der Direktoren. „Diese sollte aber nicht nur bei Einstellungen, sondern auch bei den Beendigungen von Dienstverhältnissen zum Tragen kommen“, fordert Rein.
Skeptisch wird der Bereich Schulverwaltung gesehen, der einige Fragen offen lässt. In Bezug auf die sogenannten Bildungsdirektoren ist von einer Art „Bund-Länder-Behörde“ die Rede. „Offensichtlich konnte man sich nicht darauf einigen, wer zuständig sein soll und wer es besser kann. Für uns braucht es aber klare Kompetenzen und eine deutliche Verwaltungsabspeckung.“

„Letztendlich ging es bei dieser Bildungsreform auch wieder nur um Strukturveränderungen und zu wenig darum, was eigentlich in den Schulen passiert, nämlich um pädagogische Konzepte“, erklärt Manfred Rein abschließend.

Vorarlberger Landesrätin hätte mehr Mut erwartet

Die Vorarlberger Bildungslandesrätin Bernadette Mennel (ÖVP) hätte sich mehr Mut von den Verhandlern der Bildungsreform gerade in Bezug auf die Frage der Modellregionen gewünscht. “Wir hätten uns da Weitreichenderes gewünscht”, sagte Mennel in einer ersten Reaktion gegenüber der APA. Die restlichen Reformbereiche nannte Mennel einen “akzeptablen Kompromiss”.

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Insgesamt habe man sich in punkto Modellregion mehr erwartet, zumal Vorarlberg sich bei der Gemeinsamen Schule der Zehn- bis 14-Jährigen bereits wie kein anderes Bundesland auf den Weg gemacht habe. Aufgrund der Empfehlungen des Forschungsprojektes zu diesem Thema arbeite man bereits an einer Projektstruktur, ein Stufen- und Zeitplan soll bis Ende des Jahres vorliegen.

Gemäß der Unterlagen zur Bildungsreform ist für eine Modellregion kein Geld vom Bund vorgesehen. Welche Auswirkungen das auf das Vorarlberger Vorhaben haben könnte, wollte Mennel noch nicht kommentieren. Dazu müsse man die einzelnen Punkte erst detailliert prüfen. Nur soviel: “Wir lassen uns nicht entmutigen”, betonte die Bildungslandesrätin. “Steter Tropfen höhlt den Stein.”

Als “akzeptablen Kompromiss” bezeichnete Mennel die Einführung einer Bildungsdirektion als gemeinsame Bund-Länderbehörde. Dies werde gewisse Einsparungen bringen, in Vorarlberg würden viele Bereiche aber bereits ähnlich wie in der Bildungsreform vorgesehen gehandhabt. Deutlich positiv hob die zuständige Landesrätin die Stärkung der Frühpädagogik, die Qualitätsoffensive bei der Ausbildung von Kindergartenpersonal und die Harmonisierung des Übergangs vom Kindergarten in die Volksschule hervor. Jede qualitative Verbesserung, die unmittelbar den Kindern zu gute kommt, sei sinnvoll, so Mennel.

(APA/VOL.AT)

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