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"Mussten unsere Eltern zurücklassen!"

Die österreichische Küche ist noch etwas gewöhnungsbedürftig, aber beim gemeinsamen Kochen in der WG haben die jugendlichen Flüchtlinge großen Spaß.
Die österreichische Küche ist noch etwas gewöhnungsbedürftig, aber beim gemeinsamen Kochen in der WG haben die jugendlichen Flüchtlinge großen Spaß. ©Stiplovsek
Vandans - Das Haus Noah der Caritas beherbergt in Vandans zwölf „unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“. W&W war bei ihnen zu Gast.

„Vor etwa elf Monaten bin ich alleine vom Irak in die Türkei geflüchtet. In Istanbul habe ich dann einen Schlepper gefunden, der mich nach Österreich gebracht hat“, erzählt der 18-jährige Karvan. „Die Fahrt hat zwei oder drei Tage gedauert. Weil wir uns immer verstecken und ganz leise sein mussten, weiß ich das gar nicht so genau“, erklärt er. Nach wenigen Tagen im Flüchtlingslager Traiskirchen hat der junge Iraker im Haus Noah in Vandans ein neues Zuhause gefunden.

„Kein Kontakt zur Familie“

Auch der 16-jährige Hanif aus Afghanistan ist vor dem Krieg in seiner Heimat nach Österreich geflüchtet. Nach fünf Monaten in Vorarlberg tut er sich noch immer schwer mit der deutschen Sprache: „Nach einem Jahr kann ich aber sicher gut Deutsch“, ist er überzeugt. Hanif hat derzeit aber eine größere Sorge: „Ich habe mein Handy im Railjet verloren. Da waren alle Kontaktdaten, die ich hatte gespeichert, darum habe ich schon länger keinen Kontakt mehr zu meiner Familie, die ich zurücklassen musste.“ Er hofft, dass sich bald eine Möglichkeit findet, wieder einmal mit seinen Eltern zu sprechen, die noch immer in Afghanistan leben.

Aus Syrien nach Vorarlberg

Zu den insgesamt sieben jungen Flüchtlingen aus Afghanistan im Haus Noah gehört auch der 15-jährige Akram. Nach drei Monaten macht der einstige Analphabet schon große Fortschritte mit der deutschen Sprache. „Zuhause konnte ich wegen des Krieges nicht zur Schule gehen. Ich möchte unbedingt meinen Abschluss machen und dann eine Lehre anfangen“, sagt Akram. Sein WG-Mitbewohner Zana ist aus Syrien nach Vorarlberg gekommen. Der 16-Jährige besucht neben seinen Deutschkursen das Poly Montafon in Gantschier.

„Schule ist mir wichtig“

„Die Schule ist mir sehr wichtig. Ich möchte unbedingt besser Deutsch lernen, damit ich eine Lehre im elektronischen Bereich machen kann“, spricht Zana über seine Zukunftspläne. Dabei helfen sich die Jugendlichen in der WG gegenseitig. Zana träumt davon, seine Familie nach Vorarlberg zu holen. „Zuhause ist Krieg. Ich würde mich sehr freuen, wenn es eine Möglichkeit gibt, dass sie nachkommen“, sagt er. „Ich bin am 9. Jänner 2014 in Vorarlberg angekommen und mein erster Gedanke war: Hier ist es kalt!“, erinnert sich Karvan. Mittlerweile hat er sich gut akklimatisiert: „Wir lernen zusammen das Skifahren, müssen aber noch viel üben. Kleine Kinder fahren hier schon super Ski. Wenn wir zusammen üben, ist der Vergleich mit ihnen immer lustig“, scherzt Karvan.

Statement

Ralf Engelmann, Stellenleiter Haus Noah: „Das Haus Noah der Caritas Vorarlberg besteht seit April 2012 in Vandans und beherbergt zwölf sogenannte ,unbegleitete minderjährige Flüchtlinge‘, also Jugendliche, die ohne Eltern und Angehörige aus ihrem Heimatland flüchten mussten. Wir betreuen diese Jugendlichen mit einem Team bestehend aus sieben MitarbeiterInnen, die rund um die Uhr das ganze Jahr vor Ort sind. Derzeit haben wir Jugendliche aus Afghanistan, Pakistan, Syrien, dem Irak und der Mongolei. Sie alle sind zwischen 14 unud 18 Jahre alt, alles junge Männer (Flucht ist nach wie vor ‚männlich‘).“

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