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Modellregion "Gemeinsame Schule": Scharfe Kritik an Wallner

Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) in der Kritik
Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) in der Kritik ©VOL.AT
Bregenz - Die Modellregion "Gemeinsame Schule" für Vorarlberg ist ins Stocken geraten. Der neue ÖVP-Obmann Sebastian Kurz  ist kein Befürworter der Modellregion. Die Ländle-SPÖ ortet einen Machtverlust bei LH Wallner.

In der gestrigen ZiB 2 hat ÖVP-Obmann Sebastian Kurz angedeutet, dass es von ihm keine Zustimmung zur Modellregion „Gemeinsame Schule“ geben wird.  SPÖ-Landesvorsitzende Gabi Sprickler-Falschlunger ortet bei der Bundes-ÖVP ein taktischen Politspiel, dem die Modellregion zum Opfer fällt.

Besonders das Verhalten des Landeshauptmannes kritisiert sie in diesem Zusammenhang: “Bislang hat er immer stolz den eigenen ‚Vorarlberger Weg‘ betont. Sein neuer Chef Sebastian Kurz hat ihm aber mit der gestrigen Absage an die Modellregion klargemacht, welche Rolle er in Zukunft spielen wird: Nämlich keine mehr. Sebastian Kurz scheint ihn ordentlich zurechtgestutzt zu haben.”

Der von allen Landtagsparteien getragene Antrag zur „Modellregion Gemeinsame Schule der 10 bis 14jährigen“ wurde im Juli 2015 im Vorarlberger Landtag beschlossen. Fürdie Umsetzung ist allerdings eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Nationalrat notwendig. Ihre Zustimmung für die notwenige Zweidrittelmehrheit zur Bildungsreform auf Bundesebene knüpfen die Grünen nun an die Zustimmung zu dieser Vorarlberger Modellregion. “Dieses Ansinnen unterstützt auch Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ)”, erklärt Gabi Sprickler-Falschlunger.

Für Kurz hingegen sind die FPÖ-Forderungen nach zusätzlichen Deutschklassen vorstellbar, im Gegensatz zum Wunsch der Grünen nach mehr Möglichkeiten für die Gesamtschule.

FPÖ: „Forderungen endlich umsetzen“

FPÖ-Landesparteiobmann Reinhard Bösch fordert in Sachen Bildungspolitik konkrete Maßnahmen der Landesregierung. Bisher habe sich diese dringend nötige Reformschritte verweigert. Stattdessen würden sich Schwarz und Grün auf die ’Modellregion Gemeinsame Schule’ ausreden.

Die Freiheitlichen hätten im Landtag schon mehrere Initiativen gestartet. Die ÖVP habe diese aber immer abgelehnt. Bösch verweist etwa auf Anträge nach Installierung flächendeckender Deutschlernklassen für Schüler mit mangelnden Deutschkenntnissen. “Solange die ÖVP nicht bereit ist, die Hausaufgaben zu machen und unsere Forderungen umzusetzen, sehen wir uns nicht mehr an den Beschluss zur Modellregion gebunden”, droht Bösch.

ÖVP weist Kritik zurück

VP-Klubobmann Roland Frühstück hingegen hat wenig Verständnis für die Zurufe der Opposition in Richtung Wallner. “Wir sollten aufhören, ständig irgendwelche Forderungen in Wien zu deponieren und uns stattdessen vergegenwärtigen, dass eine seriöse Bildungsreform mit einem Marathonlauf zu vergleichen ist”, sagt Frühstück.

„Die Experten des Forschungsprojekts waren einhellig der Meinung, dass viele Hausaufgaben zu machen sind. Erst wenn alle beschriebenen Voraussetzungen erfüllt sind, soll Vorarlberg den Umstieg in ein neues Schulsystem wagen“, entgegnet Frühstück via Aussendung der Kritik.  Die Vorschläge für eine “Modellregion Vorarlberg” wurden von Seiten des Landes beim Bund deponiert: „Die Gespräche wurden bisher von keiner Seite abgebrochen. Insofern haben die Verhandlungspartner noch den ganzen Juni für eine Einigung Zeit“, so Frühstück abschließend.

Kritik an ÖVP auch auf Bundesebene

Scharfe Kritik am Vorgehen der ÖVP bei den Verhandlungen zum Schulautonomiepaket üben auch die Grünen auf Bundesebene. “Der Ausstieg der ÖVP aus der Bildungsreform ist ein massiver Wortbruch”, so der Grüne Klubobmann Albert Steinhauser am Donnerstag vor Journalisten. Damit sei “der größtmögliche innenpolitische Schaden” angerichtet worden.

Am vergangenen Donnerstag habe es eine mündliche Einigung zwischen SPÖ, ÖVP und Grünen zum Schulautonomiepaket gegeben. Diese habe sogar auf einem Vorschlag von Wissenschaftsminister Harald Mahrer (ÖVP) basiert, so der Grüne Bildungssprecher Harald Walser. Die Eckpunkte dieser Einigung seien per Handschlag fixiert worden. Anschließend hätte man die dazupassenden Gesetzestexte übermittelt bekommen sollen – allerdings sei man aufgrund des Absprungs der ÖVP immer wieder vertröstet worden, auf diese warte man nach wie vor.

Die Einigung sehe neben Änderungen im Autonomiepaket wie etwa die Ermöglichung von Mischclustern aus Bundes- und Landesschulen vor allem drei Eckpunkte in Sachen Modellregionen zur gemeinsamen Schule vor. Einerseits sollen künftig Modellregionen im Umfang von bis zu 15 Prozent der Schüler einer Schulart auf Bundesebene möglich sein. Außerdem müsse es eine gemeinsame Schule in Vorarlberg geben können, und die Schulpartner müssten einer Teilnahme mit lediglich einfacher Mehrheit zustimmen.

“VP-interne Heckenschützen”

Walser und Steinhauser vermuten, dass genau wegen dieser letzten Punkte “VP-interne Heckenschützen” ihre Arbeit aufgenommen hätten. Diese vermuten sie in der Wiener und niederösterreichischen ÖVP, namentlich den Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel und den AHS-Lehrergewerkschafter Eckehard Quin. Beide hätten sich schon öffentlich gegen die Modellregionen geäußert. Mahrer und der designierte ÖVP-Chef Sebastian Kurz hätten diese zwar versucht, zur Räson zu bringen, seien aber gescheitert. Anschließend habe man zunächst das Junktim mit der Studienplatzfinanzierung gebracht und dann eine Einigung überhaupt in Abrede gestellt.

“Das ist die Variante, die den größtmöglichen innenpolitischen Schaden angerichtet hat”, meinte Steinhauser. “Bisher war es Usus, dass ein Handschlag gehalten hat.” Er habe das selbst bei zahlreichen Verhandlungen zu Zwei-Drittel-Materien erlebt – “unter anderem mit dem berüchtigten (Ex-GÖD-Chef, Anm.) Fritz Neugebauer”. Auf dessen legendäre Handschlagqualität bei gleichzeitig hartem Verhandlungsstil verwies auch Walser. Stattdessen habe er nun “die größte Enttäuschung in meinem politischen Leben” zu registrieren – “und auch in meinem nicht-politischen”.

Steinhauser attestiert Kurz Führungsschwäche

Schlussfolgerung von Steinhauser: “Mahrer und Kurz hatten nicht die Führungsstärke, um die Kompromisse durchzusetzen.” Es sei aber Teil der Führungsverantwortung, diese in der eigenen Partei zu vertreten. “Wer das nicht kann, hat eine Führungsschwäche. Wer eine Einigung wissentlich in Abrede stellt, hat ein charakterliches Problem.”

Trotzdem müsse das nicht das Ende des Schulautonomiepakets sein, so Walser und Steinhauser. Auf Basis der bisherigen Einigung könne man dieses nach wie vor finalisieren.

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