Jahrelang wollte Berlin um jeden Preis mit den großen Modemetropolen Paris und London, Mailand und New York mithalten. Inzwischen besinnt sich die Bundeshauptstadt mit ihrer Fashion Week auf die eigenen Stärken. Bei der viertägigen Sommerausgabe (7.-10. Juli) des traditionellen Großevents geht es nicht unbedingt um mehr Glanz und Glamour, sondern vor allem um Kreativität und neue Trends.
“Der Modemarkt und besonders die Modemessen sind hart umkämpfte und inzwischen globale Märkte”, sagt der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD). “Um Erfolg zu haben, müssen die Wettbewerber sich immer wieder neu erfinden und offen für Neues sein.” Zentrales Thema sind deshalb – neben Öko-Trends – die Zukunftschancen der Branche durch digitale Medien. Allein fünf Events widmen sich diesen Fragen.
Laufstegschauen zeigen neue Gesichter
Auch die Laufstegschauen am Brandenburger Tor, Herzstück der Modewoche, zeigen ein neues Gesicht. Zwar waren nach der Eröffnung durch das junge Herrenlabel Sopopular hier auch wieder Stammgäste wie Lena Hoschek, Marc Cain, Riani, Guido Maria Kretschmer und Esther Perbandt zu sehen. Doch viele Designer nutzen auch die kleinere “Stage” (Bühne), die erstmals in das angesagte Ausstellungshaus Me Collectors Room des Wella-Erben Thomas Olbricht in Berlin-Mitte umgezogen ist.
Der neue Shootingstar Bobby Kolade setzt nach dem Kultclub Berghain diesmal auf die künstlerisch inspirierten Sophiensäle für seine Präsentation. Und auch Julian Zigerli kehrt nach drei Auftritten in Mailand ins angestammte Berlin zurück – “wegen des frischen Geistes und der unkonventionellen Möglichkeiten”, wie er sagt.
Mehr als 3000 Marken stellen Trends vor
Doch längst nicht mehr jeder braucht die eigene Glamourschau. Der Berliner Mode Salon, im Januar von “Vogue”-Chefredakteurin Christiane Arp mitinitiiert, präsentiert nach 18 Teilnehmern in der ersten Runde diesmal schon 30 heimische Designer in einer Gemeinschaftsausstellung. Mit dabei im herrschaftlichen Kronprinzenpalais Unter den Linden sind auch Berliner Publikumslieblinge wie Augustin Teboul, Hien Le, Lala Berlin, Perret Schaad und Tim Labenda. Termin ist bewusst erst am Freitag, wenn das Großfeuerwerk der Haute Couture in Paris vorüber ist.
Insgesamt stellen in Berlin mehr als 3000 Marken ihre Kollektionen für den kommenden Frühling und Sommer vor – nach Angaben des Wirtschaftssenats so viele wie noch nie. Mehr als 200 000 Besucher werden erwartet. “Mit über 240 Millionen Euro an jährlicher zusätzlicher Wirtschaftsleistung gehört die Berlin Fashion Week zu den wirtschaftsstärksten Veranstaltungen in der Hauptstadt”, sagt Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU).
Neben den Modeschauen gibt es inzwischen dreizehn Einzelmessen mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Vor allem die 2003 gegründete Premium im ehemaligen Postgüterbahnhof am Gleisdreieck (“Station-Berlin”) hat sich inzwischen als erste Adresse für hochwertige Markenmode etabliert. Allein hier sind 1400 Kollektionen zu sehen.
Bread & Butter: Messe für Alltagsmode
Bei der Bread & Butter, der weltweit einst wichtigsten Messe für Alltagsmode, wird dagegen auf Sparflamme gekocht. Der Veranstalter steckt in der Insolvenz. Als neuer Besitzer will der Online-Anbieter Zalando den Handelsplatz im ehemaligen Flughafen Tempelhof künftig zu einem Publikumsfestival ummodeln. Bei der Vorstellung der jetzigen Ausstellerliste spotteten die Experten vom Modeblog Dandy Diary: “Wer mehr als drei Marken kennt, hebe bitte die Hand.”
Trotz aller Bescheidenheit: Auch diesmal ist der Promi-Faktor ein wichtiger Gradmesser für das Modefieber in der Bundeshauptstadt. Offizielles Gesicht der für die Laufstegschauen verantwortlichen Mercedes-Benz Fashion Week ist das niederländische Supermodel Doutzen Kroes (30). Auch ihre Spitzenkollegin Eva Herzigová, der türkische Modestar Tulin Sahin und Schauspielerin Ornella Muti haben sich angesagt, wissen die Blogger. Und für Überraschungen ist Berlin noch allemal gut.
Peta-Aktivistinnen protestieren in Berlin
Lieber nackt als im Pelz: Aktivistinnen der Organisation “People for the Ethical Treatment of Animals” protestierten am Dienstag in Berlin gegen die Modewoche. Sie zogen sich vor dem Brandenburger Tor aus, um zu zeigen, dass sie sich in ihrer eigenen Haut am wohlsten fühlen. (DPA, Red.)
(Bilder: EPA)
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