AA

Milliarden fließen ab: So will die Schweiz den Einkaufstourismus eindämmen

In der Schweiz wird das Thema Einkaufstourismus diskutiert.
In der Schweiz wird das Thema Einkaufstourismus diskutiert. ©APA
Kunden aus der Schweiz kurbeln auch in Vorarlberg die Kaufkraft an und sind für den Handel ein nicht zu unterschätzender Faktor. Einer Schätzung der Credit Suisse zufolge gehen dem Schweizer Handel durch Einkaufstouristen rund 10 Milliarden Franken pro Jahr verloren.

Durch den starken Franken hat in den letzten Jahren vor allem der Handel in den grenznahen Gebieten profitiert: Viele Schweizer fahren nach Österreich, Italien, Frankreich oder Deutschland um ihre Einkäufe zu erledigen. Das ist auch keine große Überraschung, wenn man bedenkt, dass Kosmetikprodukte oder auch Kleidung jenseits der Grenze meist deutlich billiger sind als in Schweizer Läden.

hsg-grafik-einkaufstourismus

Grafik: Hochschule St. Gallen

Am häufigsten kaufen die Schweizer allerdings Lebensmittel. Das unterstreicht auch eine Studie der Hochschule St. Gallen, die herausgefunden hat, dass die Schweizer Lebensmittelbranche – gefolgt von der Einrichtungsbranche – am stärksten betroffen ist. Hauptmotiv für die Käufe im Ausland sind über alle Branchen hinweg immer die günstigeren Preise.

Schnäppchenjäger schaden der Wirtschaft

Damit schädigen die Schnäppchenjägern nicht nur den Schweizer Einzelhandel, sondern würden auch das hohe Lohnniveau im eigenen Land gefährden. So die Meinung vieler Schweizer Patrioten. Zum Vergleich: Mit einem durchschnittlichen Jahres-Einkommen von umgerechnet rund 39.000 Euros stehen einem Schweizer fast doppelt so viel Geldmittel zur Verfügung wie einem Österreicher.

SVP: Einkaufstourismus gefährdet Arbeitsplätze

“Der boomende Einkaufstourismus schädigt unsere Schweizer Wirtschaft, insbesondere den Detailhandel, und gefährdet eine Vielzahl von Arbeitsplätzen”, zitiert die Basler Zeitung SVP-Politiker Werner Hösli, der ein Senkung des aktuellen Freibetrages in Höhe von 300 Schweizer Franken fordert. Bis zum Jahr 2002 lag dieser übrigens noch bei 100 Franken.

Wie die Basler Zeitung weiter berichtet, würden bereits drei Maßnahmen heimlich geprüft werden um den Einkaufstourismus einzudämmen.

I. Freibetrag von 50 Franken statt 300 Schweizer Franken

Bei Einkäufen unter 300 Franken müssen Schweizer keine Mehrwertssteuer bezahlen. Aus diesem Grund soll der Freibetrag auf 50 Franken gesenkt werden. Das hätte allerdings auch Auswirkungen auf den Schweizer Zoll, bei dem man mit einer Verfünffachung des Personalaufwandes rechnet. Weiters fürchtet man aufkommende Blechlawinen am Grenzübergang und müsste wohl auch in die Infrastruktur investieren.

II. Kein Einkauf ohne Mehrwertssteuer

Der Freibetrag soll ganz entfallen, wenn es nach der Schweizer Interessengemeinschaft Detailhandel, ein Zusammenschluss von Migros, Coop, Manor und Denner, geht. Die IG Detailhandel ist der Meinung, dass  jeder die Mehrwertssteuer (8 Prozent bzw. 2,5 Prozent bei Lebensmitteln) bezahlen soll, wer sich nach einem Einkauf die ausländische Mehrwertsteuer zurückerstatten lässt. “Einen Einkauf ganz ohne Mehrwertsteuer soll es nicht mehr geben, denn der benachteiligt die Inlandskonsumenten”, wird IG-Sprecher Patrick Marty auf “20min.ch” zitiert. Den Aufwand für die Erhebung durch den Schweizer Zoll will die IG durch digitale Lösungen wie etwa eine App klein halten.

III. Fair-Preis-Initiative gegen die Hochpreis-Insel Schweiz

Die Stiftung für Konsumentenschutz in der Schweiz hat indes eine Fair-Preis-Initiative lanciert. Laut SKS werden die Eidgenossen – vornehmlich von Schweizer Großkonzernen – abgezockt. Zudem müssten Preis für importierte Produkte gesenkt werden. Die Preisdifferenzen könnte man nicht mit den höheren Kosten für Löhne oder Mieten argumentieren.

zollverwaltung
zollverwaltung
Grafik: EZV

Bisher immer abgelehnt

Bisher wurden ähnliche Vorstöße vom Schweizer Bundesrat immer abgelehnt. Der Hintergrund: Dabei wurde immer mit dem administrativen Mehraufwand für die Zollbehörden argumentiert. Zudem wird befürchtet, dass wieder vermehrt geschmuggelt wird oder die Eidgenossen einfach noch häufiger ins Ausland fahren und zu kleineren Beträgen einkaufen.

“Ehrt heimisches Schaffen”

Der Schweizer Ständerat Thomas Minder appelliert seit Jahren an seine Schweizer Mitbürger: “Bleibt da! Im Ausland einzukaufen, ist unpatriotisch – ehrt heimisches Schaffen!”

Volksbefragung zum Freibetrag?

Die Diskussion und Prüfung der Ideen wird die Schweizer Politik sowie diverse Gremien noch mehrere Wochen und Monate beschäftigen. Und falls die Politik keine Antwort findet oder Entscheidung trifft, könnte auch noch das Volk befragt werden. (VOL.AT)

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Urlaubserlebnis Schweiz
  • Milliarden fließen ab: So will die Schweiz den Einkaufstourismus eindämmen