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Und sie fliegen doch – die Bienen in Meiningen

Futter für die Brut wird geliefert.
Futter für die Brut wird geliefert. ©Gemeinde Meiningen
Dass "in Meiningen keine Biene mehr fliegt", wie unlängst in den Medien gemeldet, hat die hiesigen Imker arg verwundert. Die Auswinterung war sehr zufriedenstellend, sagen der Obmann des Bienenzuchtvereins Koblach-Meiningen Gerd Willi Grabher aus Koblach und der Imker Heinrich Baier aus Meiningen.
Bienenzuchtverein Koblach-Meiningen

„Hasel, Weide, Erle, Birke – um nur einige zu nennen – blüht“, vermelden die Pollenwarndienste in den Medien. Was die Allergiker schockt, bringt die Imker zum Jubeln, denn gerade die Frühlingsblüher sind es, die das wichtige Frühjahrsfutter für die Bienenvölker hervorbringen. Mit den ersten Pollen wird die Brut gefüttert – ohne Nahrung, keine Bienen, keine Bienen keine Bestäubung. Da Bienen erheblich zum Erhalt von Wild- und Kulturpflanzen und deren Erträgen beitragen, ist ihre ökologische Bedeutung beträchtlich, denn Bienen zählen weltweit zu den wichtigsten Bestäubern.

Bienen brauchen Blüten
„Früher“, erzählt Heinrich Baier, seit 32 Jahren Imker in Meiningen, „haben die Bienen noch reichlich Futter gefunden, denn wer hätte es sich leisten können, die Bienen mit dem damals teuren und daher wertvollen Zucker durch den Winter zu bringen. Heute geht ohne Fütterung nichts mehr.“ Was ist passiert? Da ist einmal die Intensivierung der Landwirtschaft, die kaum noch Magerwiesen mit Blumenvielfalt gedeihen lässt. „Bienen brauchen Blumen – Punktum“, sagt Heinrich Baier. Die Hausgärten sind übergepflegt, in keinem Eck darf mehr einfach etwas wild vor sich hinwachsen. Eine Weide wäre schon genügend Futter für ein Bienenvolk und würde ausreichen, bis die Wiese blüht. Aber Bachböschungen werden von jeglicher Bepflanzung befreit, und für den Geschmack des Imkers viel zu oft gemäht, sodass auch keine Feuchtpflanze, welcher Art auch immer, einen Überlebenschance hätte.

Die Problemfelder
Was den Bienenvölkern besonders zusetzt, ist das Ulmensterben. Eine Biene legt immerhin 1.500 Meter auf der Suche nach Futter zurück, aber sie findet nur noch eine einzige Ulme im weiten Umkreis von Baiers Bienenstöcken in der Herrengasse. Mit dem Löwenzahn ist es auch so eine Sache. Eine Löwenzahnwiese liefert zwar Futter für die Bienen und gibt einen herrlichen Honig, sie zeugt jedoch von Überdüngung und nimmt anderen Blumen den Raum zum Leben. Einer der ärgsten Feinde der Imker – und derjenige der am Bienensterben die Hauptschuld trägt – ist die Varroamilbe, ein aus Ostasien eingeschleppter Parasit. Die Varroamilbe schwächt die Bienen und gilt als Überträger von schädigenden Viren. Auch der Einsatz von Streptomycin bei der Behandlung von Feuerbrand machte in den letzten Jahren den Imkern Probleme: So mancher Blütenhonig war nicht mehr für den Verzehr geeignet.

Was Bienen mögen
Man sieht, die Spannungsfelder in denen sich die Imker bewegen, sind vielfältig. Die Imker wünschen sich von den Landwirten die gute alte Dreifelderwirtschaft mit Brache und Fruchtwechsel und die Mahd erst nach der Blüte. Von den Hausgartenbesitzern wünscht man sich eine Ecke für eine ausgesäte Blumenwiese, die erst im Herbst abgemäht wird, von der Gemeinde wünscht man sich weniger Pflege der Bachböschungen und von den Waldbesitzern den möglichen Erhalt von Ulmen und anderen Frühlingsblühern unter den Bäumen und Sträuchern. Wer gerade im Begriff ist einen Garten anzulegen, möge Krokusse säen (eine Delikatesse für die Bienen im Frühjahr), einer Weide, einem Haselstrauch, einem Hartriegel, einem Hibiskus, einer Akazie oder Obstbäumen einen Platz zuweisen, Schneeglöckchen und Märzenbecher pflanzen. Von Sommer bis Herbst ist jede Blühblume den Bienen willkommen: Kapuzinerkresse, Mauerpfeffer und Erika, Lavendel und vor allem alle Arten von Kräutern. Im Balkonkasten macht sich gut der scharfe Mauerpfeffer, der weiße Mauerpfeffer, Felsen-Fettkraut, die große oder die unechte Fetthenne. Wenig Bienennahrung bieten Geranien, Pelargonien, Dahlien, Fleißige Lieschen, Forsythien oder Margeriten.

Trotz alledem – sie fliegen, die Bienen
Bei allem unbestreitbarem Umbruch im Verhältnis von Mensch und Natur, der sich auch in der Imkerei manifestiert, ist der Bericht in den Vorarlberger Nachrichten vom 10. März dieses Jahres, wonach „Meiningen ganz bienenfrei“ sei, stark übertrieben. Rund 90 Prozent der Bienenvölker sind gut über den Winter gekommen, ein 10-prozentiger Ausfall ist normal, das bestätigt sowohl der Obmann des neu gegründeten Bienenzuchtvereins Koblach-Meiningen, Gerd Willi Grabher, als auch der Meininger Imker Heinrich Baier. Diese Tatsache bescheinigt den im Verein tätigen Imkern eine gute Pflege ihrer Völker und hohe Achtsamkeit beim Umgang mit Schädlingen.

Factbox:

Bienenzuchtverein Koblach gegründet 1902
Bienenzuchtverein Koblach-Meiningen, gegründet 2015
Obmann: Gerd Willi Grabher, Koblach
22 aktive Imker, 7 aus Meiningen
Meiningen ca. 100 Bienenvölker
Koblach ca. 325 Bienenvölker

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