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Laut Polizei nur ein Täter in Ottawa

Das Attentat wirft noch immer viele Fragen auf
Das Attentat wirft noch immer viele Fragen auf
An dem Attentat in Kanadas Hauptstadt Ottawa ist nach Angaben der Behörden nur ein Täter beteiligt gewesen. Vor seiner Bluttat habe er versucht, nach Syrien zu reisen.
Bluttat in Kanada
Ottawa: Schüsse im Parlament

Der 32-Jährige habe mit den Behörden in den vergangenen drei Wochen über seinen Reisepass verhandelt, hieß es seitens der kanadischen Polizei. Der Mann erschoss am Mittwoch einen Soldaten und wurde später selbst tödlich getroffen.

Die Polizei bestätigte, dass der Mann beim Angriff auf den Soldaten und das Parlament allein gehandelt habe. Dennoch werde weiter untersucht, ob er Unterstützer gehabt habe. Der Polizei zufolge stand er aber nicht, wie zuvor gemeldet, auf einer Liste von 90 Terrorverdächtigen, die nicht ausreisen dürften. Der Vorbestrafte sei vorher auch nicht durch Taten aufgefallen, die ihn in die Nähe von Terroristen gerückt hätten. Die Polizei kündigte an, kanadaweit ihre Präsenz zu erhöhen.

Ministerpräsident Stephen Harper erklärte, Anschläge auf kanadische Einrichtungen seien auch “Angriffe auf unser Land, auf unsere Werte, auf unsere Gesellschaft, auf uns Kanadier als freies und demokratisches Volk, das Menschenwürde für alle verkörpert”. Doch Kanada werde sich niemals einschüchtern lassen. Es werde noch entschlossener handeln, um Gefahren für die Bürger abzuwehren und die Sicherheit im Land zu gewährleisten. Zugleich werde Kanada gemeinsam mit seinen Verbündeten in der Welt noch entschiedener gegen jene terroristischen Organisationen kämpfen, die Menschen radikalisierten, damit sie die Gewalt auch an Kanadas Küsten trügen.

Täter konvertierte zum Islam

Aus US-Regierungskreisen verlautete, tatverdächtig sei ein zum Islam konvertierter Mann. Dies sei den US-Behörden mitgeteilt worden. Mit den Ermittlungen vertraute Insider in Kanada sagten, im Zentrum der Untersuchungen stehe ein Mann aus der Provinz Quebec. Aus Gerichtsdokumenten geht hervor, dass er kürzlich wegen Raubes in Vancouver sowie wegen mehrfacher Drogendelikte in Montreal vor Gericht stand. Der kanadische Geheimdienst CSIS warnt seit Jahren davor, dass sich junge Menschen radikalisieren. Nach seinen Erkenntnissen haben sich mehr als 50 Kanadier dem IS oder anderen extremistischen Gruppen im Nahen Osten angeschlossen.

Laut einem Medienbericht soll der Attentäter geistig verwirrt gewesen sein und sich vom Islam angezogen gefühlt haben. “Ich denke, er war geisteskrank”, zitierte die kanadische Zeitung “The Globe and Mail” einen Bekannten des Täters. Er sei nicht extremistisch gewesen, habe aber oft davon gesprochen, vom Teufel verfolgt zu werden. Er habe auch vor etwa sechs Wochen von Plänen erzählt, nach Libyen zu reisen. Dort sei er schon früher eine längere Zeit gewesen.

Zwei Anschläge in einer Woche

Erst am Montag hatte ein 25-jähriger Konvertit in der Provinz Quebec zwei Soldaten mit seinem Auto angefahren und einen von ihnen getötet. Der Angreifer wurde von der Polizei erschossen. Ob es eine Verbindung zwischen den Taten gibt, war zunächst unklar. Am Dienstag erhöhte die Regierung die Terrorwarnstufe und begründete dies mit Beobachtungen von extremistischen Gruppen wie dem “Islamischen Staat” (IS) und Al-Kaida. Konkrete Hinweise auf einen Anschlag soll es aber nicht gegeben haben.

Die ersten Schüsse wurden kurz vor 10.00 Uhr Ortszeit an dem Denkmal in der Innenstadt von Ottawa abgefeuert. Dabei wurde ein Soldat getötet. Zeugen zufolge griff der Täter wenige Minuten später das Parlament an. Danach drang der Täter in das Parlamentsgebäude ein und wurde von Polizisten verfolgt. Demnach rannte er zunächst an dem Raum vorbei, in dem sich Regierungschef Harper aufhielt, und wurde vor der Parlamentsbibliothek schließlich erschossen. Zeugen hörten etliche Schüsse. “Harper hat mit Leuten aus seiner Fraktion gesprochen, als es plötzlich einen lauten Knall gab, gefolgt von einen Ra-ta-ta-ta an Schüssen”, sagte das Kabinettsmitglied Tony Clement. “Es ist genau vor unserer Tür passiert.”

Debatte über Sicherheit

Ein Zeuge sagte der Nachrichtenagentur Reuters, er habe an dem Mahnmal Schüsse gehört. Dann sei ein schwarz gekleideter Mann, dessen Gesicht mit einem Schal verhüllt gewesen sei, zum Parlament gelaufen. Schwarze Kleidung ist unter IS-Kämpfern üblich, die in Syrien und im Irak ein Kalifat errichten wollen. Die Gruppe hat bei ihrem Vormarsch viele Andersgläubige getötet oder versklavt. Im Irak und auch in Syrien bombardiert eine internationale Koalition seit Wochen Ziele des IS. Kanada beteiligt sich daran mit Kampfflugzeugen.

In Kanada entbrannte umgehend eine Debatte über die Sicherheit im Parlament. Der Eingang zu dem Gebäude war nicht abgesperrt. Allerdings gibt es in Kanada im Vergleich zu den USA deutlich weniger Übergriffe mit Schusswaffen. Nach dem Anschlag vom Mittwoch wurden die Sicherheitsvorkehrungen an öffentlichen Gebäuden verschärft.

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