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"Maßlos enttäuscht": Glawischnigs Jobwechsel löst bei Parteifreunden Empörung aus

Am Freitag wurde bekannt das Glawischnig zum Glückspielkonzern Novomatic geht.
Am Freitag wurde bekannt das Glawischnig zum Glückspielkonzern Novomatic geht. ©Apa/Twitter
Entsetzt und empört haben grüne Politiker auf den Wechsel von Ex-Parteichefin Eva Glawischnig zum Glücksspielkonzern Novomatic reagiert.
Ex-Grünen-Chefin Glawischnig geht zu Novomatic
Glawischnig wechselt zu Novomatic
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Der steirische Grünen-Chef Lambert Schönleiter zeigte sich “sprachlos”. “Ich gehe davon aus, dass Bundessprecher Werner Kogler jetzt handelt und die Parteimitgliedschaft von Eva Glawischnig sofort ruhend stellt”, sagte Schönleitner im “Standard”.

Vorarlberger Landesrat Rauch hat kein Verständnis

Glawischnig habe mit diesem Schritt dem Kärntner Grünen Spitzenkandidaten und Hypo-Aufdecker Rolf Holub, der am Sonntag Landtagswahlen zu schlagen hat, einen “Bärendienst” erwiesen. Ähnlich sieht es der Vorarlberger Grünen-Sprecher und Umweltlandesrat Johannes Rauch. Er zeigt null Verständnis für das Engagement Glawischnigs bei Novomatic. “Glücksspiel gehört wieder unter die vollständige Kontrolle der Republik Österreich, im Sinne eines bestmöglichen SpielerInnenschutzes. Private Glücksspielkonzerne wie Novomatic tun das Gegenteil.” Rauchs Forderung: “Ich gehe davon aus, dass Eva Glawischnig mit dem Tag ihres Dienstantrittes bei Novomatic ihre Mitgliedschaft bei den Grünen zurücklegt.”

“Was ist mit den Machenschaften des Novomatic-Konzerns? Was ist mit der Spielsucht, die tausende Familien zerstört? (…) Ich kann euch gar nicht sagen, wie enttäuscht ich bin”, postete die frühere grüne Abgeordnete Berivan Aslan im Internet.

Etwas sanfter beurteilt die Causa die niederösterreichische Landessprecherin Helga Krismer. “Nach dem Ausscheiden bei den Grünen ist die Wahl des beruflichen Fortkommens eine private Entscheidung, so wie das Gewissen eine private Angelegenheit ist. Das Verhältnis der Grünen zu Novomatic bleibt unverändert. Insbesondere, da Novomatic ein niederösterreichischer Konzern ist, werde ich weiterhin gegen das kleine Glücksspiel ankämpfen, weil es Menschen und Familien in den Ruin treibt.”

Der EU-Abgeordnete Michel Reimon ist überrascht, er schreibt auf Twitter, dass “Novomatic ein Konzern ist, der mit Süchtigen Profit macht und bekämpft gehört”. Und er bereut anscheinend, vor einem Jahr Glawischnig als Parteichefin verteidigt zu haben: “Wennst dich für jemanden in die Schusslinie stellst, schau drauf, dass du dich ein Jahr später nicht wie ein Volltrottel fühlst.”

“Maßlos enttäuscht”

“Das ist ungefähr so, wie wenn man Bio-Beauftragter bei Monsanto wird. Ich bin persönlich maßlos enttäuscht. Das geht überhaupt nicht”, sagt der Salzburger Landtagsabgeordnete der Grünen, Simon Heilig-Hofbauer, der sich seit Jahren für strengere Auflagen und Strafen beim Glücksspiel einsetzt.

Warf Novomatic vor einem Jahr noch Gesetzeskauf vor

Der Wechsel ihrer langjährigen Parteichefin Eva Glawischnig zum Glücksspielkonzern Novomatic muss für die Grünen ein Schock sein. Haben sie doch jahrelang gegen das Glücksspiel und gegen Novomatic im speziellen angekämpft. Vor nicht einmal einem Jahr warf Glawischnig dem Konzern noch Gesetzeskauf vor.

In der ORF-Sendung “Im Zentrum” am 9. April 2017 sprach Glawischnig noch als Grünen-Chefin davon, “dass die, die halt Geld haben, Einfluss haben, wie die Novomatic, ich spreche es auch offen aus, auch wirklich Gesetze beeinflussen”. Heute zeigte sich die frühere Oppositionspolitikerin von der “Internationalität” des Konzerns fasziniert.

Ihr Wechsel zu Novomatic löste bei den Grünen eine derartige Empörung aus, dass Bundessprecher Werner Kogler wenige Stunden später der APA mitteilte, dass ihm Glawischnig “in einem Gespräch zugesichert hat, dass sie ihre Mitgliedschaft bei den Grünen zurücklegt”.

Die Vorwürfe des Gesetzeskaufs gegen Novomatic sind 2012 im parlamentarischen “Untersuchungsausschuss zur Klärung von Korruptionsvorwürfen” aufgetaucht. Der Glücksspielkonzern Novomatic wollte demnach 2006 gemeinsam mit der Telekom Austria in das Online-Glücksspiel einsteigen, sie bedienten sich dafür des Lobbyisten-Duos Walter Meischberger und Peter Hochegger. Sie sollten eine Lockerung des Glücksspielmonopols erreichen, die von der schwarz-orangen Koalition dann auch vorbereitet wurde – ohne Information von Platzhirsch Casinos Austria. Lotterien-Vorstand Friedrich Stickler berichtete im Ausschuss, wie er das Projekt durch Intervention bei der ÖVP im letzten Moment zu Fall bringen konnte. Ex-Telekom-Vorstand Rudolf Fischer vermutete im U-Ausschuss allerdings, dass das BZÖ nur vom Projekt abrückte, weil die Casinos der Partei 300.000 Euro für eine neun Seiten lange “Studie” über “Responsible Gaming” bezahlten.

Glawischnig tritt aus Grünen-Partei aus

Ex-Grünen-Chefin Eva Glawischnig tritt angesichts ihres Engagements beim Glücksspielkonzern Novomatic aus ihrer Partei aus. Das teilte Grünen-Bundessprecher Werner Kogler der APA mit. “Eva Glawischnig hat mir in einem Gespräch zugesichert, dass sie ihre Mitgliedschaft bei den Grünen zurücklegt.”

Wien/Gumpoldskirchen. “Wenn Eva Glawischnig sich als Privatperson für eine Tätigkeit bei Novomatic entschließt, ist das natürlich ihre Sache.” Für die Grünen gilt aber, was immer gegolten hat: “Wir haben uns in der Vergangenheit immer mit der Glücksspielbranche und den dazu gehörigen Konzernen angelegt und vor allem bei Novomatic völlig zu Recht. Und wir werden die Machenschaften dieses Konzerns auch weiterhin kritisieren und gegebenenfalls bekämpfen”, so Kogler.

(APA)

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