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"Man ist als Frau in diesem Aufbau-Lehrgang nicht gerne gesehen"

Immer mehr Mädchen und Frauen interessieren sich für handwerkliche Berufe. Im Kolleg für Holztechnik sollte jungen Frauen das entsprechende Know-how beigebracht werden. Die Dornbirnerin Sara Forte, mit der dieses Interview geführt wurde, hat dem handwerklichen Bereich den Rücken gekehrt und studiert nun Veterinär-Medizin in Wien.
Immer mehr Mädchen und Frauen interessieren sich für handwerkliche Berufe. Im Kolleg für Holztechnik sollte jungen Frauen das entsprechende Know-how beigebracht werden. Die Dornbirnerin Sara Forte, mit der dieses Interview geführt wurde, hat dem handwerklichen Bereich den Rücken gekehrt und studiert nun Veterinär-Medizin in Wien.
Dornbirn - Sara Forte, 23, aus Dornbirn besuchte in der HTL Rankweil das „Kolleg für Holztechnik“. WANN & WO gegenüber berichtet sie von Frauenfeindlichkeit und Missgunst – Schüler­innen seien öfters belächelt und schlechter behandelt worden.

WANN & WO: Wann hast du das Kolleg für Holztechnik besucht?

Sara Forte: Ich habe 2011 das Kolleg für Holztechnik an der HTL Rankweil begonnen und im Oktober 2013 positiv abgeschlossen.

WANN & WO: Welche Erfahrungen hast du dort gemacht?

Sara Forte: Es waren vier Semester in der Hölle: Meine Mutter hat diese Schule vor mir besucht und mir bereits davon berichtet, wie frauenfeindlich, inkompetent und pädagogisch ungebildet das Lehrpersonal zum Teil sei. Ich wollte mir selbst ein Bild machen und es war eine Katastrophe. Vor allem Frauen haben es wirklich schwer. Fragen von Schülerinnen wurden belächelt, oder es wurde erst gar nicht darauf eingegangen. Man ist als Frau in diesem Aufbaulehrgang nicht gerne gesehen. Ich bin in der ersten Reihe gesessen – die zweite war leer, in der dritten kamen die Jungs – und ein Lehrer setzte sich mit dem Rücken zu mir in die zweite Reihe und redete nur mit den männlichen Schülern. Frauen wurde einfach nicht geholfen.

WANN & WO: Wie ist es dir dabei gegangen?

Sara Forte: Ich war kurz davor, wahnsinnig zu werden. Ich meine, in der Klasse sitzen lauter erwachsene Menschen, die etwas lernen wollen und die Lehrer führten sich teilweise auf wie im Kindergarten. Da wurde geschrien und getobt, sie kamen zu spät in den Unterricht, oder auch überhaupt nicht. Teilweise erledigten sie ihre private Arbeit während der Stunde. Ein Lehrer hat mich so fertig gemacht, dass ich das erste und bisher auch einzige Mal in meinem Leben Nasenbluten bekommen habe.

WANN & WO: Das sind schwerwiegende Vorwürfe. Gab es auch noch weitere Vorfälle?

Sara Forte: Ja, es ist sehr viel vorgefallen. Die betroffenen Lehrer kommen ja eigentlich aus der Privatwirtschaft. Einer kam einmal in die Klasse und fing an herumzuschreien, wie ‚Scheiße in dieser Schule‘ alles wäre und dass er in seinem Büro ohnehin mehr Geld verdienen würde. Dann hat er seine Sachen gepackt, ist aufgestanden und hat gesagt ‚die Frau Forte führt die Stunde zu Ende‘. Das ist ein Wahnsinn! Schließlich werden diese Lehrer von Steuergeldern be­­zahlt. Und so jemand wird an einer hochangesehenen Schule wie der HTL Rankweil eingestellt – wer sich in der Privatwirtschaft so aufführt, fliegt fristlos raus. Tests werden während der Unterrichtsstunde korrigiert und nach Lust und Laune benotet. Prüfungen bleiben ohne Feedback oder es wird – wie bei meiner Abschlussprüfung – Stoff getestet, der nicht vorgegeben wurde. Und als ich die Prüfer darauf hingewiesen habe, wurde mir ge­­sagt, ich solle mich jetzt nicht so aufspielen. Wie mit den Schülern umgegangen wird, ist ein absolutes pädagogisches No-go.

WANN & WO: Wie ist es denn um die fachliche Kompetenz der beschuldigten Lehrer bestellt?

Sara Forte: Die ist wenig, bis nicht vorhanden. Im Bereich Holzbautechnik müssen die Schüler CAD anwenden (Anm. d. Red.: CAD = computer aided design, ein Konstruktionsprogramm). Die Lehrer konnten mit dem Programm teils selbst nicht umgehen. Wie wollen sie das dann den SchülerInnen beibringen?

WANN & WO: Warum wendest du dich damit nun an die Presse?

Sara Forte: Meine Mutter und ich haben uns an den Direktor und die Landesschulrätin gewandt sowie mehrere Politiker angeschrieben. Es dauerte ein halbes Jahr, bis ich ein Schreiben vom Landesschulrat erhielt: Die entsprechenden Lehrer seien zu den Vorwürfen befragt worden. In den Gesprächen habe sich herausgestellt, dass alles anders gewesen sei, als von mir geschildert. Und nun stehen wir als Lügner da! Ich bin sehr enttäuscht und wütend. Dabei gibt es viele Schüler und Schülerinnen, die dieselben Erfahrungen gemacht haben und meine Aussagen bestätigen können. Was in diesem Lehrgang passiert, kann durchaus als Mobbing bezeichnet werden.

“Lehrpersonen wurden bereits verwarnt”

Landesrätin Dr. Bernadette Mennel, Amtsführende Präsidentin des Landesschulrates für Vorarlberg: „Eine lückenlose Aufdeckung der Vorfälle war mir persönlich sehr wichtig, die Thematik wurde auch umgehend an den Landesschulrat weitergeleitet. Wie in einem Rechtsstaat üblich, wurde anlässlich der teils schwerwiegenden Vorwürfe umgehend ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Nach einer ausführlichen Prüfung, die einige Zeit in Anspruch nahm, konnten manche Vorwürfe ausgeräumt, andere wiederum bestätigt werden – ich bitte um Verständnis, dass ich hier nicht weiter ins Detail gehen kann. Die entsprechenden Lehrpersonen wurden belehrt oder verwarnt, das Ganze wird bei einzelnen Lehrern auch noch zu weiteren Maßnahmen führen. Ich möchte auch meinen Mitarbeitern an dieser Stelle ein Lob aussprechen, die bei diesem sehr sensiblen und heiklen Thema – es geht immerhin um eine Schule – gleich reagiert haben.“

“Maßnahmen werden getroffen”

Gerhard Wimmer, Direktor HTL Rankweil: „Die Vorwürfe sind mir teilweise bekannt und betreffen das Kolleg für Holztechnik (aktuelle StudentInnen: fünf im 1./2. Semester, einer im 3./4.Semester). Seitens des Landesschulrates für Vorarlberg und der Schule wurde nach Erhebung der Beschwerden umgehend ein umfassendes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Dieses Ermittlungsverfahren ist abgeschlossen. Einige Vorwürfe konnten ausgeräumt, beziehungsweise geklärt werden. Einzelne Vorwürfe mussten bestätigt werden. Diesbezüglich wurden bereits, respektive werden, entsprechende Maßnahmen getroffen.

“Kann ich gut verstehen“

Corinna, 45, Altach, ehemalige Absolventin: „Ich arbeite in einer Männerdomäne und habe mir in Sachen Sexismus ein dickes Fell zugelegt. Dass sich Frauen durch die Umstände im Holzbau-Kolleg beleidigt fühlen, kann ich aber gut verstehen. Einmal hat ein Lehrer die kompletten Testunterlagen verloren und dann nach Gutdünken und Sympathie benotet. Es ist auch vorgekommen, dass einer überhaupt nichts im Klassenbuch eingetragen hat. Auf einmal waren aber alle Einträge da und die Fehlzeiten haben hinten und vorne nicht gestimmt. Da nützt es nichts, wenn man sich anstrengt und es ist ärgerlich, wenn Schüler mit 30 Prozent Anwesenheit bessere Noten haben, als die fleißigen.“

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