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"Man hat ein mulmiges Gefühl"

Selbstverteidigungskurse sind nur ein Aspekt der vielschichtigen Polizeiausbildung.
Selbstverteidigungskurse sind nur ein Aspekt der vielschichtigen Polizeiausbildung. ©W&W
Schwarzach - Anlässlich des Vorfalls, bei dem ein Polizist mit einem Messer angegriffen wurde, besuchte W&W die Sicherheits­akademie Vorarlberg.

„Man hört als Polizist immer wieder von Vorfällen, bei denen alle hoffen, so etwas im Dienst nicht erleben zu müssen. Diese machen natürlich auch betroffen“, erklärt Chefinspektor Günther Allgäuer. „99 Prozent der Einsätze sind nicht sonderlich dramatisch, aber wir müssen Polizisten in der Ausbildung natürlich auch auf das eine Prozent vorbereiten, wenn Gefahr besteht oder auch Zwangsmittel zum Einsatz kommen müssen. Auch Gefahrensituationen sind Teil unseres Jobs.“ Vorfälle wie jener in Wien, oder jüngste kritische Situationen im Ländle führten auch dazu, dass laufend hinterfragt werde, ob die Lehrinhalte auch ausreichend auf aktuelle Geschehnisse vorbereiten.

„Durch Tür geschossen“

Der erfahrene Polizist gibt sein Wissen gerne an angehende Kollegen weiter: „Ich war früher auch Mitglied des Sondereinsatzkommandos Cobra. Dabei habe ich einmal erlebt, dass ein Verdächtiger durch eine Tür geschossen hat, nachdem wir geklopft hatten“, berichtet Allgäuer. „Mein ,Gefahrenradar‘ und meine Erfahrungen fließen in die Ausbildung ein und so kann ich die Inhalte auch viel näher an der Praxis vermitteln“, sagt Allgäuer.

Anspruchsvoll und sensibel

„Bei der zweijährigen Polizeiausbildung hat sich in den vergangenen Jahren viel getan. Aktuelle Ereignisse fließen immer wieder in die Lehrpläne ein und wir können flexibel auf verschiedene Entwicklungen reagieren“, erklärt Oberst Thomas Hopfner, Leiter der Sicherheitsakademie Vorarlberg. „Die Polizeiarbeit ist anspruchsvoller und sensibler geworden. Auch die Erwartungen an Beamte sind höher, als vor zehn, zwanzig Jahren. Heute kooperiert die Polizei auch bereits in der Ausbildung mit vielen anderen Organisationen von Gewaltschutzeinrichtungen bis hin zur Caritas.“ Grundsätzlich stütze sich die Ausbildung auf die drei Säulen Wissen (Gesetze und Theorie), handlungsrelevante und praxisnahe Inhalte und Werteeinstellungen (Persönlichkeitsbildung, Berufsmanagement, Psychologie).

Emotionale Belastung

Neben Gefahrensituationen gibt es zahlreiche Begebenheiten, die für die Beamten schwierig sein können: „Angegriffen zu werden ist eine Sache, aber mit tragischen Unfällen, Suizid oder Missbrauch umzugehen, ist mitunter noch eine größere emotionale Belastung“, betont Ausbilder Allgäuer. Besonders wegen der empathischen Komponente sei es daher vorteilhaft, dass immer mehr Frauen die Polizeiausbildung absolvieren.

4 Statements – Wie geht man mit Gefahrensituationen im Beruf um?

Isabelle, 20, Hörbranz: „Meine Familie und Freunde finden es gut, dass ich Polizistin werde und sind stolz auf mich. Es ist klar, dass man jederzeit mit Gefahren konfrontiert werden könnte, aber in der Grundausbildung werden wir gut darauf vorbereitet.“

Michael, 28, Bludesch: „Uns allen ist klar, dass der Beruf ein gewisses Risiko mit sich bringt. Heutzutage kann aber fast in jeder Situation etwas Schlimmes passieren. Auch im Zug kann z.B. plötzlich einer ein Messer ziehen, weshalb alle Menschen vorsichtiger geworden sind.“

Stephanie, 20, Bartholomäberg: „Ich habe nach der Schule eine neue Herausforderung gesucht und die Ausbildung begonnen. Man hat schon ein mulmiges Gefühl, wenn man so etwas liest, weil man ja im Beruf selbst mit so einer Situation konfrontiert werden könnte.“

Philip, 25, Dornbirn: „Da in letzter Zeit viel passiert ist, geht man schon respektvoller in gewisse Situationen,weil sie jederzeit umschlagen können. Es ist wichtig, sie richtig einzuschätzen und sich nicht blindlings in etwas zu stürzen. Was nützt ein toter Held?“

(WANN & WO)

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