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Mallorca lechzt nach Wasser

Wasserknappheit auf Mallorca.
Wasserknappheit auf Mallorca. ©APA
Ein Tanklaster bringt täglich zehn Tonnen Leitungswasser nach Estellencs, um die Wasserspeicher des Dorfes an der Nordwestküste Mallorcas aufzufüllen. Außerdem hat das Rathaus den Maximalverbrauch pro Haushalt und Tag auf 300 Liter beschränkt und den Bürgern verboten, Trinkwasser zum Befüllen von Pools und zum Gießen der Gärten zu verwenden.

“Das kontrollieren wir auch, und wer sich wiederholt nicht daran hält, dem drehen wir das Wasser ab”, sagt Bürgermeister Bartomeu Jover. Dank dieser Maßnahmen sei die Wasserversorgung weiterhin gewährleistet. Aber irgendwann im August “wird es mancherorts unangenehm werden”, befürchtete jüngst der Rathauschef.

Warnstufe “Alerta”

Wenig später schlug die Regierung der Balearen für das Innere Mallorcas Alarm: Nach einer Art Vorwarnung im Juni wurde dieser Tage wegen der anhaltenden Trockenheit die Warnstufe “Alerta” ausgegeben. Auf der erst im Frühjahr eingeführten vierstufigen Warnskala folgt nur noch die “Emergencia”, der Notstand.

Dass Wasser auf der spanischen Urlaubsinsel jetzt ein besonders kostbares Gut ist, liegt daran, dass es im Winter kaum geregnet hat und sich die Grundwasserreserven nicht erholen konnten. Im Juli waren sie im Schnitt nur mehr zu 44 Prozent gefüllt, der Pegel war damit so tief gesunken wie seit zehn Jahren nicht mehr. Auch die zwei Stauseen im Tramuntana-Gebirge, der Gorg Blau und der Embalse de Cuber, die etwa ein Drittel des Leitungswassers für die Inselhauptstadt Palma bereitstellen, geben ein klägliches Bild ab.

Ein Tourist verbraucht drei Mal so viel Wasser wie ein Einheimischer

Die Urlaubermassen, die in der angelaufenen Rekordsaison über die Insel hereinbrechen, dürften die Wasservorräte weiter zurückgehen lassen. Ein Tourist verbraucht schließlich im Schnitt 440 Liter Wasser, gut drei Mal so viel wie ein Einheimischer, hat Ivan Murray, Geograf an der Balearen-Universität, errechnet.

In weiser Voraussicht hat die Inselregierung deshalb bereits im Frühjahr die Entsalzungsanlagen in Palma, Andratx und Alcudia wieder in Betrieb genommen, die zuletzt – weil man sich lieber auf den Regen verließ – größtenteils stillgelegt waren. Seitdem verwandeln sie auf Hochtouren Meer- in Leitungswasser, auch wenn das einen mitunter unangenehm salzigen Geschmack auf der Zunge hinterlässt.

Bergdörfer an der Nordküste besonders gefährdet

Besorgniserregend ist die Lage unter anderem in den Bergdörfern an der Nordküste, wo das Wasser vor allem aus unterirdischen Quellen kommt. In Dörfern wie Deia, Valldemossa und Banyalbufar wurden Verordnungen erlassen, die Bürger zum Wassersparen verpflichten. Und nicht nur in Estellencs muss bei der Versorgung inzwischen mit Tanklastern nachgeholfen werden – was zunehmend für Unmut sorgt, Wasser auf Rädern ist schließlich um ein Vielfaches teurer.

Mateu Ferra, Bürgermeister in Banyalbufar, polterte unlängst in einem Zeitungsbericht, er müsse bereits zehn Prozent des Gemeindeetats für die Wasserlieferungen opfern. Seine Forderung: Die Regierung solle doch bitte einen Teil der Einnahmen aus der neuen Touristensteuer zur Bekämpfung des Wassernotstands verwenden.

Entspannte Lage in Palma und Arenal

Entspannter ist die Lage derzeit noch in der Bucht von Palma – der am dichtesten besiedelten Region der Insel. Weder in Palma noch in der Urlauberhochburg Arenal werde es zu Versorgungsengpässen kommen und auch nicht zu Verbrauchsbeschränkungen, versicherte Joana Maria Garau, die Leiterin des balearischen Wasserwirtschaftsamts.

An der Playa fließt das kühle Nass vorerst ungebremst weiter. Ruud van Gastel, ein holländischer Urlauber, erfrischt sich unter einer der Strandduschen. “Wasserknappheit? Oh, das wusste ich nicht”, sagt er fast schuldbewusst. Kopfschüttelnd zeigt er dann aber auf den nicht aufhörenden Wasserstrahl – die Dusche ist wohl defekt.

Immerhin, in zahlreichen Hotels liegen Flyer der Stadtwerke und der Inselregierung aus, die die Urlauber zum sparsamen Umgang mit dem knappen Gut aufrufen – etwa indem sie aufs tägliche Wechseln der Handtücher verzichten. “Das machen wir aber schon seit Jahren”, sagt Rezeptionist Toni im Hotel Playa Golf, der die Panikmache für unbegründet hält. Szenarien wie aus den 1990er Jahren, als infolge einer Trockenperiode Wasser mit Schiffen vom Festland auf die Insel gebracht wurde, während die Leitungen trotzdem stellenweise versiegten, gehörten ein für allemal der Vergangenheit an, ist der Mallorquiner überzeugt. “Wir haben doch jetzt Entsalzungsanlagen.”

Auch im Tourismusministerium ist man noch gelassen. “In den Urlauberhochburgen gibt es genug Wasser”, sagt eine Sprecherin – und schiebt aber schnell hinterher: “Derzeit.” Wie die Lage aber nach dem Rekordansturm der Touristen im August aussehen wird, ist ungewiss.

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