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Frieden fängt im Kleinen an

Lustenau bietet Hilfe zur Selbsthilfe, um den Menschen ein eigenständiges und unabhängiges Leben zu ermöglichen
Lustenau bietet Hilfe zur Selbsthilfe, um den Menschen ein eigenständiges und unabhängiges Leben zu ermöglichen ©Gerty Lang
  Im Altersheim „Schützengarten“ wurden 18 Asylbewerber untergebracht. Lustenau. Unter dem Motto „LustenauerInnen helfen Flüchtlingen“ lud die Gemeinde vergangene Woche zum Infoabend ins Café Lila in den Schützengarten. Das Interesse war enorm.
Lustenau hilft Flüchtlingen

Vor gut drei Wochen hat die Gemeinde 18 Flüchtlinge aus den Kriegsgebieten in Syrien aufgenommen. Neun leerstehende Pflegezimmer im Erdgeschoß des Seniorenhauses sind in der Zeit der Grundversorgung ihre neue Heimat. Joachim Kresser von der Flüchtlingshilfe der Caritas betreut einmal in der Woche vor Ort die Geflohenen. Er berichtete Wissenswertes über Grundversorgung, Asylwesen sowie über Zahlen und Fakten der Flüchtlingshilfe in Österreich. Seitens der Gemeinde ist das Sozialreferat mit Gruppenleiter Markus Rusch verantwortlich. Die Flucht der Männer war eine einzige Odyssee. Sie kamen über die Balkanroute nach Traiskirchen und anschließend nach Dornbirn. „Unsere Frauen und Kinder hätten das nie überstanden und sind noch teilweise in Lagern in der Türkei“ erzählt Souhaib, der ein wenig Englisch spricht. Der 27-jährige aus Aleppo studierte in seiner Heimat Touristik. „Unter meinen Kollegen sind aber auch ein Tischler und zwei T-Shirt-Näher. Ich glaube, dass auch ein Frisör dabei ist“, lacht der sympathische junge Mann. „Wir möchten den Menschen vorübergehend Unterkunft und Schutz bieten, sie unsere Gastfreundschaft spüren lassen“, meint Bürgermeister Kurt Fischer zu dieser Situation. Er verwies auch auf eine positive Entwicklung der häuslichen ambulanten Pflege, „sodass die Zimmer vorläufig nicht für Pflegefälle gebraucht werden. Die Möblierung hat die Caritas vorgenommen. Wir suchen händeringend Unterkünfte für Menschen, die vor dem Grauen des Krieges in ihrem Land flüchten mussten. Außerdem haben sich Dornbirn, Hohenems und Lustenau bereit erklärt, dass modulare Wohneinheiten, die von Vorarlberger Holzbauunternehmen schon gefertigt und exportiert werden, auf Gemeindegrundstücken errichtet werden sollen. In den kommenden Wochen werden wir dem Land eine Liste mit geeigneten Grundstücken vorlegen.“ Die spontane Hilfsbereitschaft der Lustenauer setzte sogar Astrid Riedl und Judith Bösch von der Gemeinde in Erstaunen. „So wurden gleich am ersten Abend mit einem schnellen Spendenaufruf unter befreundeten Lustenauer Familien Sommerhosen, T-Shirts und FlipFlops für die Männer zusammengetragen, die zum Teil nur das bei sich hatten, was  sie am Leib trugen. Gespendet wurde auch sehr viel Markenkleidung. Im Rathaus wurden nützliche Artikel wie gebrauchte Rucksäcke und ein Bügelbrett gesammelt. Auch eine Mikrowelle gibt es inzwischen. Sonja Hollenstein von Sport Hollenstein hat ihr Lager geräumt und Fußballschuhe zum Selbstkostenpreis bereitgestellt, CIC richtet alte Fundräder um einen symbolischen Betrag her, Pädagogen wollen ehrenamtlich Deutsch unterrichten,“ freuen sich die beiden Damen über die Solidarität mit den Flüchtlingen. „Es darf sich also niemand wundern, weshalb die Männer so gut gekleidet sind. Und die Handys sind die einzige Verbindung zu ihren Familien.“ Aber auch die Hausordnung wird problemlos eingehalten. „Gleich zu Beginn führten wir ausführliche Gespräche mit unserem Personal und der Caritas, damit unsere betagten Menschen sich nicht gestört fühlen. Bis sie selbst in ihrer kleinen Küche kochen können, bekommen die Herren derzeit von uns keine spezielle Verpflegung. Gegessen wird das, was auf den Tisch kommt“, lacht Heimleiterin Hedwig Natter. „Genauso müssen sie unsere Reinigungsmittel verwenden.“ Niklas Engel, von der Band „Franzgold“ meldete sich ebenfalls zu Wort. „Junge Bands machen am 29. August im neuen Gewächshaus in Lustenau eine Benefizveranstaltung, dessen Erlös den Flüchtlingen zugute kommt“. Die Dolmetsch-Studentin Anna Hämmerle und ihre Mutter sowie viele andere trugen sich in die Liste ein, um einen Beitrag zu leisten, wenn Hilfe erforderlich ist. Aber auch die Nachbarschaft scheint ausgezeichnet zu funktionieren. „Die Leute sind so höflich, freundlich, liebenswert und dankbar und wir freuen uns jedes Mal, wenn sie zu uns zum Kaffee und Kuchen kommen“, erzählt ein unmittelbarer Nachbar lächelnd.

 

 

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