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Lustenau goes Hollywood

Linda Christina Riedmann macht als Produzentin Karriere.
Linda Christina Riedmann macht als Produzentin Karriere. ©W&W/Swain
Im W&W-Talk spricht die junge Produzentin Linda Christina Riedmann, über Hollywood, Trump und ihre Karriere.

Philipp Mück / Wann&Wo

WANN & WO: Linda, wir führen dieses Interview per Mail, da du derzeit in Kalifornien lebst. Gibt es einen Lieblingsort, an dem du relaxt über dein Leben sprechen kannst?

Linda Christina Riedmann: Ich finde es beruhigend, auf LA hinabzuschauen. Einer der besten Plätze dafür ist Runyon Canyon. Da gehe ich oft wandern, wenn ich den Kopf frei kriegen muss. Das verleiht Perspektive. Würden wir das Interview im Ländle führen, dann wären wir am Bodensee. Es gibt nichts Schöneres, als am Seeufer zu sitzen und der Natur zu lauschen.

WANN & WO: Was kann Vorarlberg, was Hollywood nicht kann?

Linda Christina Riedmann: Abgesehen von der wunderschönen Natur, habe ich die Vorarlberger Direktheit zu schätzen gelernt. Amerikaner sagen so gut wie nie, was sie wirklich denken, oft aus Angst, anderen zu nahe zu kommen, sie zu verletzen oder einfach nur aus Eigeninteresse. Man muss immer alles doppelt und dreifach hinterfragen, um herauszufinden, was sie wirklich meinen. Es ist ein Kulturunterschied, an den ich mich wahrscheinlich nie gewöhnen werde.

WANN & WO: Während andere im Urlaub den Stars auflauern, arbeitest du mit ihnen zusammen. Wie würdest du einem Nicht-Experten deinen Job erklären?

Linda Christina Riedmann: Das ist sehr schwierig, da es so viele verschiedene Arten von Produzenten gibt. Ausführende Produzenten erhalten den Titel oft aufgrund finanzieller Beisteuerung, während „Line-Producers“ sich strikt um organisatorische, budgetäre und logistische Belange während des Drehs kümmern. Ich definiere mich als Produzentin als diejenige, die das Projekt vom Drehbuch bis zum Verleih begleitet, sowohl in einer kreativen, als auch organisatorischen Funktion. Eine Metapher, die ich gerne benutze, ist die eines Bauleiters.

WANN & WO: An was arbeitest du im Moment gerade?

Linda Christina Riedmann: Meine Leidenschaft galt über die letzten Monate, fünf Musikvideos des Künstler Saro’s zu produzieren. Alles dreht sich um seine zweite EP „Boy Afraid“. Er ist ein junger Singer-Songwriter aus LA, den das etablierte Musikmagazin Rolling Stone im November 2017 zu einem ihrer „New Artists You Need to Know“ ernannt hat. Die Premiere der Videos wird als Kunstinstallation in einer Galerie in Downtown LA stattfinden, bevor sie Ende April online verfügbar werden. Ich kann es kaum erwarten! Zusätzlich arbeite ich mit dem Regisseur der Videos, Merlin Camozzi, und der Kamerafrau, Julia Swain, an weiteren Projekten. Die zwei sind mein kreatives „Dream Team“ und wir kollaborieren häufig.

WANN & WO: Du hast lange studiert. Du warst an der UCLA, hattest ein Auslandssemester in Pasadena und warst davor in London. War es eine harte Zeit?

Linda Christina Riedmann: Im Großen und Ganzen ging alles recht schnell. Ich absolvierte meinen Bachelor und Master in nur fünf Jahren und genoss meine Studienzeit, vor allem in London, sehr. Während meines Bachelors setzte ich mich kritisch mit Film und dem Zusammenspiel zwischen Medien und Gesellschaft auseinander. Mein Master war sehr berufsbezogen und definitiv eine größere Herausforderung, da ich neben Vorlesungen und Kursarbeiten meine eigenen Projekte produzierte, unterrichtete und Praktiken bei Produktionsfirmen und Studios absolvierte. Da blieb wenig freie Zeit.

WANN & WO: Gibt es eine spannende „Linda-Christina-Party- Eskapade“ aus dieser Studentenzeit?

Linda Christina Riedmann: Eines frühen Morgens nach einer durchzechten Nacht schlief ich im Bus nach Hause ein und wachte eine Stunde außerhalb Londons in einer fremden Wohngegend auf. Mein Handy hatte keinen Akku und die Straßen waren menschenleer. Nach einer halben Stunde fand ich endlich einen Bus, der mich zurück brachte. Leider blieb überhaupt keine Zeit mehr, um nach Hause zu gehen und ich musste direkt in die Uni. Was in der Vorlesung besprochen wurde, kann ich dir leider nicht mehr sagen!

“Ich wurde mit offenen Armen empfangen”

WANN & WO: Zurück nach Kalifornien. Hast du dich anfangs alleine gefühlt?

Linda Christina Riedmann: Nein, nie. Was man den Amis lassen muss, ist ihre Gastfreundlichkeit. Ich wurde immer mit offenen Armen wärmstens empfangen und sofort in das soziale Umfeld integriert. Dass ich als Österreicherin als exotisch gelte, hat natürlich auch nicht geschadet.

WANN & WO: Springen wir ins Ländle. Wie war deine Kindheit? An was erinnerst du dich gerne zurück?

Linda Christina Riedmann: Ich hatte eine wundervolle, sehr behütete Kindheit und war ein aktives, quirliges Kind. Lustigerweise verbrachte ich extrem wenig Zeit vor dem Fernseher und sehr viel draußen. Dafür bin ich meinen Eltern sehr dankbar, da es meine Kreativität und Vorstellungskraft förderte. Rollenspiele standen stets an der Tagesordnung und meine Freunde und ich bauten Häuser in Bäumen, trampelten Straßen in die umliegenden, hohen Wiesen und brauten Getränke und Speisen aus Beeren und Kräutern. Die Tage waren nie lange genug, und ich kann mich noch ganz genau an das Gefühl erinnern, dem Ruf der Eltern am Abend entkommen zu wollen. Die besten Geschichten kommen halt doch direkt aus dem Leben, und diese Weisheit trage ich auch jetzt in meinem Beruf mit mir.

WANN & WO: Du hast das Glück in dem Bereich zu arbeiten, der dir gefällt? Wann wurde dir das klar?

Linda Christina Riedmann: Es war immer mein Ziel, einen Beruf zu finden, der mich erfüllt. Obwohl niemand während meiner Schulzeit, nicht einmal ich selbst, erwartet hätte, dass es in diesem Bereich sein wird. Meine Mama glaubt noch heute, dass an mir eine Mathematikerin verloren ging. Ich bin komplett meinem Bauchgefühl gefolgt, als ich meinen Bachelorstudiengang wählte und hatte absolut keinen Bezug zu Film, nur ein brennendes Interesse. Ich habe seither gelernt, meinem Bauchgefühl zu vertrauen, da es meist richtig liegt.

“Verfolge, was dich wirklich interessiert”

WANN & WO: Was für einen Tipp hast du für Jugendliche, die mit 15 Jahren vor der Berufswahl stehen?

Linda Christina Riedmann: Verfolge, was dich wirklich interessiert, egal wie schwierig oder unmöglich es scheint. Es nicht unsere angeborenen Fähigkeiten, die uns vorantreiben, sondern unsere Leidenschaft für das, was wir tun. Wir sind am Besten in dem, was wir lieben. Erfolg und persönliche Erfüllung sind natürliche Beiprodukte.

WANN & WO: Der Ruf von Hollywood ist berüchtigt. Sex, Drogen, Party. Ein Bild das allgegenwärtig ist?

Linda Christina Riedmann: Ich kann nicht behaupten, dass das Image falsch ist, aber es ist nicht Teil meines Umfelds und ich versuche es so gut wie möglich zu vermeiden. Ich umgebe mich hauptsächlich mit Leuten, die nicht in Hollywood sind um Ruhm, Party und Celebrity zu finden, sondern weil sie Geschichten zu erzählen und Ideen zu teilen haben. Wir alle machen gerne auch mal Party, allerdings im normalen Rahmen.

WANN & WO: Welche Rolle spielen Männer in deinem Leben?

Linda Christina Riedmann: Momentan nur eine Nebenrolle. Ich konzentriere mich auf Freundschaften und kreative Partnerschaften, der Rest kommt dann von selbst. Da mache ich mir keine Sorgen.

WANN & WO: Ein Mann beeinflusst gerade die ganze Welt. Donald Trump. Dein Bundesstaat grenzt an Mexiko – was bekommst du mit und wie lebt es sich unter Donald?

Linda Christina Riedmann: Das Leben unter Trump ist hauptsächlich von Unsicherheit geprägt. Es ist, als ob ein Elefant im Porzellanladen waltet, mit jeder Bewegung zerstört er etwas, nur sind es in diesem Fall Menschenleben. Andererseits bringt Trumps Präsenz tagtäglich die Heuchelei der amerikanischen Gesellschaft zum Vorschein, was zu erhöhtem Aktivismus und sozialem Engagement geführt hat.

WANN & WO: Stichwort Karriere und Kinder. Möchtest du einmal Kinder?

Linda Christina Riedmann: Absolut. Ich wollte immer Kinder haben und sehe damit keinen Konflikt mit meiner Karriere. Ich habe unzählige, Frauen um mich, die mir Beispiele dafür bieten, dass ein glückliches Familienleben und Karriere sich nicht widersprechen, sondern in Harmonie Seite an Seite existieren können.

WORDRAP
Reisen: Horizonterweiternd. Serienmarathon: Ein zweischneidiges Schwert. Arbeit: Verleiht Selbstachtung. Lieblingsbuch: „Der Schatten des Windes“ von Carlos Ruiz Zafón. Sex, Drugs & Rock ’n’ Roll: Nicht mein Ding.
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