Eine unglaubliche Biografie
Der 35-jährige James Benyo ist seit 2000 professioneller Pacemaker auf der Marathondistanz. James stammt aus Lodwra, einer sehr armen Region in Kenia. Seine Mutter starb als er noch ein Baby war und sein Vater verließ ihn während einer Hungersnot, bevor er 8 war. Er lebte bei seinem Onkel bis er 11 war. Dann wurde entschieden, dass er sich einen Job suchen solle. So war er 5 Jahre Kuhhirte, bevor er nach Iten kam, um die Sekundärstufe der Schule abzuschließen. Iten ist, mit der höchsten Dichte von Weltrekordhaltern dieser Erde, ein besonderer Ort. Auch James entdeckte dort den Laufsport für sich. Leider hatte er nicht das nötige Talent für eigene Siege. Doch war er, wegen seines guten Tempogefühls, bald als Pacemaker sehr gefragt. Immer mehr Weltklasse Läuferinnen nahmen seine Dienste in Anspruch. Dadurch kam er, unter anderem, nach Boston, New York, Tokio, London und Berlin. Dadurch verdient er nun sein eigenes Geld und sein großer Traum ist es einen Bauernhof mit einem Haus für seine Familie zu kaufen. Dafür braucht er umgerechnet etwa 10.000 Euro.
Die Beschwerden
Zu uns kommt er wegen hinteren Oberschenkelschmerzen (oberer Hamstringbereich). Seine Beschwerden hat er erst seit einer Woche. Während dem Training mit einer Läuferin des britischen Nationalteams bemerkte er ein ziehendes Gefühl im hinteren Oberschenkel, das immer stärker wurde. Das klingt für uns sehr nach Muskelbeschwerden. Es stellt sich nun die Frage nach dem Schweregrad. Ist es eine Muskelverhärtung (Grad I), eine Muskelzerrung (Grad II), ein Muskelfaserriss (Grad III), oder sogar ein Muskelriss (Grad IV)? Wir finden diese Einstufung wichtig für die Heilungsprognose und fragen etwas genauer nach: Die Schmerzen wurden während dem Lauf immer mehr und zum Schluss zu einem Krampf, der ihn aber nicht zum Aufhören zwang. Es ist eher ein ziehendes, als stechendes Gefühl. Er hatte nie den Eindruck eines plötzlichen scharfen Schmerzes, oder Funktionsverlustes. Dies spricht sehr gegen einen Muskelfaserriss und hört sich eher nach Grad I oder II an. Wir beginnen mit der Untersuchung.
Die Untersuchung
Johannes tastet an den hinteren Oberschenkelmuskeln entlang und entdeckt einen aufgequollenen, schmerzhaften Bereich im Muskelverlauf. Es ist jedoch keine Delle zu tasten und James gibt auch keine messerstichartigen, plötzlichen Schmerzen an. Unsere Verdachtsdiagnose verfestigt sich. Im Gelenksstatus fällt eine Kompensation im linken Kreuzdarmbeingelenk (ISG) und in der unteren und mittleren Lendenwirbelsäule (LWS) auf. Das Kniegelenk zeigt in Streckung einen weichen Anschlag, was für die erhöhte Muskelspannung der hinteren Oberschenkelmuskulatur spricht.
Thomas gibt James verschiedene Tipps für die Rehabilitation:
- Sanfte Dehnungen der hinteren Oberschenkel-, Waden- und Gesäßmuskulatur.
- Abwechselnd mit Kurzzeit-Kältereibungen. Zum Beispiel in Form von langsamen Faszienrollungen über den hinteren Oberschenkelbereich auf einer gefrorenen Wasserflasche.
- Zusätzlich sind in der Akutphase, um den Muskel von der Laufbelastung zu entlasten, Alternativtrainingsformen empfehlenswert: Stabilisation, Beweglichkeit, Alternatives Ausdauertraining.
- Taping: Wir zeigen ihm eine Kinesiotape-Anlage an den betroffen Muskel und geben ihm eine Rolle mit
Johannes behandelt die betroffenen Segmente und den Muskel:
- Ultraschallbehandlungen, Elektrotherapie und Kurzzeit-Kältereibungen können schmerzlindernd wirken.
- Techniken der funktionellen Osteopathie am Knie, Becken und der Wirbelsäule. Verspannungen im mittleren Brust- und Halswirbelsäulenbereich werden ebenfalls gelockert.
- Zusätzlich setzt er sogenannte Muskelenergietechniken an der hinteren Oberschenkelmuskulatur ein, um die Beweglichkeit zu verbessern.
Die Reaktion auf die Behandlung ist ausgesprochen gut und die Beweglichkeit im “Straight-Leg-Raise”-Test, bei dem das gestreckte Bein in Rückenlage hochgenommen wird, kann um etwa 20-30 Grad gesteigert werden. Die Prognose hängt stark davon ab wie sehr er den Muskel nun wieder belastet (bzw. hoffentlich nicht überlastet) und liegt etwa zwischen 2-4 Wochen. Dann sollte er das Training ohne Einschränkungen vorsetzen können.
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