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„Langsames Licht/Slow Light“ für Lustenau

Langsames Licht/Slow Light setzt subtile Akzente.
Langsames Licht/Slow Light setzt subtile Akzente. ©Siegrun Appelt
Die Künstlerin Siegrun Appelt hat ein subtiles und nachhaltiges Lichtkonzept für Lustenaus neues Rathausquartier realisiert.

Lustenau. Es fasst die gewachsene räumliche und architektonische Struktur mit einem sensiblen Miteinander von Hell und Dunkel zusammen und setzt Akzente im öffentlichen Raum. Seit Jahren liegt einer der Schwerpunkte der international arbeitenden Künstlerin Siegrun Appelt auf der Arbeit mit Licht. Seit 2010 führt sie mit dem umfangreich angelegten Konzept „Langsames Licht / Slow Light“ ihre grundlegenden künstlerischen Überlegungen zum Wechselverhältnis von Wahrnehmung und technischer Entwicklung fort und erweitert sie um ökologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Fragestellungen. Für das neu entstandene Rathausquartier in Lustenaus Zentrum wird in mehreren Schritten ein nachhaltiges Beleuchtungskonzept realisiert, das die gewachsene räumliche und architektonische Struktur mit einem sensiblen Miteinander von Hell und Dunkel ästhetisch zusammenfasst und Akzente setzt.

Intensive Auseinandersetzung

Die in Bludenz geborene und in Wien lebende Siegrun Appelt hat aus der jahrelangen intensiven Auseinandersetzung mit dem Medium Licht und dem umfassenden Verständnis davon als visuellem, aber auch emotionalem und körperlichem Phänomen das Konzept „Slow Light/Langsames Licht“ entwickelt: An der Schnittstelle von Kunst, Technik, Biologie und Wissenschaft erarbeitet Appelt ästhetische, nachhaltige und effiziente Beleuchtungskonzepte für den nächtlichen Raum.

„Mit dem Rathausquartier haben wir in Lustenau einen neuen Ort im Zentrum geschaffen, der für alle Lustenauer und Lustenauerinnen eine hohe Aufenthaltsqualität aufweist. Dazu, dass dies nicht nur tagsüber, sondern auch in der Dämmerung und bei Nacht funktioniert, trägt ganz wesentlich die Beleuchtung bei. Siegrun Appelt hat ein Konzept für unser Quartier erarbeitet, das einen besonderen Mehrwert für Lustenau bedeutet und zum Wohlfühl- und Sicherheitsempfinden des öffentlichen Raumes im Zentrum beiträgt“, freut sich Bürgermeister Kurt Fischer über die gelungene Umsetzung.

Licht verändert Charakter

Ausgangspunkt für das Lustenauer Konzept waren grundlegende Überlegungen und eine Analyse des räumlichen Charakters des gesamten Areals – sowohl bei Tag als auch bei Nacht. Dieses umfasst das Rathaus, ein unter Denkmalschutz stehender Bau der Architektin Adelheid Gnaiger aus den 1950er Jahren mit einer preisgekrönten Erweiterung durch das Architekturbüro von Erich Steinmayr in den 1990er Jahren, die kürzlich renovierte Villa, in der seit Herbst die Gemeindeabteilungen Bildung, Familie und Kultur untergebracht sind, die Volksschule Kirchdorf sowie den neu angelegten Park nach den Plänen des Landschaftsplaners Thomas Loacker.

Diese disparaten Gebäude und Räume, historisch gewachsen und mit ihren jeweils ganz eigenen architektonischen Qualitäten, zusammenzufassen und dabei dennoch in ihrer Selbstständigkeit hervorzuheben, war die Herausforderung: „Mit dem Licht kann der Charakter eines Ortes beeinflusst werden – und weil es so manipulativ verwendet werden kann, ist es wichtig, damit verantwortungsvoll umzugehen. Wir haben die einzelnen Lichtpunkte im Sinne der gewachsenen räumlichen und architektonischen Struktur und der Poetik des Gartens genau abgestimmt. Unsere Aufmerksamkeit lag zudem darin, den nächtlichen Raum offen zu halten und ein Zusammenspiel des Lichts innerhalb und außerhalb der Gebäude zu ermöglichen“, beschreibt Siegrun Appelt ihren Ansatz.

Akzentsetzungen

Als verbindendes Element funktionieren in Lustenau 20 hüfthohe Pollerleuchten, die präzise über das Areal verteilt, installiert wurden. Zum einen gewährleisten sie eine funktionale Wegebeleuchtung, als wiederkehrendes Element legen sie aber auch die räumliche Struktur fest und rhythmisieren diese mit einem choreografierten Wechsel von nuancierten Hell-Dunkel-Verläufen: „Die Intensität von Hell-Dunkel-Verläufen, das Adaptationsverhalten, die Lichtführung und auch eine entsprechende Positionierung der Lichtpunkte sind ausschlaggebend für einen offenen, einladend wirkenden nächtlichen Raum. In Lustenau bringen die Pollerleuchten einen angenehmen poetischen Charakter auch dorthin, wo Straßenlicht und Streulicht der Schaufenster die Stimmung unangenehm diffus und eher kühl machen“, erläutert Siegrun Appelt.

©„Langsames Licht/Slow Light“ im Lustenauer Rathausquartier (Foto: Siegrun Appelt)

Volksschule ins Quartier eingebunden

Die einzelnen Gebäude erhielten jeweils besondere Aufmerksamkeit: Für das Rathaus mit seinem stark die Horizontale betonenden Anbau wird mit dem bereits vorhandenen Licht im Innenraum gearbeitet, das durch die transparente gläserne Außenhaut in Richtung Garten nach außen schimmert. Das Dach der Villa erhält einen Licht-Akzent, wodurch die vertikale Dimension betont wird. Durch die neue Wegeführung für Fußgänger und Radfahrer durch das Rathaus-Quartier erhält auch die Volksschule Kirchdorf eine verstärkte Aufmerksamkeit: In Zusammenarbeit mit Direktor Christoph Wund, dem Lehrkörper der Schule und den Schülerinnen und Schülern wird ein bereits bestehendes Fensterlicht-Konzept der Schule, das bisher nur im Advent zum Einsatz kam, erweitert zu einer permanenten Beleuchtung. Zudem wird das Türmchen am Dach der Volksschule nachts dezent beleuchtet, um als Wegweiser ins Zentrum hinein auch schon von Weitem sichtbar zu sein.

Enge Zusammenarbeit

Voraussetzung für die Realisierung dieses Projekts war die Miteinbeziehung aller an der Umgestaltung des Rathausquartiers Beteiligten bereits zu einem frühen Zeitpunkt: Ein enger Austausch der Künstlerin mit dem Architekturbüro Steinmayr, Gartengestalter Thomas Loacker, dem Lustenauer Projektteam aus Verwaltung und Politik war Voraussetzung und ist für Appelt integraler Bestandteil ihres „Slow Light“-Konzeptes insgesamt: „Ziel bei Slow Light ist, meine künstlerischen Ansätze in einen angewandten Kontext zu übertragen und eine vermittelnde, gegenseitig befruchtende Zusammenarbeit von Forschung, Politik, Kunst und Wirtschaft zu erreichen, aus der ein positiver Einfluss auf aktuelle Entwicklungen im Umgang mit künstlichem Licht und seiner Verwendung erwächst. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist der Rückhalt der Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen der Gemeinde, allen voran Bürgermeister Kurt Fischer, denn „Langsames Licht/Slow Light“-Projekte verhalten sich dezent, sie beleuchten behutsam das Vorhandene ohne jegliche Tendenz zum Spektakel. Für Politiker ist es durchaus eine Herausforderung, mit dieser Form von Zurückhaltung zu punkten. Umso beeindruckter war ich von der Offenheit aller Beteiligten und der großen Unterstützung bei der Entwicklung und Umsetzung des Projekts“, so Siegrun Appelt.

Als Alternative zu einem Trend in Richtung eines spektakulären und aggressiven Einsatzes von künstlichem Licht im öffentlichen Raum ist „Langsames Licht/Slow Light“ gedacht und setzt dem einen bewussten und sensiblen Umgang mit Licht im Außen- und Innenraum entgegen. In Lustenaus Zentrum konnte damit ein zurückhaltendes, subtiles Kunstprojekt realisiert werden, das auf Nachhaltigkeit und eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem öffentlichen Raum setzt und damit zukunftsweisend ist.

 

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