Eine Gruppe von zwölf südamerikanischen Staaten will am Donnerstag zu einem Sondergipfel wegen des Eklats um den Flug des bolivianischen Präsidenten Evo Morales zusammenkommen. Bei der Verweigerung von Überflugrechten für die Maschine Morales’ handle es sich um “Kidnapping”, erklärte das Staatenbündnis UNASUR am Mittwoch.
Südamerika-Gipfeltreffen wegen Eklat
Morales war am Mittwoch, den 3. Juli gezwungen, bei seinem Heimflug von Moskau einen Zwischenstopp in Wien einzulegen, weil ihm nach seinen Angaben während des Fluges die Überflugrechte für Portugal und Frankreich entzogen worden seien. Grund dafür sei der Verdacht gewesen, dass der US-Geheimdienstinformant Edward Snowden an Bord sei, hatte die bolivianische Regierung erklärt und von einer “Geiselhaft” gesprochen.
Ihre Teilnahme an dem Treffen im bolivischen Cochabamba hätten bereits sechs der zwölf UNASUR-Präsidenten zugesagt, hieß es in einer Mitteilung. Bolivien hatte bereits am Mittwoch von einem aggressiven Akt und einer Verletzung des Völkerrechts gesprochen. Dem UNASUR-Bündnis gehören Argentinien, Bolivien, Brasilien, Chile, Ecuador, Guyana, Kolumbien, Paraguay, Peru, Suriname, Uruguay und Venezuela an.
Morales in Wien – Jagd auf Snowden
Die genauen Umstände blieben zunächst unklar. Ursprünglich hieß es, Frankreich, Italien. Spanien und Portugal sollen der Maschine die Überfluggenehmigung verweigert haben. Später gab es dazu auch Dementi. Hintergrund waren offenbar Gerüchte, wonach sich Snowden in dem Flugzeug befindet. Weiters sickerte laut internationalen Medienberichten durch, dass der Pilot beim Tower des Flughafens Wien wegen einer defekten Treibstoffanziege um Landeerlaubnis gebeten habe. Bolivien sprach jedenfalls von einem aggressiven Akt und einer Verletzung des Völkerrechts. Im österreichischen Außenministerium wollte man sich an Spekulationen zum Thema nicht beteiligen. Man könne dazu nichts sagen, weil die Überfluggenehmigungen Sache der Zivilluftfahrtbehörden – wie der Austro Control in Österreich – seien, hieß es gegenüber der APA.
Snowden befand sich seit 23. Juni auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo. Morales hatte an einer Energiekonferenz in der russischen Hauptstadt teilgenommen und dort öffentlich mit dem Gedanken gespielt, dem ehemaligen NSA-Mitarbeiter Asyl zu gewähren. Sein Flugzeug war aber offenbar von einem anderen Moskauer Airport gestartet. Snowden hat in mehreren Ländern um Asyl gebeten. Die meisten reagierten ablehnend oder zumindest reserviert. Es mehren sich aber auch die Befürworter.
Diskussionen wegen Morales Landung in Wien
Morales konnte schließlich mit einem weiteren Zwischenstopp auf den Kanarischen Inseln nach Hause weiterfliegen. Vizekanzler Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) hatte Morales kurz vor dessen Weiterflug auf dem Wiener Flughafen besucht und danach erklärt, es habe eine “Freiwillige Nachschau” durch Vertreter Österreichs in der bolivianischen Präsidentenmaschine gegeben.
Bolivien widersprach dem später. Verteidigungsminister Ruben Saavedra sagte in La Paz, Morales habe seine Erlaubnis nicht gegeben und daher habe auch niemand die Maschine betreten. Gleichwohl protestierte Bolivien scharf gegen die Versagung der Überfluggenehmigung für die Maschine. Die Regierung warf den USA vor, den Zwangsstopp veranlasst zu haben.
Ungeachtet der Ausspähungen können die Freihandelsgespräche der EU mit den USA wohl doch kommende Woche beginnen. Frankreich änderte seine bisherige Position und erklärte, die Gespräche könnten starten, wenn zeitgleich Gespräche über die Aktivitäten des US-Geheimdienstes geführt würden. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn hatte jüngst gefordert, die USA müssten vor den Freihandels-Gesprächen die Ausspähungen beenden oder zumindest ein Ende ankündigen. Die EU müsse “klare Kante” zeigen.
Morales nach Verzögerungen in Bolivien eingetroffen
Der bolivianische Präsident Evo Morales ist nach einer ungewöhnlichen Blockade seines Flugzeugs in Europa in Bolivien eingetroffen. Morales war nach Angabe seiner Regierung auf dem Rückflug von Moskau der Luftraum von Frankreich und Portugal gesperrt worden. Grund sei der Verdacht gewesen, der frühere amerikanische Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden könnte an Bord sein.
Morales musste in Wien zwischenlanden und konnte erst nach 14-stündigem Aufenthalt weiterreisen. Snowden war offenbar nicht in seinem Flugzeug. Der Vorfall hat in Lateinamerika Empörung ausgelöst. “Das ist eine Demütigung einer Schwesternation und des südamerikanischen Kontinents”, sagte die argentinische Präsidentin Christina Fernandez. Die Umleitung des Flugzeugs des bolivianischen Präsidenten sei ein “Überrest des Kolonialismus, den wir glaubten komplett überwunden zu haben”. Luftfahrtexperten sagten, den Überflug eines Präsidentenjets zu verhindern und selbst dessen Durchsuchung sei nach internationalem Recht möglich, aber ohne Beispiel in der jüngeren Geschichte.
(Red./APA)
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