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Land der Wunder - Trailer und Kritik zum Film

Ohne mit der Wimper zu zucken steht das Mädchen da, öffnet leicht seinen Mund, aus dem Bienen krabbeln. Es ist eines der vielen starken Bilder in der Coming-of-Age-Fabel "Land der Wunder" (Original: "Le Meraviglie"), die am Freitag in unseren Kinos startet.

In Cannes erhielt die deutsch-italienische Regisseurin Alice Rohrwacher heuer für ihr eindringliches Sozialdrama den Großen Preis der Jury. Ohne die zwölfjährige Gelsomina (Maria Alexandra Lungu) geht bei der familiären Bienenzucht nichts.

Land der Wunder: Geschichte

Sie ist helfende Hand und Liebling ihres Vaters Wolfgang (Sam Louwyck), einem deutschen Aussteiger, der krampfhaft an der Idee eines idyllischen Landlebens mit seiner Frau Angelica (Alba Rohrwacher), der Mitarbeiterin Coco und den vier Töchtern festhält. Doch die Imkerei im norditalienischen Umbrien ist gefährdet, tötet doch der Düngereinsatz der Nachbarn die hauseigenen Bienenvölker und fehlt das Geld, die schäbigen Räumlichkeiten zur Honigproduktion EU-richtliniengetreu umzubauen. Die Aufnahme des zu resozialisierenden Jungkriminellen Martin soll zusätzliches Geld und männliche Verstärkung an den Bauernhof bringen.

Als Gelso Zeugin eines Werbespot-Drehs für die Realityshow “Land der Wunder” wird, bei der traditionelle Familienbetriebe ihre Produkte vorstellen und Geld gewinnen können, sieht sie eine verheißungsvolle Chance – und in der bildschönen Moderatorin Milly (Monica Bellucci) ein prinzessinnengleiches Vorbild aus einer ihr unbekannten Welt. Hinter dem Rücken ihres ablehnenden Vaters meldet sie die Familie beim Wettbewerb an.

Land der Wunder: Kritik

Mit eindringlichen Bildern von Landschaft und Bienenarbeit erzählt Alice Rohrwacher langsam und subtil von einer Zeit des Umbruchs unter der brennend heißen Sonne der Toskana. Neue Wege in der Landwirtschaft, der Übergang zur Pubertät, die Verschiebungen im Familiengefüge: Erklärung ist nicht vonnöten, wenn der aufbrausende Wolfgang seine scheinbaren Post-68-er-Träume nicht zuletzt mit der fortschreitenden Emanzipation Gelsominas von ihrem geliebten Vater schwinden sieht. Dem rauen, teils schwer erträglichen Naturell des zwischen italienischer und deutscher Sprache wechselnden Familienoberhaupts stellt Rohrwacher die fürsorgliche Angelica als einzigen Funken Herzlichkeit in einer kargen Umgebung gegenüber, während die rumänischstämmige Maria Alexandra Lungu in ihrem Kinodebüt die schrittweise aus dem einengenden Familiengefüge ausbrechende Erstgeborene eindrücklich verkörpert. In einer Nebenrolle als Sozialarbeiterin ist die Österreicherin Margarethe Tiesel (“Paradies: Liebe”) zu sehen.

Nicht zufällig besetzt die Regisseurin ihre eigene Schwester Alba Rohrwacher in der Rolle, erzählt “Land der Wunder” doch von einem Umfeld, das die beiden gut kennen. Als Töchter eines Deutschen und einer Italienerin wuchsen sie in einer Region zwischen Umbrien, Toskana und Latium auf, und der Vater war tatsächlich Imker. Autobiografisch sei der Film zwar nicht, aber “sehr persönlich”, so die 33-jährige Filmemacherin über ihren zweiten Spielfilm nach “Corpo Celeste” (2011) vor Journalisten in Cannes. “Ich wollte mich bei der Arbeit einfach nur wie zuhause fühlen.” Wenn dann am Ende ein Kamel im Garten sitzt, scheint dieses Zuhause ebenso illusorisch und märchenhaft wie die überzeichnete Fernsehwelt, die in der Inszenierung einer bizarren Show in einer Höhle gipfelt. Eine Fabel, die noch lange im Kopf bleibt.

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(APA)

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