Dank dieser Eigenschaften sind solche Häuser noch heute brauchbar, und von manchen lässt sich mit Gewissheit sagen: werden es noch Generationen lang sein. Dann nämlich, wenn sie nach einer Umwandlung sämtlichen heutigen Anforderungen genügen. Erstaunlicherweise kann das so weit gehen, dass man das dem Haus gar nicht ansieht! So verhält es sich beim Umbau von Haus Bischof in Au. Man muss schon die Bregenzer Ach überqueren, um auf der Rückseite den Wandel zu sehen – irgendwie lässig.
Umso erstaunlicher, wenn man das Haus betritt. Durch ein Sockelgeschoß mit Garage, ehemaliger Schmiede und einer in Weiß und gleißendes Licht getauchten Garderobe gelangt man über eine Treppe aus Schwarzstahl in das eigentliche Wohngeschoß. Alles, was modernste Wohnkultur ausmacht, ist hier versammelt: fließender Raum, viel Tageslicht, heller Boden, präzise geschnittene Wände, freistehender Küchenblock.
Die junge Familie, die sich hier neu eingerichtet hat, kommt vom Ort. Und hatte bemerkenswerterweise das Haus schon gut zwanzig Jahre bewohnt, bevor sie sich vor einem Jahr zum Umbau entschloss. Die Kinder sind mehr und größer geworden, das eine, bewohnte Stockwerk wurde doch zu klein und so entschied man sich zum radikalen Schnitt. Das ererbte Haus wurde konsequent ausgeräumt, ein zusätzliches Stockwerk einbezogen, vom befreundeten Architekt Albert Rüf aus einem Guss und mit viel Freiheit geplant. Heraus kamen Licht, Luft, viel Platz und strenge Gestaltung. Und das in so einem alten Wälderhaus?
Nun hat der Bregenzerwald ja weitere Embleme. Ganz vorne steht die Wälder Tracht. Man sagt ihr eine klare Linie nach, die zu strenger Haltung anhält. Hat diese Raumgestaltung etwas vom Geist dieser Tracht? Den schwarzen Glanz, das blaue Band gewiss nicht: Der Boden ist durch Titanoxyd-Zugabe aufgehellter und angeschliffener Beton, Wand und Decke aus hellen Birkensperrholztafeln – so ist es im Wohnbereich, der einstigen Stube, Gaden und Flurküche. Im Schlafbereich in der angrenzenden, ehemaligen Tenne und den Obergeschoßen wechselt das: Hier ist der Boden weiß geölte Eiche, Wand und Decke dagegen sind Gipskarton, weiß gestrichen. Die Bäder sind weiß mit Steinzeugfliesen am Boden, geometrisch gemustert in Hellbraun mit Weiß. Eine Linie, ganz klar. Die setzt sich in der Ausführung fort: die Wandverkleidung läuft fugenlos um die Wände, Türen eingeschlossen. Dagegen zur Decke und Boden eine präzise durchgehaltene Fuge von 5 mm, nicht zuletzt zur Luftzirkulation vor der innen angebrachten Dämmung von 6 cm-Holzfaserplatten auf dem Strick, der – ziemlich lässig – samt Schindelpanzer nicht angetastet wurde. Von gleicher Präzision wie die Raumhülle ist die Küche – weiß lackiert die Schränke und die beiden Küchenblocks, Arbeitsfläche Corian, weiß. Lediglich die alten Fenster und die Raumhöhe von 2,03 m erinnern an das alte Haus – doch das merkt man lange gar nicht, dank des wichtigsten räumlichen Eingriffs: Was früher Flur mit Küche war, ist zweigeschoßig geöffnet. Zur Straßenseite die über drei Stockwerke durchgehende Stahltreppe, dann eine Lesegalerie und schließlich ein viereinhalb Meter hoher Essplatz – „das ist die neue Mitte des Hauses, zentral für die Familien-Atmosphäre, wo ja jetzt jeder sein eigenes Zimmer hat“, so die Bauherrin. „Heute führt dieser Raum zusammen“, ergänzt Architekt Rüf, „wie es früher die Flurküche tat.“
Nicht nur der weiteste Raum, nicht nur auch hier der perfekte Glanz der hellen Birke – es ist auch der hellste Raum. Sprossenlos von Wand zu Wand und Boden zur Decke öffnet er sich nach draußen, nach Süden, im Vordergrund die Bregenzer Ach, im Hintergrund der Zitterklapfen. Es war schon eine besondere Aktion, 13 m2 Dreifachverglasung – vielleicht das größte Einzelstück im Bregenzerwald – dicht einzubauen. Von der Küche nebenan geht eine Schiebetür auf den davor liegenden Balkon. Nur diese Seite – die nebenan gelegenen beiden neuen Schöpfe mitgenommen – zeigt nach außen die Verwandlung, die im Innern stattgefunden hat.
Eine Verwandlung, die jungen Bregenzerwäldern angemessen ist. Und wer in einem der führenden Technologieunternehmen des Landes in leitender Stellung tätig ist, dem steht Perfektion zu Hause wohl gut zu Gesicht. Das schließt technische Prototypen ebenso wie bautechnische Glanzleistungen ein. Und doch fragt man sich: Wäre es nicht schön, wenn man die große Glasfläche zum Balkon öffnen könnte – nähme man dafür nicht einige Sprossen in Kauf? Ein wenig lässiger? Doch: Denken die jungen, modernen Wälder anders? Ist das Wälder Art? Da kommt sie einem wieder in den Sinn, die Wälder Tracht: starke Haltung, eigener Stolz, Formwille – das hat seinen Preis. Es geht eben ein „kleinle“ strenger zu.
Daten und Fakten
Objekt: Haus Bischof, Einfamilienhaus, Au
Eigentümer: Edith und Thomas Bischof
Architekt: ARSP – Architekten Rüf Stasi Partner, Dornbirn, Albert Rüf, Frank Stasi
Statiker: Mader & Flatz Ziviltechniker GmbH, Bregenz
Planung: 7/2013–8/2014
Ausführung: 2/2014–8/2014
Wohnnutzfläche: 404 m²
Keller: 38 m²
Grundstücksgröße: 1119 m²
Bauweise: Erdgeschoß Steinmauerwerk, Obergeschoß Strick- und Innenwand; Innendämmung 5 cm an bestehende Wand, Schindelschirm
Keller, Garage: Mauerwerk (Bestand)
Fußböden: Massivdielen Eiche, Zementfließestrich, Zementfliesen
Heizung: Bestand
Innenwände neu: Sperrholz (Sichtoberflächen) Fenster Holzfenster (Bestand), Fenster neu, 3-fach Isolierglas
Ausführung: Abbruch: Dietrich, Egg; Zimmerer: Muxel Holzbau, Au; Fenster: Schwarzmann, Schoppernau; Verglasungen: Glas Marte GmbH, Bregenz; Innenausbau: Kaufmann, Reuthe; Böden: Christian Greußing, Bezau; Heizung/Lüftung: Installationen Beer, Au; Elektrotechnik: Team Drei, Lustenau; Tischler: Hutle, Dornbirn; Dachdecker: Spenglerei Dietmar Albrecht, Au; Estrich: Vigl & Strolz, Schoppernau; Maler: Moosbrugger Malerei-Werbetechnik, Au; Schlosser: Figermetall, Bezau; Ofenbauer: Anton Beer, Schoppernau; Fliesenleger: Moosbrugger Fliesen und Naturstein, Au; Schindeln: Wilfried Muxel, Au
Quelle:
Leben & Wohnen – die Immobilienbeilage der Vorarlberger Nachrichten
Für den Inhalt verantwortlich:
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