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Merkel: "Werden Regierung an Taten messen"

©AFP
Angela Merkel (CDU) sieht eine gute Grundlage für eine intensive Zusammenarbeit mit Bundeskanzler Sebastian Kurz. Auf die Regierungsbeteiligung der FPÖ angesprochen meint sie, man werde Österreich genauer beobachten.

Merkel sagte am Mittwoch nach einem Treffen mit Kurz in Berlin, es gebe wenig Trennendes in den Beziehungen zwischen Deutschland und Österreich. Sie wies auf die Klage Österreichs vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die deutsche Pkw-Maut hin.

Merkel sagte angesprochen auf die Regierungsbeteiligung der FPÖ, die Bundesregierung werde die neue österreichische Regierung an ihren Taten messen” “Natürlich haben wir auch über den Koalitionspartner gesprochen”, sagt sie im Gespräch mit der Presse. Merkel laut “Kurier” und “Heute”: Man beobachte die österreichische Regierung “etwas stärker, als man es sonst getan hätte.”

Video: Pressekonferenz von Kurz und Merkel

Der 31-Jährige kam einen Monat nach Bildung der Regierung in Österreich erstmals in seiner neuen Funktion nach Berlin. Das Verhältnis der beiden Staaten war in den vergangenen Jahren immer wieder von unterschiedlichen Ansichten gerade in der Migrationspolitik geprägt.

Merkel und Kurz: Nettozahler sprechen sich über EU-Haushalt ab

Die EU-Nettozahler werden nach Angaben von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) und der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Positionen vor den Finanzverhandlungen der Gemeinschaft eng koordinieren. “Es wird eine Abstimmung der Nettozahler geben”, kündigte Merkel nach dem Treffen mit Kurz an.

Im Frühjahr beginnen die Verhandlungen über den siebenjährigen EU-Finanzrahmen nach 2020. “Wir sind der Meinung, wir können sehr gut neue Aufgaben auch stärker in den Fokus nehmen”, sagte Merkel mit Blick auf den EU-Außengrenzschutz.

Einsparungen eingemahnt

Kurz mahnte wie Merkel, dass die EU-Regierungen in der Debatte, wer die britischen Beiträge nach einem Brexit übernehmen solle, auch an Einsparungen und mehr Effizienz im EU-Haushalt denken müsse. Merkel bekräftigte zudem ihre Bereitschaft, in Maßen mehr Geld für angeschlagene Euro-Zonen-Länder zur Verfügung zu stellen. “Ich kann mir im Zusammenhang mit Reformen, die einzelne Euro-Länder durchzuführen haben, sehr wohl zusätzliche Mittel in begrenztem Umfang vorstellen”, sagte sie. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will dagegen ein hohes eigenes Euro-Zonen-Budget.

EU-Finanzminister: Merkel Skeptisch

Kritisch äußerte sich die Kanzlerin zu Ideen, dass man den Posten eines EU-Finanzministers schafft, der in Personalunion sowohl der EU-Kommission angehören als auch Eurogruppen-Vorsitzender sei soll. Sie persönlich sehe das “sehr skeptisch”. Wichtiger als solche Personaldebatten sei, dass man erst einmal kläre, welche Aufgaben in der Euro-Zone überhaupt anstünden.

Übereinstimmungen betont

Was sie von Kurz in dem persönlichen Gespräch über die Europapolitik gehört habe, stimme sie zuversichtlich, so Merkel. Kurz bat in seiner Antwort auf eine entsprechende Frage aus deutschen Journalistenkreisen, um Fairness. Die Arbeit seiner ÖVP-FPÖ-Koalition möge anhand der Ergebnisse bewertet werden. In Österreich habe es freie und faire Wahlen gegeben, die eben den Wunsch der Bevölkerung nach einer Veränderung zum Ausdruck gebracht hätten.

Sowohl Merkel als Kurz betonten, dass es in den meisten europapolitischen Fragen große Übereinstimmung gebe. Unter guten Nachbarn sei es aber auch erlaubt, in gewissen Punkten unterschiedlicher Ansicht zu sein.

Flüchtlingsfrage: Außengrenzen sollen effektiv geschützt werden

Gerade in der Flüchtlingsfrage, in der Merkel und Kurz in der Vergangenheit nicht immer harmoniert hatten, sei man einer Meinung, dass eine Lösung nur über einen effektiven Schutz der Außengrenzen und der partnerschaftlichen Förderung der Perspektiven der Herkunftsländer (Kurz: “Hilfe vor Ort”) erzielt werden könne. Der Außengrenzschutz müsse auch in den künftigen EU-Budgetverhandlungen stärker berücksichtigt werden, so Merkel.

Die deutsche Kanzlerin stellte aber auch klar, dass sie kein Verständnis habe, wenn sich gewisse EU-Länder nicht solidarisch zeigten und die Quotenregelung der EU ignorierten. Kurz unterstrich in diesem Zusammenhang allerdings, dass Österreich schon rein geografisch die Funktion des Brückenbauers zu den Visegrad-Staaten wie Ungarn, Tschechien oder Polen einnehme. Diese lehnen verbindliche Quoten ab. Er meinte dazu weiter, dass diese Diskussion “etwas zu viel” Raum einnehme. “Ich bin überzeugt davon, dass die Lösung der Migrationsfrage in einem ordentlichen Außengrenzschutz und einer stärkeren Hilfe vor Ort liegt.” Womit er mit seiner Amtskollegin wieder im Gleichschritt war.

Perspektive für Länder des Westbalkans

Einigkeit herrschte zwischen Merkel und Kurz auch darin, dass den Ländern des Westbalkans weiter eine EU-Perspektive gegeben werden müsse. Der “europäische Einfluss” in der Region dürfe nicht verloren gehen, forderte Kurz. Sonst würden sich dort andere Einflüsse breitmachen, sagte Kurz in Anspielung auf entsprechende Avancen Russlands oder Saudi-Arabien und der Türkei im Balkanraum.

“Verbundenheit in vielen Bereichen” betont

Es habe “wenig Trennendes” gegeben, sagte Merkel, und Kurz betonte die starke “Verbundenheit in vielen Bereichen” mit Österreichs “wichtigstem Wirtschaftspartner”. Er ließ auch gleich die Zahlen sprechen. Importen in der Höhe von 50 Milliarden Euro würden Exporte im Ausmaß von 40 Milliarden Euro gegenüber stehen, meinte der Bundeskanzler. Im Vorjahr seien zudem 13 Millionen Gäste aus Deutschland nach Österreich gekommen. Zudem würden 200.000 Österreicher in Deutschland und 180.000 Deutsche in Österreich leben. Er habe sich jedenfalls “sehr über das Gespräch gefreut”. Dieses war auch eine halbe Stunde später zu Ende als vorgesehen.

Altersunterschied kein Problem

Auch der Altersunterschied von über 30 Jahren stellte nach Darstellung von Kurz (31) und Merkel (63) kein Problem dar. “Der Bundeskanzler Österreichs ist jung, das ist unbestreitbar. Aber wir arbeiten daran, dass wir gute Partner sind”, sagte die CDU-Politikerin. “Mir sind die Jüngeren genauso lieb wie die Älteren.” Irgendwann bemerke man ohnehin, “dass man rüberrutscht zu den Älteren”. Das gehöre zum Leben einfach dazu. Auch Kurz gestand ein, noch recht jung zu sein. “Aber es wird von Tag zu Tag besser.” Die Lacher hatten Kanzlerin und Kanzler damit auf ihren Seiten…

Liveticker-Nachlese vom Kurz-Besuch

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