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Ku-Klux-Klan - Rassismus unter weißen Kapuzen

Organisation nach Ende des US-Bürgerkriegs gegründet - Bis heute 8.000 Mitglieder.
Organisation nach Ende des US-Bürgerkriegs gegründet - Bis heute 8.000 Mitglieder. ©AP
Der rassistische Ku-Klux-Klan wurde in seiner ursprünglichen Form 1865 im US-Staat Tennessee gegründet. Mit Morden an Afroamerikanern und Attentaten auf Politiker kämpfte der Geheimbund gegen die Abschaffung der Sklaverei. Bei nächtlichen Überfällen trugen Mitglieder weiße Kutten mit Kapuzen und verbreiteten mit brennenden Kreuzen Angst und Schrecken. 1882 wurde die Organisation aufgelöst.

Vor 100 Jahren erfolgte die Neugründung bei Atlanta (Georgia). Der Klan soll um 1925 vier Millionen Mitglieder gezählt haben. Auch unter dem Namen “Knights of the Great Forest” (Ritter des großen Waldes) ging er gegen Menschen anderer Hautfarbe und religiöse Minderheiten vor. 1944 wurde der Bund erneut aufgelöst, diesmal wegen Steuerschulden. Er nahm seine Aktivitäten aber nach wenigen Jahren erneut auf.

Nach Aufhebung der Rassentrennung in den 1960er Jahren erhielt der Klan wieder Zulauf. Bei Mordanschlägen und Bombenexplosionen seiner Aktivisten auf die schwarze Bürgerrechtsbewegung wurden mehrere Menschen getötet. Seit den 1990er Jahren greift der Klan gezielt schwarze Kirchengemeinden an.

Nach Schätzungen zählt der Ku-Klux-Klan in den USA heute bis zu 8.000 Mitglieder in mehreren unabhängigen Gruppen, die unter seinem Namen auftreten. Sie knüpften Kontakte zu Rechtsextremisten im Ausland. Die “Europäischen weißen Ritter vom brennenden Kreuz” (European White Knights of the Burning Cross) gelten als Ableger auch in Deutschland.

100 Jahre Kinofilm “Geburt einer Nation”

Grausige Szenen, die sich lautlos zu aufgewühlter Orchestermusik abspielen. Maskierte Weiße stellen einen gefesselten schwarzen Mann vor ein Geheimgericht. Eingeblendete Schrifttafeln sind kurz und eindeutig. Erst: “Der Prozess”. Dann: “Schuldig”. Der Mann wird zur Hinrichtung weggeschleppt.

Zu sehen ist der Lynchmord im US-Stummfilm “Geburt einer Nation” (“The Birth of a Nation”), der am Sonntag vor 100 Jahren in Los Angeles uraufgeführt worden war. Was daran so verstört: Es sind die “Helden”, die “Guten”, die ein Exempel statuieren. Es sind die sympathisch dargestellten Leute, die morden. Sie wollen nach dem verlorenen Bürgerkrieg ihre alte Ordnung zurück.

Politisch hatte der Stummfilm verheerende Folgen. Die amerikanische Rassisten-Organisation Ku-Klux-Klan – 1915 schon Jahrzehnte aufgelöst – erwachte neu. Sie ist noch heute aktiv. Dennoch gilt das Werk von David Wark Griffith als Urknall des modernen Blockbuster-Films.

Ja, mit diesem Werk sei das Kino erst erwachsen geworden, lobte Oscar-Preisträger Martin Scorsese (“Taxi Driver”) einmal. Vom “ersten großen Propagandafilm der Kinematografie”, spricht das “Lexikon des internationalen Films”. Ähnlich Leni Riefenstahls “Triumph des Willens” wird eine menschenverachtende Botschaft perfekt inszeniert. “Der Film ist extrem wichtig”, so Kulturforscher Frank Kelleter vom John-F.-Kennedy-Institut für Nordamerikastudien. “In ‘The Birth of a Nation’ ist unglaublich viel vielleicht nicht erfunden, aber zum ersten Mal in solcher Dichte und Konsequenz umgesetzt worden, was für die Filmsprache sehr wichtig war.” Griffith habe der Kunstform Spielfilm verholfen, der Standard von Hollywood zu werden.

Südstaatler Griffith, der als künstlerisches Genie gilt, griff ausgerechnet die Entstehungsgeschichte jener Geheimorganisation auf, die bis in die Gegenwart für die Trennung nach Hautfarben und gegen die Gleichberechtigung nicht-weißer Menschen eintritt. So einiges dessen, was bei dem Drei-Stunden-Epos über zwei Familien im amerikanischen Bürgerkrieg vorkommt, zählt zu den dunkelsten Kapiteln von Rassismus in Hollywood. Das dürfte dazu beigetragen haben, dass nur ein kleiner Kreis von Filmliebhabern noch dieses Werk kennt, in dem ein Großteil der Schwarzen von schwarz geschminkten Weißen gespielt wird.

“Geburt einer Nation” sei “kontrovers und ausgesprochen rassistisch, aber auch ein Meilenstein und ein Meisterwerk”, urteilt dann auch heute US-Filmkritiker Tim Dirks. Er listet auf, was der Filmpionier hier einmal eben so erfand: Zum Beispiel einen auf die Bewegungen im Bild abgestimmten Soundtrack, Aufnahmen bei Nacht (dank Leuchtfeuern aus Magnesium), Massenszenen mit Hunderten Statisten, Dreharbeiten in freier Landschaft, historisch verbürgte Kulissen und Kostüme oder Nahaufnahmen, die das ganze Bild füllen. Die Liste ist noch länger.

Man könnte noch viel darüber schwärmen, wie der Regisseur Schlachten zwischen Nord- und Südstaaten von einem Turm aus befehligte, sogar echte Kanonen abfeuern ließ und riesige Truppenbewegungen wegen des unbeschreiblichen Lärms mit Spiegeln in Gang setzen ließ. Aber all dies lässt sich nicht losgelöst davon betrachten, dass er mit “Geburt einer Nation” vor 100 Jahren – wohl unbeabsichtigt – den Impuls gab, den Ku-Klux-Klan neu zu gründen. Mehr noch: Er prägte dessen Rituale.

Der Film besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil zeigt die Schlachten des Sezessionskrieges zwischen Nord- und Südstaaten. Der zweite Teil behandelt die vom Norden erzwungene Gleichstellung der Schwarzen in den Südstaaten. Griffith teilt die früheren Sklaven in zwei Gruppen: Wenige loyale Untergebene und eine Mehrzahl von Emporkömmlingen, die sich aufspielen und oft wild nach weißen Frauen sind. Die Weißen: gedemütigt. Eine grelle Verdrehung der historischen Ereignisse.

Der Monumentalfilm präsentiert nach zwei Stunden dann schließlich die rettenden “Erlöser”. Die Gründer des “Klans”. Griffith zeigt, wie Südstaaten-Frauen aus Leintüchern weiße Umhänge und Masken nähen. Auch die Pferde erhalten diese Kluft. Mit brennenden Kreuzen jagen die Mitglieder des Geheimbundes missliebigen Afroamerikanern Schrecken ein. Ihr Triumphzug zur Melodie des “Walkürenritts” von Richard Wagner läutet dann auch das Finale des Filmes ein. Gedreht wurden die Pferde – auch dies eine Weltneuheit – frontal von einer Kamera im Erdloch. “Geburt einer Nation” wurde kommerziell der größte Stummfilm-Erfolg jeher.

Nicht wenige Kritiker waren schon damals über die Darstellung entsetzt, in mehreren Großstädten gab es Rassenkrawalle. Was der Film aber vor allem bewirkte: Der Ku-Klux-Klan, der Anfang der 1870er Jahre vom “Großen Hexenmeister” Nathan Bedford Forrest für aufgelöst erklärt worden war, erstand 1915 kurz nach der Filmpremiere wieder auf, angeführt vom Methodistenprediger William Joseph Simmons.

“Das kann kein historischer Zufall sein”, sagt Forscher Kelleter. “Vor allem wenn man bedenkt, welche öffentliche Aufmerksamkeit der Film auf sich gezogen hat und mit welcher Durchschlagskraft seine Ästhetik bestimmte Effekte erzeugt.” Das bis heute markanteste Symbol des Klans – das brennende Kreuz – schauten sich die Rassisten direkt von Griffith ab. Der Original-Klan hatte dieses Terrorinstrument noch nicht gekannt. “Das Schlimmste an ‘Geburt einer Nation’ ist, wie gut dieser Film ist”, schrieb “New Yorker”-Kritiker Richard Brody 2013.

(APA)

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