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Krim-Krise: Putin bestreitet Besetzung der Krim durch russisches Militär

Russische Soldaten blockieren eine ukrainische Marinebasis, während immer mehr russische Truppen auf die Krim verlegt werden.
Russische Soldaten blockieren eine ukrainische Marinebasis, während immer mehr russische Truppen auf die Krim verlegt werden. ©AP
Der russische Präsident Wladimir Putin hat seine Drohung mit einer Militärintervention auf der Krim bekräftigt. "Derzeit" gebe es keine Notwendigkeit, Truppen auf die Krim zu entsenden, doch habe Russland die Option, dies zu tun, sagte Putin bei einer Pressekonferenz in Moskau.
Krim-Krise aus russischer Sicht
Die Entwicklung am Montag
Plant Putin eine Annexion?
Stationierte Soldaten auf der Krim
Anti-Putin-Proteste

Nicht näher ein ging Putin auf die Frage, wie die aktuell auf der Krim stationierten rund 16.000 Soldaten zu verstehen sind, wenn sich Russland die Option einer Truppenentsendung noch “offen” halte. Der Einsatz von militärischer Gewalt in der Ukraine wäre “das letzte Mittel”, betonte Putin.

Putin warnt den Westen vor Sanktionen

Putin bei der Pressekonferenz. (Bild: EPA)
Putin bei der Pressekonferenz. (Bild: EPA) ©Putin bei der Pressekonferenz. (Bild: EPA)

Jede Intervention wäre “legitim” und bliebe “im Rahmen des Völkerrechts”, sagte er mit Blick auf die scharfe Kritik am russischen Vorgehen. Offen warnte der russische Präsident den Westen, etwaige Sanktionen würden und nicht unbeantwortet bleiben und beide Seiten würden Schaden nehmen. Aus dem Kreml wurde zuvor die Möglichkeit lanciert, Russland könnte seine US-Anleihen auf den Markt werfen.Offen zeigte sich Putin für den deutschen Vorschlag einer internationalen Kontaktgruppe im Ukraine-Konflikt. “Im Prinzip ist das möglich”, sagte er am Dienstag vor Journalisten. Außenminister Sergej Lawrow sei dazu im Gespräch mit seinen Amtskollegen.

Putin will Krim-Bevölkerung entscheiden lassen

Putin unterstützt das geplante Referendum über die Unabhängigkeit der Halbinsel Krim. Nur die Bürger können und sollen über ihre Zukunft in einer freien und sicheren Willensentscheidung bestimmen. Derzeit sei kein Anschluss an Russland vorgesehen, vielmehr betonte Putin das Recht auf Selbstbestimmung.

Auf der Krim ist am 30. März eine Volksabstimmung über die Abspaltung geplant. Die prorussische Krim-Führung strebt einen Status als Staat an. Die ukrainische Führung hält dieses Referendum für rechtswidrig.

In seiner Pressekonferenz kritisierte er neuerlich den “verfassungswidrigen Umsturz” in Kiew. Der vor gut einer Woche gestürzte Präsident Viktor Janukowitsch bleibe “der einzig legitime Präsident” des Landes. Er habe zwar grundsätzlich Verständnis für den Wunsch nach Veränderung im Nachbarland, befürworte aber die Art und Weise nicht, betonte Putin.

Diplomatischer Druck wächst

Der diplomatische Druck auf Russland in der Krim-Krise wächst: Washington und die EU drohen mit Sanktionen, sollte Moskau seine Truppen nicht zügig von der ukrainischen Halbinsel zurückziehen. – Vor einer Luftwaffenbasis gaben russische Soldaten Warnschüsse ab, um ukrainische Soldaten am Betreten derselben zu hindern.

In einer besetzten Luftwaffenbasis auf der Krim fielen am Dienstagmorgen Schüsse: Russische Soldaten drängten ukrainische Soldaten mit Warnschüssen zurück. Die rund 300 ukrainischen Militärangehörigen kamen unbewaffnet zu ihrem Stützpunkt in Belbek und forderten die Besatzer auf, sie wieder an ihre Arbeit gehen zu lassen. Die russischen Soldaten feuerten in die Luft und warnten, sie würden auf sie schießen, wenn sie sich weiter näherten.

Russische Kriegsschiffe unterwegs

Mitten in der Krim-Krise haben zwei russische Kriegsschiffe Kurs auf das Schwarze Meer genommen. Die “Saratow” und die “Jamal” passierten nach Berichten türkischer Medien am Dienstag in der Früh den Bosporus in der Metropole Istanbul. Die USA verlegten unterdessen einen Flugzeugträger nach Griechenland. Der Kreml drohte mit Vergeltung, sollten die USA Sanktionen gegen Russland verhängen.

Die beiden russischen Kriegsschiffe gehören zur Verband der Schwarzmeerflotte auf der Krim. In den vergangenen Tagen hatte Moskau Truppen im Umfeld der Halbinsel zusammengezogen, nach ukrainischen Angaben wurden 16.000 Soldaten auf die Krim verlegt. Unterdessen ging ein russisches Truppenmanöver in Westrussland zu Ende, an der in den vergangenen Tagen 150.000 Soldaten teilgenommen hatten.

Flugzeugträger vor Anker

Um Präsenz zu zeigen, ließ die US-Armee den Flugzeugträger USS George H. W. Bush vor dem Hafen von Piräus vor Anker gehen. Die Einfahrt der Dardanellen, die zum Schwarzen Meer führen, ist von dort nur etwa zehn Stunden entfernt. Militärexperten halten es jedoch für unwahrscheinlich, dass das 300 Meter lange Schiff in das geschlossene Meer einfährt, da dieses für Flugzeugträgeroperationen nicht geeignet ist. Auf dem Flugzeugträger befindne sich 3.500 Soldaten und mehrere Kampfjets. Auf der Krim war die Lage am Dienstagvormittag weitgehend ruhig. Unbestätigten Berichten zufolge übernahmen ukrainische Soldaten nach Verhandlungen mit russischen Einsatzkräften wieder einen Teil des Flughafens Belbek bei Sewastopol. Der ukrainische Grenzschutz teilte in der Nacht mit, russische Soldaten hätten auf einer Fähre nach Kertsch im Osten der Krim übergesetzt.

USA stoppen militärische Kooperation

Als erste Reaktion friert das Pentagon die militärische Zusammenarbeit mit Russland ein. Alle “militärischen Verbindungen” seien unterbrochen worden, teilte das Pentagon am Montag in Washington mit. Dies betreffe bilaterale Treffen und Übungen, die Zwischenstopps von Schiffen sowie militärische Planungskonferenzen. Dieser Schritt erfolge “vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse in der Ukraine”.

US-Streitkräfte beobachten Situation

Russland wird in einer Erklärung aufgerufen, die russischen Streitkräfte auf der Krim in ihre Stützpunkte zurückzubeordern und für eine Entschärfung der Krise zu sorgen. Die US-Streitkräfte verfolgten die Entwicklung vor Ort genau und stünden in engem Kontakt mit ihren Verbündeten, insbesondere den NATO-Partnern, hieß es weiter.
 

US-Außenminister Kerry warnte Russland auch vor einem Ausschluss aus den G8.(Bild: AP)
US-Außenminister Kerry warnte Russland auch vor einem Ausschluss aus den G8.(Bild: AP) ©US-Außenminister Kerry warnte Russland auch vor einem Ausschluss aus den G8.(Bild: AP)

 
Russland bleibt aber stur und begründet seinen Militäreinsatz mit einem Hilferuf des abgesetzten Präsidenten Viktor Janukowitsch. US-Außenminister John Kerry wird am Dienstag zu Gesprächen in der Ukraine erwartet. Er will in Kiew mit Vertretern der neuen Regierung zusammentreffen.

Angebliches Ultimatum Russlands verstrichen

Ein mögliches russisches Ultimatum an die ukrainischen Streitkräfte auf der Krim bezeichneten die USA als “gefährliche Eskalation”. Es gebe aber bislang keine unabhängigen Informationen darüber, ob entsprechende Berichte richtig seien. Ein Stabsvertreter der russischen Schwarzmeerflotte hatte die Berichte als “Blödsinn” eingestuft.

Das angebliche Ultimatum, demzufolge die ukrainischen Streitkräfte auf der Krim ihre Waffen niederlegen hätten sollen, wäre in der Nacht auf Dienstag abgelaufen. Am Morgen schien die Lage auf der Krim jedenfalls unverändert angespannt, aber ruhig.

Ukrainische Führung will Krim nicht aufgeben

Der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk warf Putin einen schweren Bruch des Völkerrechts vor. “Unsere russischen Nachbarn haben ohne Grund einen Akt der Aggression auf unserem Staatsgebiet begangen. Die autonome Republik Krim war, ist und bleibt auch ukrainisches Territorium”, sagte Jazenjuk der “Bild”-Zeitung. Zugleich forderte Jazenjuk eine friedliche und diplomatische Lösung: “Man darf sich so im 21. Jahrhundert nicht verhalten. Mit Panzern, Soldaten und Drohungen erreicht man nichts.”
 

Ein russischer Checkpoint von vielen auf dem Weg zu einem ukrainischen Stützpunkt. (Bild: EPA)
Ein russischer Checkpoint von vielen auf dem Weg zu einem ukrainischen Stützpunkt. (Bild: EPA) ©Ein russischer Checkpoint von vielen auf dem Weg zu einem ukrainischen Stützpunkt. (Bild: EPA)

 
US-Präsident Obama warnte am Montag, seine Regierung erwäge eine ganze Reihe von Maßnahmen, um Russland zu isolieren und ökonomisch zu schaden. Die Staats- und Regierungschefs der 28 EU-Staaten könnten schon am Donnerstag auf einem Sondergipfel Gespräche mit Moskau über Visa-Erleichterungen aussetzen oder gar Einreiseverbote verhängen sowie Bankkonten einfrieren.

Janukowitsch bittet Putin um Hilfe

Archivbild vom Dezember 2013: Putin und
Archivbild vom Dezember 2013: Putin und "sein Mann" in der Ukraine, Ex-Präsident Janukowitsch. ©Archivbild vom Dezember 2013: Putin und “sein Mann” in der Ukraine, Ex-Präsident Janukowitsch.

Während einer weiteren Sitzung des UN-Sicherheitsrats sagte Russlands UN-Botschafter Witali Tschurkin am Montag, Janukowitsch habe Putin und die russischen Streitkräfte nach dem Umsturz gebeten, “Recht und Ordnung wiederherzustellen”. Tschurkin zitierte im UN-Sicherheitsrat aus dem übersetzten Brief und sprach hinterher mit Journalisten darüber. “Die Leute werden aus politischen und sprachlichen Gründen verfolgt”, hieß es in dem Schreiben.

“16.000 russische Soldaten auf der Krim”

In diesem Zusammenhang werde Putin aufgerufen, mit Hilfe der russischen Streitkräfte “das Gesetz, den Frieden, die Ordnung und Stabilität wiederherzustellen und die Bürger der Ukraine zu schützen”. Tschurkin sagte, der Brief datiere vom 1. März. Russland unterstützt nach wie vor Janukowitsch, obwohl er vom Parlament abgesetzt wurde. Der ukrainische UN-Botschafter Juri Sergejew warf Russland auf einer Dringlichkeitssitzung am Montagabend vor, es habe seit dem 24. Februar rund 16.000 Soldaten auf die Krim verlegt.

Ein ukrainischer Soldat sitzt in seiner Kaserne fest, davor stehen russische Soldaten Wache. (Bild: EPA)
Ein ukrainischer Soldat sitzt in seiner Kaserne fest, davor stehen russische Soldaten Wache. (Bild: EPA) ©Ein ukrainischer Soldat sitzt in seiner Kaserne fest, davor stehen russische Soldaten Wache. (Bild: EPA)

 Obama: “Putin steht auf der falschen Seite”

Obama bilanzierte, Russland befinde sich im Ukraine-Konflikt “auf der falschen Seite der Geschichte”. Bei einem Treffen mit Israels Ministerpräsident Netanyahu sagte er vor Reportern im Weißen Haus: “Russland kann nicht straffrei seine Soldaten einsetzen und die Grundprinzipien verletzen, die rund um die Welt anerkannt werden.” Wenn Russland weiter den Weg der Militärintervention beschreite, könne dies für das Land kostspielig werden.

Die Krise in der Ukraine nach dem Sturz des prorussischen Präsidenten Janukowitsch und das Eingreifen Russlands auf der Halbinsel Krim haben Befürchtungen vor einem Krieg in der Region ausgelöst. Putin ließ sich am Wochenende vom Parlament grünes Licht für eine militärische Intervention im Nachbarland geben.

Gazprom streicht Gas-Rabatt

Inmitten der Krim-Krise hat der russische Energieriese Gazprom angekündigt, der Ukraine die bisher gewährten Rabatte beim Gaspreis zu streichen. Ab April muss die Ukraine demnach den vollen Preis zahlen, wie Gazprom-Chef Alexej Miller am Dienstag in Moskau mitteilte. Das Unternehmen gewährt der Ukraine bisher einen Rabatt von 30 Prozent.Moskau. Gazprom schlug auch vor, der ukrainischen Regierung einen Kredit in Höhe von zwei bis drei Milliarden US-Dollar zu gewähren, damit sie ihre Gas-Schuld begleiche. Die Ukraine steht bei Gazprom gegenwärtig mit rund 1,5 Mrd. Dollar (1,1 Mrd. Euro) in der Schuld.

Noch am gestrigen Montag hatte das russische Staatsunternehmen mitgeteilt, dass es nicht an eine Streichung des Rabatts denke. Russland hatte den Gaspreis schon mehrmals als politisches Druckmittel gegenüber der Ukraine eingesetzt. Im vergangenen Dezember vereinbarte der damalige Präsident Viktor Janukowitsch milliardenschwere Rabatte auf den Gaspreis. Nach dem Sturz von Janukowitsch war eine Streichung der Rabatte allgemein erwartet worden.

 

(red/dpa/APA)

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