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Krankenhäuser: Millionen-Vergeudung durch viel zu wenig Abstimmung

Krankenhaus Dornbirn geht in vielen Bereichen einen Sonderweg
Krankenhaus Dornbirn geht in vielen Bereichen einen Sonderweg ©Stadt Dornbirn
Dornbirn - Obwohl das Krankenhaus Dornbirn nur wenige Kilometer von den Krankenhäusern der landeseigenen KHBG entfernt ist, mangelt es bei Investitionen und Betriebsabläufen an Koordination und Abstimmung zwischen den zwei Trägern, berichtet die Wirtschaftspresseagentur am Freitag.

Vorarlberg hat mit der landeseigenen Krankenhaus-Betriebsgesellschaft mbH (KHBG) mit ihren fünf Krankenhäusern und dem Krankenhaus der Stadt Dornbirn zwei voneinander unabhängige Krankenhaus-Träger. Obwohl das Krankenhaus Dornbirn nur ein paar Fahrminuten und noch weniger Flugminuten von mehreren KHBG-Krankenhäusern entfernt ist und das Bundesland eine überschaubare Größe hat, findet bislang selbst bei millionenschweren und auf Jahrzehnte hinaus angesetzten Investitionen keine wirkliche Abstimmung zwischen den zwei Trägern außerhalb der medizinischen Zusammenarbeit statt. Diese mangelnde Abstimmung unter den Augen des Landes geht millionenschwer ins Geld und erstaunt angesichts des ständigen Klagens über die explodierenden Kosten im Gesundheitswesen, berichtet die Wirtschaftspresseagentur.

Es würde zwar mit der Gesundheitsplattform des Landes, einem Organ des Landesgesundheitsfonds, eine Einrichtung für die Koordination und Abstimmung von Investitionen und Aufgaben zwischen den Krankenhäusern geben. Allerdings entscheidet die Gesundheitsplattform auf Basis eines langjährigen “Regionalen Strukturplanes Gesundheit”, innerhalb dessen sich die Träger relativ frei bewegen können. Und auch wenn dieser regionale Strukturplan offiziell von der Landeszielsteuerungskommission beschlossen wird, wo formalrechtlich zwei Landesräte sowie diverse Sozialversicherungsträger und Vertreter vom Gesundheitsministerium drin sitzen, so ist es ein offenes Geheimnis, dass auch führende Vertreter der Vorarlberger Krankenhausträger hinter den Kulissen in diese Gespräche eingebunden sind. Deshalb verwundert es auch nicht, dass Investitionsvorschläge der beiden Träger in der Regel von der Gesundheitsplattform bewilligt werden.

Ein Platzhirsch

Wer hierzulande im Gesundheits- bzw. Spitalswesen das Sagen hat, ist aufgrund der Größenverhältnisse und Zuständigkeiten klar. Dem Krankenhaus Dornbirn mit rund 280 Betten, 71.000 Patienten, sieben Primariaten und 900 Mitarbeitern steht die KHBG mit mehr als 1.500 Betten, 450.000 Patienten, 44 Primariaten und 4.000 Mitarbeitern gegenüber. Der Marktanteil der KHBG liegt bei etwa 85 Prozent. Dazu kommt, dass es sich bei Dornbirn – einem der letzten städtischen Krankenhäuser in Österreich – um ein Standardkrankenhaus handelt und sehr viele Spezialbereiche sowie die Sonderkrankenanstalten bei der KHBG angesiedelt sind, wodurch das Aufgabenspektrum der KHBG wesentlich breiter ist. Angesichts dieser eindeutigen Größenverhältnisse müsste man meinen, dass die Verantwortlichen im Rathaus Dornbirn alles daran legen, um alle möglichen Synergieeffekte für ihr Haus zu nutzen und sich mit der KHBG unter Führung des Landes bei den Investitionen gerade im Ballungsraum Rheintal im Detail abzustimmen.

Gelder kommen aus einem Topf

Für Steuerzahler, Krankenversicherte und Privatversicherte ist es per se unerheblich, wie viele Trägersysteme bestehen, zumal deren Anzahl nichts über die Effizienz aussagt und große Kostenbrocken wie für Personal oder Medikamente durch Fusionen nicht aus der Welt geschafft werden. Viel wichtiger ist: Am Ende des Tages werden beide Systeme aus den gleichen öffentlichen Töpfen finanziert. Es geht um die Kosten für das Gesamtsystem. Und hier gilt wie überall, wenn es um öffentliches Geld geht, dass es nach den Grundsätzen der Ordnungs- und Rechtsmäßigkeit sowie der Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit zu verwenden ist. Doch da gibt es in Vorarlberg in Bezug auf Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit aufgrund der mangelnden Abstimmung zwischen den zwei Trägern noch erheblichen Verbesserungsbedarf.

Dornbirner Landeplatz für 1,3 Patienten pro Woche

Jüngstes Beispiel ist der geplante Hubschrauberlandeplatz auf dem Krankenhaus Dornbirn. Dessen Kosten belaufen sich auf 2,5 Millionen Euro. Über den alten Landeplatz auf dem Dach eines benachbarten Gebäudes wurde im Juli 2016 ein Flugverbot verhängt. Bis die neue Landeplattform im Juni 2017 in Betrieb geht, werden Patienten in die KHBG-Krankenhäuser Bregenz und Feldkirch geflogen. Eine Zwischenlösung, wo ein in der Nähe gelegenes städtisches Grundstück als Landeplatz dienen könnte, wurde von Dornbirn aus Kostengründen abgelehnt.

Hinsichtlich der Notwendigkeit dieses Landeplatzes bedeutet dies, dass es ohne Probleme möglich ist, ein Jahr lang ohne Landeplatz auszukommen. Denn die Stadt verweist darauf, dass die Krankenhäuser Bregenz und Feldkirch “nur wenige Flugminuten” von Dornbirn entfernt sind. Rettungshubschrauber-Piloten geben an, dass der Flug von Dornbirn nach Bregenz vier Minuten dauert. In 36 Minuten fliegt ein Rettungshubschrauber von Feldkirch nach Innsbruck. Bislang sind pro Jahr rund 70 Patienten auf dem Luftweg nach Dornbirn gekommen. Das sind etwa 1,3 Patienten pro Woche. Und auch hier handelt es sich nicht immer um Notfälle. “Nur ein Teil dieser Flüge betraf Patienten in lebensbedrohlichem Zustand”, teilte die Stadt selbst mit.

Bei Mehrheit der Einsätze kein Hubschrauber notwendig

Der Hubschrauber wird als Rettungssystem überbewertet, abgesehen vom unschlagbaren Zeitvorteil bei Bergungen aus schwer zugänglichem Gelände. Allerdings ist der Hubschrauber bei Nacht und schlechter Witterung nur bedingt einsetzbar. Notfallpatienten sind in einem Intensivmobil am Boden besser aufgehoben. Hier spielt der Zeitdruck aufgrund der vorhandenen medizinischen Geräte keine so große Rolle. Beim Hubschrauber muss es schnell gehen. Er muss aus Gewichtsgründen mit einer notfallmedizinischen Basisausstattung auskommen. Unter medizinischen Gesichtspunkten ist der primäre Hubschraubertransport nur dann angezeigt, wenn der Erkrankte eine schwere Störung der Gesundheit hat, bei der eine kurzfristige Entwicklung einer Lebensbedrohung nicht ausgeschlossen werden kann. Für die Einstufung werden die sogenannten NACA-Grade herangezogen. Die Einsatzstatistik 2015 des Christophorus 8 zeigt, dass in Vorarlberg fast 58 Prozent aller mit dem Hubschrauber transportierten Personen dieses Kriterium nicht erfüllten. Im Jahr 2014 waren es 63 Prozent, die zumindest aufgrund ihrer Verletzung keinen Hubschrauber benötigt hätten.

Notfallpatienten werden nicht zu Standardkrankenhäusern geflogen

Vergleicht man die Anflugstatistiken aller Krankenhäuser, so zeigt sich für 2015, dass rund 520 Patienten nach Feldkirch geflogen wurden. Knapp 290 waren es in Bludenz und etwa 90 in Bregenz. Der Abstand von Bregenz und Dornbirn insbesondere zu Feldkirch hängt damit zusammen, dass es sich hier um ein Schwerpunktkrankenhaus handelt. Bregenz und Dornbirn sowie Bludenz sind Standardkrankenhäuser mit erweitertem Versorgungsauftrag. In Hohenems und Rankweil befinden sich Sonderkrankenanstalten. Medizinische Notfälle werden auf dem Luftweg fast immer in ein Schwerpunktkrankenhaus gebracht – in Vorarlberg ist das nur Feldkirch -, wenn nicht sogar in ein Zentralkrankenhaus oder in ein medizinisches Zentrum wie Innsbruck. Und wenn Feldkirch nicht angeflogen werden kann und es auf jede Minute ankommt, dann steht in Bregenz eine Unfallvollabteilung mit Intensivstation zur Verfügung – vier Flugminuten von Dornbirn entfernt, wo es nur ein Satellitendepartement für Unfallchirurgie gibt.

Auch KH Hohenems hat keinen Landeplatz

Deshalb haben Experten Zweifel an der Notwendigkeit eines neuen Landesplatzes in Dornbirn. Auch das KHBG-Krankenhaus Hohenems hat keinen Landeplatz. Dazu kommt, dass Dornbirn kein medizinisches Alleinstellungsmerkmal seiner Leistungen hat und kein Schwerpunktkrankenhaus ist. Auf Nachfrage bei KHBG-Direktor Gerald Fleisch heißt es, dass die rund 70 jährlichen Heli-Patienten aus Dornbirn problemlos in den anderen Krankenhäusern mit Landeplatz versorgt werden könnten. “Dieses Geld könnte man aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten besser investieren”, so Fleisch. Doch in Dornbirn besteht man nach kurzer öffentlicher Diskussion auf dem Landeplatz und verweist auf einen Beschluss der Gesundheitsplattform. “Krankenhäuser von Dornbirns Größe müssen einen Heli-Landeplatz haben”, so das Argument von Vizebürgermeister Martin Ruepp.

Der Gesundheitsplattform als Organ des Landesgesundheitsfonds gehören Vertreter der Landesregierung, der KHBG, der Stadt Dornbirn, der Sozialversicherungen, der Ärztekammer, des Gemeindeverbandes, der Apothekerkammer und diverser Rettungsorganisationen an. Harald Kraft, Geschäftsführer des Landesgesundheitsfonds, sagte auf Anfrage, dass Dornbirn die Gelder des Fonds für den Landeplatz nicht zuletzt deshalb bekomme, weil es schon einen Landeplatz gegeben habe. Die Frage, ob es allerdings tatsächlich einen Bedarf für diesen Landeplatz gibt, wird damit nicht beantwortet. Das sei in dem Verfahren nicht geprüft worden, da es eigentlich eine Sanierung des Bestandes sei, so Kraft.

MPAV macht Gerätesterilisation für alle Krankenhäuser – außer für Dornbirn

Der Landeplatz ist nicht das einzige Beispiel, wo öffentliches Geld besser hätte investiert werden können. Ein anderer Fall ist die Medizinprodukteaufbereitung Vorarlberg GmbH (MPAV) in Feldkirch, ein Public-Private-Partnership-Projekt zwischen KHBG (51%) und der zum B. Braun-Konzern gehörenden SteriLog Instrumentenmanagement GmbH (49%). Die MPAV mit 40 Mitarbeitern übernimmt seit Jahren die Sterilisation der medizinischen Geräte der Krankenhäuser Bregenz, Hohenems, Rankweil, Feldkirch und Bludenz. Früher wurde das in jedem Krankenhaus separat durchgeführt. Bei der KHBG hat man sich zu dieser Bündelung entschieden, da die gesetzlichen Anforderungen und Qualitätsansprüche bei der Sterilgutaufbereitung sowie ein mögliches Haftungsrisiko immer stärker steigen.

Landesrechnungshof kritisiert Alleingang von Dornbirn

Im März 2016 veröffentlichte der Landesrechnungshof einen Prüfbericht über die MPAV. Darin kritisieren die Ländle-Prüfer wiederholt den Umstand, dass das Krankenhaus Dornbirn als einziges Krankenhaus in Vorarlberg sein medizinisches Besteck etc. nicht durch die MPAV sterilisieren lässt, obwohl die auch mit öffentlichen Mitteln finanzierte MPAV mit 20 Prozent noch ausreichend Kapazitäten frei habe. “Aus wirtschaftlicher Gesamtsicht erscheint eine Übernahme der Versorgung des Krankenhauses Dornbirn zur Nutzung der vorhandenen Infrastruktur weiterhin sinnvoll”, heißt es in dem Bericht. Als Beispiel für das Einsparungspotential verweist der LRH auf die 2011 übernommene Sterilgutbehandlung für das Krankenhaus Bregenz. Hier wird die jährliche Einsparung mit rund 80.000 Euro beziffert, wobei die weggefallenen Investitionen für die Errichtung oder Sanierung einer hausinternen Sterilisation noch gar nicht berücksichtigt sind.

Dornbirn macht Sterilisation trotzdem selbst

In Dornbirn unterdessen berichten Krankenhaus-Direktor Helmut Fornetran und Vizebürgermeister Ruepp, dass man die Sterilisation der medizinischen Geräte auch in Zukunft hausintern durchführen werde. Eine 2011 durchgeführte Studie habe ergeben, dass die Einsparung durch eine Auslagerung bei plus/minus Null liegen würde, so Fornetran. Im Zuge des anstehenden Neubaus der Operationssäle werde hier nun auch die sanierungsbedürftige Sterilisationsabteilung neu gebaut. “Im Gesamtkontext unter Berücksichtigung der Arbeitsabläufe ist es günstiger vor Ort”, so der Direktor. Die damit verbundenen Investitionskosten in Dornbirn konnten weder Ruepp noch Fornetran beziffern. Auf die Frage, wie es dann möglich sei zu behaupten, dass eine Auslagerung finanziell nichts bringe, sagte Ruepp, dass man für die An- und Ablieferung des OP-Besteckes eigene Räume hätte bauen müssen. Dazu wäre ein Lift an der Außenseite des Gebäudes notwendig gewesen, dessen Bau nicht einfach gewesen wäre. Zudem hätte man das OP-Besteck in vierfacher Ausfertigung anschaffen müssen, weil ständig ein Teil zur Sterilisation außer Haus sei. “Für die operierenden Ärzte sind die kurzen Wege von Vorteil. Deshalb haben wir uns nach einer Gesamtabwägung dazu entschieden, es intern zu machen.”

Gesundheitslandesrat nicht glücklich

Landesrat Christian Bernhard meinte zum Alleingang von Dornbirn, dass man die Stadt nicht zu einer Verlagerung der Sterilisation zur MPAV zwingen könne, zumal das Krankenhaus nachgewiesen hätte, dass es offenbar finanziell keinen Vorteil bringe. “Allerdings ist so etwas keine Idealsituation. Ich hätte mir mehr Kooperation vorstellen können.”

Nächstes Beispiel ist der geplante Neubau von sieben Operationssälen in Dornbirn bis Mitte 2020 mit einem Investitionsvolumen von 22,7 Millionen Euro. Dabei steht die Frage im Raum, ob ein Standardkrankenhaus wie Dornbirn sieben vollausgestattete Operationssäle neu bauen muss oder ob es nicht mit ein oder zwei Sälen weniger auch gegangen wäre. Denn immerhin darf Dornbirn wie auch andere Standardkrankenhäuser aufgrund mangelnder Frequenzzahlen gewisse Operationen gar nicht mehr durchführen, wie Mandel-Entfernungen oder Operationen an Bauchspeicheldrüse oder Schilddrüse sowie bestimmte HNO- und Augenoperationen. Das wird in Feldkirch gemacht. Bislang hatte Dornbirn sechs OP-Säle. Während des Um- und Neubaus in den nächsten vier Jahren kommt das Krankenhaus mit fünf OP-Sälen aus. Danach hat Dornbirn dann sieben OP-Säle.

Investitionen rechtlich gedeckt – keine Abstimmung erfolgt

Harald Kraft vom Landesgesundheitsfonds sagte, dass die Gesundheitsplattform das Investitionsvorhaben für die neuen OP-Säle in Dornbirn nach Einholung eines externen Gutachtens genehmigt habe. Allerdings seien die ursprünglichen Kosten reduziert worden. Völlig frei in seiner Entscheidung ist der Gutachter jedoch nicht. Er richtet sich insbesondere danach, ob eine Investition mit dem “Regionalen Strukturplan Gesundheit” für Vorarlberg übereinstimmt. Dieser wird derzeit überarbeitet und soll ab dem Frühjahr 2017 bis 2025 gelten. “Die Investitionen in Dornbirn sind rechtlich gedeckt. Das bedeutet aber nicht, dass sie mit der KHBG abgestimmt und koordiniert sind. Wir können nur planerisch einwirken. Auf die organisatorischen Abläufe zwischen den beiden Trägern haben wir keinen Einfluss”, so Kraft.

KHBG hätte auch in Dornbirn investiert

Kenner der Gesundheitsbranche sind sich sicher, dass mehr Abstimmung zwischen den Trägern in enger Zusammenarbeit mit dem Land zu anderen Investitionsschwerpunkten in Dornbirn geführt hätte. Nach Ansicht von KHBG-Direktor Fleisch ist ein Gutteil der Erneuerungen in Dornbirn gerechtfertigt. “Wäre Dornbirn ein KHBG-Standort, hätten wir auch investiert”, so Fleisch auf Anfrage. Ein Blick in die Vergangenheit zeige, dass die KHBG in die 2003 übernommenen Stadtkrankenhäuser Hohenems und Bludenz bislang 93 Millionen Euro investiert habe – ohne Medizintechnik und Personal. Dazu kommen Millioneninvestitionen in das Krankenhaus Bregenz. Seit 2003 habe die KHBG an ihren fünf Standorten insgesamt mehr als 312 Millionen Euro an Bauinvestitionen vorgenommen.

Fleisch: “Kein isoliertes Hochfahren von OP-Bereichen”

“Allerdings hätten wir in Dornbirn nicht in den jetzt geplanten Dimensionen investiert und die Sterilisation zur MPAV verlagert”, so Fleisch zur Frage, wie die KHBG vorgegangen wäre. Es sei die Kernaufgabe der KHBG, landesweit eine Leistungsabstimmung im Sinne von Qualität und Wirtschaftlichkeit durchzuführen. Das isolierte Hochfahren des OP-Bereiches eines Standardkrankenhauses ohne Abstimmung mit den Leistungen vor allem der nächstgelegenen Krankenhäuser trage nichts zu einem besseren und effizienten Gesundheitssystem im Ländle bei. Einen Teil dieses Geldes könnte man besser für den Ausbau von Leistungen verwenden, die mitunter noch zu gering dotiert seien, so Fleisch. Zwischen der KHBG und Dornbirn habe es jedenfalls außerhalb der Gesundheitsplattform keine Abstimmung rund um die Großinvestitionen gegeben.

Dornbirn kümmert sich nur um das eigene Haus

Martin Ruepp sagte, dass man diese Investition in Abstimmung mit der Gesundheitsplattform und in Übereinstimmung mit dem Regionalen Strukturplan Gesundheit gemacht habe. Dabei sei auch eine Analyse eines Beratungsunternehmens eingeflossen, das die Notwendigkeiten in Dornbirn untersucht habe. Hier sei herausgekommen, dass man den siebten OP-Saal wegen der zunehmenden Zahl an Operationen brauche. Er bestätigte, dass sich die Entscheidungsträger in Dornbirn vor allem damit beschäftigt hätten, was in ihrem Stadtkrankenhaus notwendig sei. Abstimmungs- und Koordinationsgespräche mit den nächstgelegenen Krankenhäusern habe es nicht gegeben, so Ruepp. “Das ist nicht Aufgabe der beiden Träger, sondern der Gesundheitsplattform auf landesweiter Ebene.”

Bernhard: “Mehr Koordination wäre schön”

Landesrat Christian Bernhard erklärte, dass die Gesundheitsplattform diese großen Investitionen bewilligt habe. Es sei korrekt, dass es im Vorfeld keine Abstimmung zwischen den Trägern gegeben habe. “Für die Zukunft wäre es schön, wenn man solche Dinge vorher etwas mehr koordiniert.”

Doch die Liste der Dornbirner Sonderwege ist noch länger: So existiert kein gemeinsamer Einkauf im medizinischen und nicht-medizinischen Bereich von Dornbirn und KHBG. Sehr wahrscheinliche Preisvorteile werden dadurch verspielt, denn die KHBG hat mit einem Einkaufsvolumen von mehr als 152 Millionen Euro (2014) doch eine etwas andere Verhandlungsposition. Wenigstens beim Medikamenten-Einkauf arbeitet Dornbirn zwar nicht mit der KHBG, aber mit der noch größeren Klinik Innsbruck zusammen. Die Wäscherei betreibt Dornbirn unabhängig von der KHBG. Das Essen bezieht das Stadtkrankenhaus nicht von der KHBG-Zentralküche in Feldkirch. Auch die immer schwierigere Personalsuche, für die allein die KHBG in den vergangenen fünf Jahren rund 1,8 Millionen Euro investierte, macht Dornbirn im Alleingang.

Die Gebäudereinigung wird in den fünf KHBG-Krankenhäusern sowie auch bei anderen öffentlichen Gebäuden (Landhaus, Illwerke-VKW), etc.) von der Clinic Service Vorarlberg (CSV) erledigt. Dabei handelt es sich wie schon bei der MPAV um ein PPP-Modell, bei dem die KHBG 51 Prozent der Anteile hält. 49 Prozent gehören dem Dienstleistungsunternehmen Sodexo. Doch auch mit dem mehr als 280 Mitarbeiter zählenden Spezialgebäudereiniger hat das Krankenhaus Dornbirn keine Vereinbarung. Die wurde direkt mit Sodexo abgeschlossen.

Freiwillige Zusammenarbeit in bestimmten Bereichen

Ein paar Pflänzchen der Zusammenarbeit existieren bereits, zumeist auf freiwilliger Basis oder wo sich Dornbirn die KHBG zum Vorbild genommen hat. So hat Dornbirn die Gehaltsreform der KHBG vor wenigen Jahren übernommen. Gleiches gilt für die Arbeitszeitmodelle und die Betriebsvereinbarungen sowie die SAP-Anbindung im Rechnungswesen. Das RIS-PACS-System (Projekt für bildgebende Verfahren) wurde vor zehn Jahren von beiden Trägern gemeinsam ausgeschrieben und vergeben. Ab heuer wird auch die Tumor-Dokumentation gemeinsam gemacht.

Allerdings gibt es Bereiche, wo das Krankenhaus Dornbirn auf Gedeih und Verderb auf die Kooperation mit der KHBG oder einem anderen Träger angewiesen ist. So kann Dornbirn seit 2016 aufgrund der neuen Ausbildungsordnung junge Ärzte in gewissen Pflicht- und Wahlfächern nicht mehr ausbilden. Seit Jahren schon werden Turnusärzte in bestimmten Fächern im Krankenhaus Hohenems geschult. Zur Erfüllung der neuen Ausbildungsordnung will Dornbirn mit der KHBG jetzt einen eigenen Vertrag abschließen, sagte Helmut Fornetran. Dazu kommt, dass Dornbirn keine eigene Pathologie hat, ebenso wenig wie eine Radio-Onkologie oder eine Nuklearmedizin. Zudem fehlen Fächer wie Augen, HNO, Urologie, Pulmologie und Neurologie sowie Neurochirurgie. “Dornbirn wäre allein auf sich gestellt medizinisch nicht überlebensfähig, die brauchen einen Partner ob sie wollen oder nicht”, sagt ein leitender Arzt. Doch im medizinischen Bereich funktioniere die tägliche Zusammenarbeit zwischen den Häusern sowieso sehr gut, heißt es. Die meisten Patienten wüssten gar nicht, dass es zwei Träger gibt.

Vergleiche zwischen Krankenhäusern schwierig

Ein Vergleich zwischen dem Krankenhaus Dornbirn und den KHBG-Häusern hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit ist unterdessen nicht einfach. Je nach Standpunkt kann man sich für unterschiedliche Kennzahlen entscheiden. Da gibt es einmal den Vergleich nach Abgang pro Pflegetag. Dort hat Dornbirn mit 271 Euro (2014) die Nase vorn. In Bregenz lag dieser Wert bei 323 Euro und in Feldkirch (inkl. Maria Rast) bei 345 Euro. Das Krankenhaus Bludenz kam auf knapp 360 Euro und das Krankenhaus Hohenems auf 327 Euro. Sieht man allerdings die KHBG quasi als ein Krankenhaus, dann ist der Abstand zu Dornbirn mit 285 Euro schon deutlich geringer. Und beim Vergleich nach Abgang pro Belagstag lag die KHBG 2014 mit 343 Euro besser als das Krankenhaus Dornbirn mit 349 Euro – und das bei einem deutlich größeren medizinischen Angebot.

Dazu kommt: Das Krankenhaus Dornbirn muss keinen eigenen geprüften Jahresabschluss vorlegen, der wie bei der KHBG jedes Jahr durch einen externen Wirtschaftsprüfer geprüft wird. Denn das Krankenhaus ist keine eigene Rechtspersönlichkeit und wie der Bauhof oder die Müllabfuhr ein Betrieb der Stadt. Deshalb bleibt offen, wie genau Leistungen von anderen städtischen Abteilungen für das Krankenhaus rechnerisch zugeordnet werden. Unter dieser Unschärfe leidet natürlich jeder Vergleich mit anderen Häusern.

Vergleiche dieser Art seien allerdings sowieso weder treffsicher noch zielführend, monieren Kritiker. Denn einerseits könne man Krankenhäuser mit unterschiedlichen Fächern, Aufgaben und Zuständigkeiten seriös überhaupt nicht direkt vergleichen. Das ginge nur bei einem identen Angebot. Andererseits gehe es um das Senken der Kosten für das Gesamtsystem in Vorarlberg und nicht jener von einzelnen Häusern. Denn eine überregionale Schwerpunktaufgabe in einem Krankenhaus führe zwar dort zu mehr Aufwand, entlaste aber die anderen Häuser. “Man muss endlich wegkommen vom kirchturmähnlichen Standort-Denken”, ist von Insidern zu hören.

Dornbirn trägt nur ein Drittel der steigenden Abgänge selbst

Allerdings werden wirtschaftliche Zwänge und das knapper werdende öffentliche Geld schon in sehr naher Zukunft dafür sorgen, dass die Träger deutlich näher als bisher zusammenrücken, ob vor allem Dornbirn will oder nicht. Denn den politisch Verantwortlichen wachsen nicht nur in Vorarlberg die Kosten über den Kopf. Am Beispiel des Krankenhauses Dornbirn zeigt sich, dass die jährlichen Abgänge zwischen 2013 und 2016 (Prognose) jedes Jahr im zweistelligen Prozentbereich von 21,2 Millionen Euro auf heuer über 31 Millionen Euro gestiegen sind. Allein gegenüber 2015 ist das eine Erhöhung um rund vier Millionen Euro oder zwölf Prozent. Für 2017 sind jetzt einmal 33,6 Millionen Euro Abgang veranschlagt. Zwischen 2006 und 2015 erhöhten sich die Abgänge in Dornbirn um 134,5 Prozent, jene der KHBG nur um 102,5 Prozent.

Diese im Gesundheitswesen generell präsenten Kostenzuwächse muss man vor dem Hintergrund des aktuellen Finanzausgleichs sehen: Dort wird ein jährliches Steigen der Gesundheitskosten von nur 3,2 Prozent oder weniger akzeptiert. Bei den Abgangszahlen muss ebenso berücksichtigt werden, dass Dornbirn die Abgänge bei Weitem nicht alleine schultert, sondern lediglich ein gutes Drittel übernimmt. Den Löwenanteil finanzieren das Land Vorarlberg und die Wohnsitzgemeinden der Patienten. Ein Mitspracherecht, welches diesem Finanzierungsanteil entspricht, haben sie allem Anschein nach nicht.

Jetzt sucht Dornbirn angeblich die Kooperation

Die Zeichen der Zeit hat man angeblich auch in Dornbirn erkannt und das liebe mangelnde Geld wird seinen Beitrag dazu geleistet haben. “Wir müssen das Gesundheitssystem als Ganzes sehen und dessen steigende Kosten in den Griff bekommen”, so Martin Ruepp. Alle, das Land, die KHBG und das Krankenhaus Dornbirn müssten an einem Strang ziehen. Deshalb sei Dornbirn offen für jede noch so enge Zusammenarbeit mit der KHBG oder mit anderen Häusern außerhalb von Vorarlberg, “dort, wo es möglich ist und wo es Sinn macht”. Denn die steigenden Personalkosten würden alle Krankenhäuser im Ländle gleichermaßen treffen. Und auch im Umgang mit der Pharmaindustrie müsse man danach trachten, Einkaufsgemeinschaften so groß wie möglich zu bilden. “Das könnte so weit gehen, dass alle Vorarlberger Krankenhäuser zusammen mit der Klinik Innsbruck Medikamente beschaffen”, so Ruepp. Denn die zweistelligen Steigerungen bei den Medikamentenkosten – nicht zuletzt durch teure Produkte gegen Krebs – seien eines der zentralen Probleme im Gesundheitsbereich.

Mit dieser Ansage rennt Dornbirn bei der KHBG offene Türen ein. “Von unserer Seite besteht die absolute Bereitschaft, mit Dornbirn viel mehr zu kooperieren. Das Krankenhaus verfügt über hervorragendes Personal und nimmt einen wichtigen Platz in der Vorarlberger Krankenhaus-Landschaft ein. Aber mehr Abstimmung ist einfach notwendig”, so KHBG-Geschäftsführer Gerald Fleisch.

Landesrat Bernhard: “Noch viel Luft nach oben”

Gesundheitslandesrat Christian Bernhard erklärte, dass es “noch viel Luft nach oben bei der Zusammenarbeit der beiden Träger” gebe. “Wir wollen hierzulande so viel Kooperation und Abstimmung wie möglich. Da lassen wir keine Zeit mehr verstreichen. Allerdings muss das unter Wahrung der Eigeninteressen der beiden Systeme und ohne Identitätsverlust über die Bühne gehen.” Der neue Regionale Strukturplan Gesundheit ab März 2017 werde sich auch mit der zukünftigen Aufgabenteilung befassen. Man darf sich angesichts der bisherigen Erfahrungen überraschen lassen.  (Quelle: Wirtschaftspresseagentur)

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