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Kontrollabteilung zerpflückt Nahverkehr-Gemeindeverband

Der Gemeindeverband "Personennahverkehr Unteres Rheintal" muss herbe Kritik der Prüfer einstecken.
Der Gemeindeverband "Personennahverkehr Unteres Rheintal" muss herbe Kritik der Prüfer einstecken. ©Symbolfoto: B. Rhomberg
Der Prüfbericht zeigt für 2013 gravierende Mängel: Der Geschäftsführer erhielt eine 60-prozentige Honorarerhöhung ohne Beschlüsse der Verbandsorgane, der Obmann des Gemeindeverbandes machte widerrechtlich die Buchhaltung. Dem nicht genug, zudem wurde gegen das Vergabegesetz verstoßen.

In Vorarlberg lobt sich die Politik gerne selbst über den grünen Klee, wenn es um den Umgang mit öffentlichen Geldern oder die Effizienz der Verwaltung im selbsternannten Vorzeige-Bundesland geht. Das war nicht zuletzt bei der Eröffnung der Dornbirner Messe am Mittwoch erneut zu erleben. Dass hier manchmal ein krasser Widerspruch zur gelebten Realität besteht, zeigt jetzt einmal mehr ein an sich nicht für die Öffentlichkeit bestimmter Prüfbericht der Gebarungskontrolle im Amt der Vorarlberger Landesregierung. Die Kontrollabteilung überprüfte dieses Mal die Gebarung des Gemeindeverbandes “Personennahverkehr Unteres Rheintal” für das Jahr 2013 und sparte dabei nicht mit deutlicher Kritik, wie aus dem der Wirtschaftspresseagentur.com zugespielten Bericht vom Februar 2015 hervorgeht.

Vorab zu den Fakten: Der Verband hat ein Jahresbudget von rund 20 Millionen Euro und unterhält ein öffentliches Bus-Liniennetz von etwa 330 Kilometer. Zu dem Gemeindeverband gehören 22 Städte und Gemeinden aus dem unteren Rheintal. Sie entsenden jeweils einen Vertreter (Bürgermeister, Gemeindevorstand oder Gemeindevertreter) in die Verbandsversammlung, der Vorstand besteht aus fünf Mitgliedern. Im Kontrolljahr gehörten zum Vorstand unter anderen der Dornbirner Vizebürgermeister Martin Ruepp und der damalige Bregenzer Vizebürgermeister Gernot Kiermayr. Finanziert wird das Vehikel hauptsächlich aus den Einnahmen aus dem Fahrscheinverkauf und den Schülereinnahmen und Förderungen der Öffentlichen Hand. Der finanzielle Abgang im Fahrbetrieb wird zu 60 Prozent vom Verband und zu 40 Prozent vom Vorarlberger Verkehrsverbund getragen. Allein 2013 mussten die betroffenen Gemeinden dafür 7,75 Millionen Euro aufbringen, ein Plus von zwölf Prozent gegenüber 2010. Der Fahrbetrieb wurde seit Jahren bis Ende 2013 von der beauftragten Firma Busoffice Winkler aus Dornbirn abgewickelt. Auf Landesebene war damals Wirtschaftslandesrat Karlheinz Rüdisser für diesen Bereich zuständig.

Gemeindeverband missachtet Gemeindegesetz

In der Zusammenfassung des Berichtes steht zu lesen, dass der Gemeindeverband, der dem Gemeindegesetz unterliegt, diverse Bestimmungen dieses Gesetzes gar nicht beachtete. Beschlüsse der Verbandsversammlung seien teilweise nicht wie gefordert umgesetzt worden. Die Firma Busoffice Winkler, welche den Personennahverkehr in diesem Bereich bis Ende 2013 für den Gemeindeverband abwickelte, habe im Prüfungszeitraum einen 10-prozentigen Zuschlag zu ihren Lohnkosten erhalten, der “sachlich nicht nachvollziehbar” war. Über diesen Mehraufwand habe es keinen Beschluss der Verbandsversammlung gegeben. Die Rechte und Pflichten von Geschäftsführer Karl-Heinz Winkler seien weder definiert noch verschriftlicht worden. Der Rechnungsabschluss für 2013 war hinsichtlich der Kontendarstellung “unvollständig” und die Buchführung durch den ehemaligen Verbandsobmann Helmut Egelhofer war aufgrund seiner Verbandsfunktion “nicht zulässig”. Die Grundlagen zur Abgangsdeckungsrechnung “wiesen Fehler auf”. Dies habe sowohl bei der Ermittlung der Landesförderung als auch bei der Ermittlung der Kostenanteile zu Fehlbeträgen bei den Mitgliedsgemeinden geführt. Umsatzsteuer- und vergaberechtliche Bestimmungen sowie teilweise auch Bestimmungen der Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung “wurden nicht zur Gänze” eingehalten. Das Interne Kontrollsystem “wies hinsichtlich der Zahlungsabwicklung Lücken” auf, so die Berichtsautoren.

Geschäftsführer erhielt 60-prozentige Honorarerhöhung ohne Beschluss und ohne Begründung

In dem 44-seitigen Bericht geht es auch im Detail wenig erfreulich weiter: Hinsichtlich der Geschäftsführung heißt es, dass die beauftragte Firma Busoffice Winkler dem Verband das im Bereich der Verwaltung und in den Kundenbüros eingesetzte Personal samt anteiligem Büroaufwand verrechnete. Da der Verband 2008 die Konzession für sämtliche Linien erhielt, war es erforderlich, einen angestellten Betriebsleiter zu installieren. Diese Funktion wurde von Winkler-Geschäftsführer Karl-Heinz Winkler wahrgenommen. Sein diesbezügliches Gehalt wurde auf sein Honorar als Geschäftsführer angerechnet. Winkler verrechnete seine erbrachten Leistungen pauschal. Einen schriftlichen Vertrag betreffend die gegenseitigen Rechte und Pflichten gibt es nicht. Der Geschäftsführer erhielt zudem einen Zuschlag zu seinem jährlichen Honorar, das sich auf rund 71.000 Euro belief. Dieser Zuschlag alias “Verwaltungspauschale” betrug zehn Prozent der Lohnsumme, die Winkler dem Verband für sein Personal in Rechnung stellte. Allein für 2013 betrug dieser Zuschlag fast 44.600 Euro. Bemessen am Grundhonorar von 71.000 Euro entspricht das einer Honorarerhöhung von fast 63 Prozent, so der Prüfbericht. Und weiter: “Ein schriftlicher Vertrag über die Verrechnung der Lohnkosten wie auch für die Verrechnung des Zuschlages liegt nicht vor. Ein Beschluss durch die Verbandsversammlung wurde nicht eingeholt. Weder den Protokollen des Verbandsvorstandes noch den Protokollen der Verbandsversammlung war zu entnehmen, dass das Honorar auf seine Angemessenheit hin geprüft wurde. Eine Begründung für die Zuerkennung eines Zuschlages zum Honorar ab 2013 war ebenfalls nicht aktenkundig.”

Verbandsobmann kümmert sich widerrechtlich um die Buchhaltung

Die Buchhaltung des Verbandes wurde laut Bericht über Jahre hinweg vom ehemaligen Verbandsobmann Helmut Egelhofer erstellt. Dafür und für die diesbezügliche Abgeltung gab es jedoch keine Beschlüsse der Verbandsorgane. Diverse in dem Zusammenhang angelegte Konten schienen in den Rechnungsabschlüssen nicht auf. Die Kontrollabteilung verweist darauf, dass der Verbandsobmann die Buchhaltungsgeschäfte unmittelbar selbst gar nicht hätte führen dürfen. Das gelte sowohl für Buchhaltungs- als auch für Kassengeschäfte. Dazu kommt: “Hinsichtlich der Honorare hätte der Verbandsobmann seine Befangenheit wahrnehmen müssen.” Im Bereich Bank- und Belegwesen habe die Geschäftsführung das “Vier-Augen-Prinzip” nicht durchgängig eingehalten.

Verstoß gegen das Bundesvergabegesetz

Für die Gestaltung der Fahrpläne und Folder sei eine einzige Agentur beauftragt worden – und zwar mittels jährlicher Direktvergabe. “Gemäß Bundesvergabegesetz wäre bei korrekter Auftragswertermittlung jedenfalls keine Direktvergabe möglich gewesen”, so die Kontrollabteilung. Der Prüfungsausschuss des Verbandes habe zwischen 2010 und 2013 nur eine Überprüfung pro Jahr durchgeführt. Dies habe nicht dem vorgeschriebenen Prüfumfang bzw. der geforderten Prüfintensität entsprochen.

Und schließlich: Ende 2013 wurde aufgrund der anstehenden Pensionierung von Geschäftsführer Karl-Heinz Winkler die Firma Landbus Unterland GmbH gegründet, die sich bislang im Besitz des Verbandes (99%) und des Geschäftsführers Karl-Heinz Winkler (1%) befindet. Sie führt das operative Geschäft von Busoffice Winkler nahtlos weiter. Den diesbezüglichen Beschluss zur Eintragung der neuen Gesellschaft im Firmenbuch fasste der Verbandsvorstand mittels Umlaufbeschluss. Doch solche Umlaufbeschlüsse sind nach Angaben der Kontrollabteilung gemäß Gemeindegesetz gar nicht zulässig.

FP-Hagen: “Landtag wird sich mit den Mängeln befassen”

“Der Kontrollausschuss des Vorarlberger Landtages wird sich mit dem kritischen Ergebnis der Prüfung des Gemeindeverbandes Personennahverkehr Unteres Rheintal durch die Kontrollabteilung des Landes auseinander zu setzen haben”, so die Reaktion des Freiheitlichen Verkehrssprechers, Ernst Hagen. “Als Reaktion auf das Prüfergebnis der Kontrollabteilung wird der Obmann des Kontrollausschusses, LAbg. Daniel Allgäuer, den Prüfbericht auf die Tagesordnung des Kontrollausschusses nehmen”, berichtet Hagen.

“Gerade im Personennahverkehr werden jährlich Millionen an Steuergeldern für ein attraktives Mobilitätsangebot investiert und es ist daher ein muss, dass diese Mittel auch entsprechend verantwortungsvoll verwendet werden. 60-prozentige Honorarerhöhungen für einen Geschäftsführer sind da mehr als kritisch zu hinterfragen”, so Hagen.

SP-Einwallner “schockiert”

In einer ersten Reaktion zeigt sich SP-Verkehrssprecher Reinhold Einwallner “schockiert” über die Berichte: “Maßlose Honorarerhöhungen ohne Beschlussgrundlage, Gesetzesbrüche bei der Buchhaltung und Verstöße gegen das Vergabegesetz: Wenn auch nur eine dieser Anschuldigungen stimmt, ist das ein Skandal. Zur vollständigen Klärung des Sachverhaltes fordern wir, dass das Thema im Kontrollausschuss des Landtages am 30. September behandelt werden soll”.

Um konkrete Antworten zu erhalten, sollen dazu auch jene für den Berichtszeitraum verantwortlichen Personen geladen werden, die dort kraft ihrer politischen Funktion im Vorstand saßen: Der damalige Bregenzer Vizebürgermeister Gernot Kiermayr und der Dornbirner Vizebürgermeister Martin Ruepp. Zudem möchte die SPÖ auch Geschäftsführer Karl-Heinz Winkler und den damaligen Verbandsobmann Helmut Egelhofer befragen.

Wichtig ist für Einwallner, dass der entsprechende Prüfbericht schon vorher allen Abgeordneten vorliegt. Jetzt helfe nur noch “volle Transparenz”. Einwallner geht davon aus, dass auch die Landesregierung ein Interesse an einer vollständigen Klärung habe: “Der heutige Landesstatthalter Rüdisser war damals der zuständige Verkehrslandesrat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er nicht auch selbst größtes Interesse daran hat, mögliche Rechtsverstöße, die vom Gemeindeverband während seiner Amtszeit erfolgten, lückenlos aufzuklären.”

Zudem erwartet sich Einwallner bei seiner Forderung nach voller Transparenz auch Rückendeckung vom neuen Verkehrslandesrat Johannes Rauch: “Die Grünen verlangen zu recht ständig Transparenz in der Politik. Johannes Rauch kann jetzt zeigen, wie ernst es ihm und seiner Partei damit ist.”

(WPA/gübi/Red.)

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