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Kloster Mehrerau will nicht zahlen

Mehrerau-Sprecher Harald Schiffl (l.) und Rechtsanwalt Bertram Grass: „Kloster haftet nicht“.
Mehrerau-Sprecher Harald Schiffl (l.) und Rechtsanwalt Bertram Grass: „Kloster haftet nicht“. ©VOL.AT/ Paulitsch
Feldkirch, Bregenz - Nach Zivilklage eines Missbrauchsopfers: Mehrerau sieht sich nicht in der Haftung und beruft sich auf Verjährung.

Die erste und bislang einzige Zivilklage in Zusammenhang mit den 2010 publik gewordenen Missbrauchsfällen an der Bregenzer Klosterschule Mehrerau sorgte im Jänner österreichweit für Schlagzeilen. Wie berichtet, fordert ein 57-jähriger Vorarlberger 200.000 Euro Schmerzengeld und Verdienstentgang. Der ehemalige Internatsschüler wurde Ende der 1960er-Jahre von einem Pater und Lehrer mehrfach vergewaltigt. In der gestern eingebrachten Klagebeantwortung bestreitet das Kloster die Schadenersatzansprüche und verweist einmal mehr auf die Opferschutzkommission. Das Kloster hafte nicht für das vorsätzliche Handeln einzelner Mitglieder, begründet Mehrerau-Anwalt Bertram Grass. Weiters stellt Grass in der Klagebeantwortung fest, dass die Taten aus juristischer Sicht verjährt seien. Er geht nach dem derzeitigen Stand davon aus, dass die Klage vom Gericht abgewiesen wird. 

Abt nimmt schriftlich Stellung

Opfer-Anwalt Sanjay Doshi ist da naturgemäß ganz anderer Meinung: „Mein Mandant wurde von seinen Eltern in gutem Glauben in die Obhut der Mehrerau gegeben und dort von einem Lehrer missbraucht. Natürlich besteht da eine Haftung.“ Das Kloster treffe in jedem Fall ein Auswahlverschulden, meint Doshi, „da der Pater bereits vor seiner Einstellung wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt worden war“. Dass sich das Kloster nun auf Verjährung berufe, ist für den Klagsvertreter keine Überraschung. „Leider stellen sich die vollmundigen Versprechungen des neuen Abtes, Wiedergutmachung leisten zu wollen, als bloße Lippenbekenntnisse heraus.“ Der Weg über die Opferschutzkommission stehe dem Kläger natürlich weiterhin offen, betonte indes Harald Schiffl, Krisenmanager und Pressesprecher des Klosters Mehrerau. „Diese wurde eingerichtet, um den Opfern fernab von juristischen Fragen Entschädigungszahlungen zu ermöglichen.“

Von Abt Anselm van der Linde, der derzeit in den USA weilt, gab es gestern lediglich eine schriftliche Stellungnahme: „Ich habe in einem persönlichen Gespräch und auch schriftlich meine tiefe Betroffenheit über das Leid, das dem Opfer angetan wurde, zum Ausdruck gebracht und, sofern dies möglich ist, um Vergebung gebeten“, so der Abt. Er habe dem Opfer „eindringlich und intensiv“ empfohlen, sich an die Opferschutzkommission zu wenden. Der Kläger selbst bezeichnet die sogenannte Klasnic-Kommission als „kirchliche Dienststelle zur Almosenverteilung“.

Der heute etwa 75-jährige Pater hatte sich im Zuge der Ermittlungen in den Jahren 2004 und 2009 zu Vorwürfen von rund zehn Opfern geständig gezeigt. Strafrechtlich sind die Taten verjährt. Wie berichtet, wurde der Geistliche bereits im Jahr 1982 nach Tirol versetzt – nach einem Missbrauchsfall, der intern gelöst wurde. Die Suspendierung des Paters erfolgte erst im Jahr 2010.

(VN/ Jörg Stadler)

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