“Die winzigen Reptilien sind vom Aussterben bedroht”, befürchtet Miguel Vences vom Zoologischen Institut der Technischen Universität Braunschweig. Die Winzlinge leben in der trockenen Laubstreu der Wälder und ernähren sich von noch kleineren Insekten oder Milben. Sie seien braun gefärbt – “eine reine Tarnfarbe”, erklärt Jörn Köhler vom Landesmuseum Darmstadt. Die von Chamäleons bekannte Fähigkeit, die Farbe zu wechseln, hätten sie nicht.
Nicht das kleinste Wirbeltier der Welt
Brookesia micra wurde der Winzling genannt, den Vences und seine Kollegen aus München, Darmstadt und San Diego auf der afrikanischen Insel im Indischen Ozean aufspürten. Ihre Entdeckung ist im Fachjournal “PLoS ONE” veröffentlicht. “Brookesia ist der vorgegebene Gattungsname und micra erklärt sich bei der Größe von selbst”, erläutert Frank Glaw von der Zoologischen Staatssammlung München. Das kleinste Wirbeltier der Welt ist Brookesia micra nicht: “Es gibt Fische und Frösche, die sind noch kleiner, manche messen nur acht Millimeter”, sagt Glaw.
Größtes Chamäleon ist knapp 70 Zentimeter lang
Insgesamt haben die Wissenschafter bei ihrer Expedition vier neue Zwergchamäleon-Arten aufgespürt. Madagaskar ist für seine artenreiche und einzigartige Tierwelt bekannt. “Fast 300 Froscharten und knapp 400 Reptilienarten tummeln sich in den Regenwäldern, Bergen und Trockengebieten”, erklärt Glaw. Mehr als 40 Prozent der 193 bekannten Chamäleonarten lebten ausschließlich auf der Insel vor der ostafrikanischen Küste. Auch das größte bekannte Chamäleon, das knapp 70 Zentimeter lang wird, sei dort zu Hause. Glaw und Vences haben seit ihrer Studienzeit gemeinsam rund 140 Arten auf Madagaskar entdeckt und wissenschaftlich benannt.
Rätselhafte Winzigkeit
Warum Brookesia micra so extrem klein ist, wissen die Forscher noch nicht genau. Das Tierchen kommt aber offenbar nur auf einem sehr kleinen Inselchen – Nosy Hara vor der Nordwestküste Madagaskars – vor. Die extreme Miniaturisierung bedinge zahlreiche Spezialisierungen des Körperbauplans – und diese seien für die Forschung höchst interessant, erläutert Glaw in einer Mitteilung zur Studie.
Vom Aussterben bedroht
Alle neu entdeckten Zwergchamäleons besiedeln anscheinend nur sehr kleine Gebiete, die zum Teil nur wenige Quadratkilometer groß sind. “Eine der neuen Arten, Brookesia desperata, ist nur aus einem kleinen Regenwald bekannt, und obwohl dieses Gebiet offiziell unter Schutz steht, wird hinter der Kulisse im Inneren des Reservats fleißig Raubbau betrieben”, sagt Köhler vom Landesmuseum in Darmstadt. Die Zukunft der winzigen Reptilien sei damit sehr unsicher.
(APA)
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