“Der Präsident hat mit seinem Verhalten in die richterliche Unabhängigkeit eingegriffen.” So kritisiert nun der Oberste Gerichtshof (OGH) als Disziplinargericht seinen eigenen Chef. Eckart Ratz habe mit seiner Kritik an einem OGH-Urteil in einem Strafprozess gegen einen Bankmanager der Hypo Alpe Adria “unzulässigen Druck” auf Strafrichter ausgeübt.
Eine Pflichtverletzung
Trotzdem ersparte der OGH-Senat seinem Präsidenten eine Disziplinarstrafe. Denn Österreichs ranghöchster Strafrichter habe mit dem Verstoß gegen die Geschäftsordnung zwar eine “Pflichtverletzung” begangen, aber noch kein Dienstvergehen. Deshalb seien keine weiteren disziplinarrechtlichen Schritte zu setzen. Die Einleitung einer Disziplinaruntersuchung sei abzulehnen, so der Spruch des Disziplinargerichts für Richter.
Demnach wird das Verhalten des Präsidenten freilich nicht mehr durch seine Pflicht zur Dienstaufsicht gedeckt.
Der 60-jährige Koblacher hatte in einem Schreiben einen OGH-Strafsenat dafür kritisiert, dass er in einem Urteil gegen den Hypo-Manager Wolfgang Kulterer einen Beschluss der OGH-Vollversammlung nicht mitgetragen habe.
Angeklagte benachteiligt
Der Senat hätte, meint Ratz, eine Bestimmung der Strafprozessordnung (StPO) beim Verfassungsgerichtshof anfechten müssen. Der Rechtsdogmatiker hält es für ein faires Strafverfahren für notwendig, dass Gutachter in Zukunft vom Gericht bestellt werden und nicht mehr von der Staatsanwaltschaft. Sachverständige seien derzeit in der Hauptverhandlung Zeugen der Anklage. Damit würden Angeklagte benachteiligt.
Ratz hat zur Auslotung der Grenze zwischen Dienstaufsicht und Pflichtverletzung disziplinär Selbstanzeige erstattet – und den OGH-Strafsenat wegen der Missachtung des Beschlusses der OGH-Vollversammlung angezeigt. Der OGH-Disziplinarsenat hat entschieden, dass auch die Mitglieder des Strafsenats disziplinär nicht zu bestrafen sind.
Kein zulässiges Mittel
Dazu merkt das Disziplinargericht kritisch an: “Strafrichter, die sich dem Druck des Präsidenten nicht beugen wollen, müssen demnach insbesondere damit rechnen, dass auch gegen sie schon wegen einer vertretbaren Rechtsansicht Disziplinaranzeigen erstattet werden. Die Mittel des Dienstrechts (Disziplinarrechts, Dienstaufsichtsrechts) sind aber kein zulässiges Mittel, um die eigene Rechtsansicht gegen eine andere vertretbare Rechtsansicht durchzusetzen.”
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