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Karin Bergmann bleibt Direktorin des Wiener Burgtheaters

Karin Bergmann bleibt Burgtheater-Direktorin.
Karin Bergmann bleibt Burgtheater-Direktorin. ©APA
Jetzt ist fix, wer die Leitung des Wiener Burgtheaters übernimmt: Der Vertrag der interimistischen Burgtheater-Direktorin Karin Bergmann wird verlängert.
Hartmann voll verantwortlich
Zweier-Vorschlag
Kusej war Favorit
Springer tritt zurück

Die interimistische Burgtheater-Direktorin Karin Bergmann bleibt auch über 30. August 2016 an der Spitze des Hauses. Das erfuhr die APA am Dienstag kurz vor der offiziellen Bekanntgabe aus sicherer Quelle. Die langjährige Mitarbeiterin des Burgtheaters war nach Entlassung von Direktor Matthias Hartmann am 19. März als erste Frau in der Geschichte des Hauses an die Spitze berufen worden.

21 Bewerbungen für den Posten

Bei der folgenden Ausschreibung für die Übernahme der künstlerischen Leitung ab 1. September 2016 waren 21 Bewerbungen eingegangen. Eine Findungskommission erstellte schließlich einen Zweier-Vorschlag, aus dem Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) seine Entscheidung traf.

Über Karin Bergmann

Bis 2019 am Burgtheater

Bei ihrer Bestellung zur interimistischen Direktorin versprach Karin Bergmann, “hier etwas zu gestalten”. “Hier”, das ist das Burgtheater, wo die 61-jährige Theaterexpertin fast zwei Jahrzehnte lang unter drei Direktoren gearbeitet hat und das sie nach der Entlassung von Matthias Hartmann zwischenzeitlich übernahm. Nun darf sie bis 2019 als ordentliche Direktorin weitergestalten. Als “Brücke in die Zukunft” und “Troubleshooterin” wurde sie in der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” und der “Süddeutschen Zeitung” tituliert, als sie am 19. März von Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) als vorläufige Burgtheaterdirektorin – übrigens die erste Frau in der Geschichte des Hauses – präsentiert wurde. Auch das Ensemble habe Bergmann mit tosendem Applaus begrüßt, hieß es. Auch nun standen die Schauspieler mit großer Mehrheit hinter ihr.

Der Weg ans Theater

Den Weg ans Theater suchte Bergmann, die am 13. Juli 1953 als Kind einer Bergarbeiterfamilie in Recklinghausen im Ruhrgebiet geboren wurde, schon früh. Bereits mit 13 Jahren ging sie regelmäßig ins Theater, sprach mit 15 mutig bei den Ruhrfestspielen vor. Dort legte man ihr erst den Schulabschluss nahe, den sie schließlich im zweiten Bildungsweg nachholte. Am Bochumer Schauspielhaus verpasste sie als leidenschaftliche Theaterbesucherin unter Peter Zadek keine Inszenierung. Ebendort sollte sich ihr Traum, ans Theater zu gehen, 1979 mit einem Job als Direktionsassistentin von Claus Peymann erfüllen.

Nach vier Jahren in Bochum und weiteren vier Jahren Pressearbeit im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg bei den Intendanten Niels-Peter Rudolph und Peter Zadek folgte Bergmann dem neuen Burgtheater-Direktor Peymann schließlich 1986 als dessen Pressesprecherin nach Wien. Skandale wie das legendäre Interview André Müllers mit Peymann, die skandalumwitterte Uraufführung von Thomas Bernhards “Heldenplatz” und bitteren Ensemblestreit erlebte sie hautnah mit, etliche Stürme wehrte sie vom Pressebüro aus ab.

Ausflug in die Musical-Welt

Der Wunsch nach Neuorientierung führte sie 1993 auf Ruf von Vereinigte-Bühnen-Wien-Intendant Rudi Klausnitzer als Pressesprecherin und Direktionsmitglied in die Musical-Welt, ehe sie ab 1996 die gleichen Funktionen an der Volksoper bekleidete. Der Zufall sollte sie bald wieder an die “Burg” führen: Ausgerechnet Klaus Bachler, der sie an die Volksoper geholt hatte, sollte 1999 neuer Burgtheater-Direktor werden – und Bergmann mit ihm gehen.

Zehn Jahre lang war sie als seine Stellvertreterin tätig, rief u.a. die Regieassistenten-Schiene “Spieltriebe” ins Leben und führte den Betrieb in der Saison 2008/2009, als Bachler bereits ein Jahr vor Wiener Vertragsende die Bayerische Staatsoper in München leitete, weitgehend eigenverantwortlich, ohne den Posten offiziell zu bekleiden. Genau diese Tätigkeit führte auch zu Diskussionen, da sie das Honorar, das ihr Bachler für ihre Vertretungsarbeit als Schenkung überlassen hatte, nicht versteuerte, da es sich um einen Teil seines bereits versteuerten Honorars handelte, so Bergmann.

Bergmann an der Burg

Im November 2009 sorgte sie für Aufsehen, als sie Studierenden im Rahmen der Studentenproteste erlaubte, eine Vorstellung zu unterbrechen, um ihre Forderungen zu verlesen. Mit jenem Direktoren-Duo, das für die derzeitig brodelnde Burgtheater-Krise verantwortlich gemacht wird, hatte Bergmann in ihren letzten Jahren an der “Burg” noch zu tun: Silvia Stantejsky wurde 2008 zur kaufmännischen Geschäftsführerin bestellt, Matthias Hartmann trat die Bachler-Nachfolge 2009 an. Nach nur einer Saison als dessen Stellvertreterin verabschiedete sich Bergmann im Sommer 2010 in die Pension, an Umstimmigkeiten mit Hartmann habe das aber nicht gelegen, betonte sie stets.

“Ich war immer so ein starker Zweiter”

Bergmann habe das Haus damals gut übergeben wollen, deutete im “Falter”-Abschiedsinterview aber auch an, “vielleicht schon zu selbstständig gearbeitet (zu haben), als dass ich mir jetzt auf Dauer vorstellen könnte, mich noch einmal ganz neu anzupassen”, so Bergmann, die seit 27 Jahren mit dem Architekten Luigi Blau liiert und seit sechs Jahren mit ihm verheiratet ist. Den Traum, einmal selbst an der Spitze eines Theaters zu stehen, hatte sie sich damals bereits aus dem Kopf geschlagen. “Ich war immer so ein starker Zweiter.” Im Herbst 2013 organisierte sie anlässlich des 125-Jahr-Jubiläums den Burgtheater-Jubiläumskongress und freute sich, dafür alle fünf Direktoren der vergangenen 42 Jahre von Gerhard Klingenberg bis Hartmann versammelt zu haben.

Nachfolge von Hartmann angetreten

2014 stand sie dann überraschend selbst in der ersten Reihe: Nach der fristlosen Entlassung von Hartmann holte Ostermayer sie mit einem Vertrag bis 31. August 2016 ans Burgtheater zurück. Wenige Tage später sorgte sie für Aufsehen, als bekannt wurde, dass sie eine “deutlich reduzierte Gage” erhalte. “In Zeiten, wo alle rechnen und sparen müssen, wollte ich ein Zeichen setzen”, sagte sie damals. Bereits Ende April präsentierte sie gemeinsam mit dem kaufmännischen Direktor Thomas Königstorfer einen 100 Punkte umfassenden Sanierungskatalog für das Burgtheater und stellte im Juni Pläne für die Spielzeit 2014/15 vor, die zu 50 Prozent noch von Hartmann, zur anderen Hälfte von ihr stammten. 13 große Premieren standen auf dem Programm, darunter Inszenierungen von Regisseuren, die noch nie am Haus gearbeitet haben, wie etwa Dusan David Parizek, Christian Stückl, Robert Borgmann und Jette Steckel.

Die Frage, ob sie sich für den Posten als Burgtheater-Direktorin beworben habe oder bewerben würde, verneinte sie bei ihrer Pressekonferenz wenige Tage vor Ablauf der Frist und meinte trocken: “Ich habe mich ein einziges Mal am Theater beworben – das war vor 35 Jahren bei Claus Peymann.” Nun wurde sie offenbar gefragt – und hat “ja” gesagt.

 

(APA)

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