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Kanzler Sebastian Kurz fetzt sich mit Jürgen Trittin bei "Maischberger"

Das mediale Podium war bereitet, und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wusste es leidlich zu nutzen. In der renommierten ARD-Talkshow von Sandra Maischberger verteidigte er am Mittwoch während seines Berlin-Besuchs die Flüchtlingspolitik der schwarz-blauen Regierung und die Koalition mit der FPÖ an sich. Zu Beginn hatte die Moderatorin den Gast aus Österreich als "die zarteste Versuchung seit es Populismus gibt" vorgestellt.

Die FPÖ sei bereit, sich an das Koalitionsprogramm zu halten, zeigte sich Kurz in der Sendung mit dem Titel “Kanzler Kurz: Wunderknabe der politischen Scharfmacher” überzeugt. Dieses habe eine klar pro-europäische Orientierung. Natürlich gebe es für ihn auch “rote Linien”. Allerdings gelte das nicht nur “nach rechts”. Es sei in der Vergangenheit in Österreich auch gegen Leute gehetzt worden, die reich seien, argumentierte der ÖVP-Bundeskanzler. Das lehne er ebenfalls ab.

Kurz verteidigt Strache

Kurz wurde ferner zur Vergangenheit von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache am rechten Rand befragt. Der Bundeskanzler sprach sich dafür aus, Politikern bei kritischem Hinsehen auch eine Chance zur Weiterentwicklung einzuräumen. Der FPÖ-Chef habe von “Jugendsünden” gesprochen. Strache habe zudem immer eingegriffen, wenn es in der jüngeren Vergangenheit problematische Äußerungen und verbale Entgleisungen von FPÖ-Politikern gegeben habe. Kurz betonte, für ihn sei der Blick nach vorne relevant und fügt an: „Wenn es notwendig ist, dass ich darauf reagiere, werde ich das natürlich auch tun.“

Zudem sei das Ergebnis der Nationalratswahl in Österreich ein Zeichen für einen Wunsch nach Veränderung gewesen. Die SPÖ wiederum habe sich auf die Oppositionsrolle festgelegt, womit er gar keine andere Option gehabt habe, so Kurz.

Problem mit islamischem Extremismus

Dass er etwa in der Frage des Burka-Verbots nun eine anderen Meinung vertrete also vor einigen Jahren, rechtfertigte der 31-Jährige damit, dass sich seither einiges geändert habe. Es habe eine massive Flüchtlingswelle gegeben, “mit Menschen, die Grundwerte zu uns tragen, die nicht die unsrigen sind.” In Wien habe sich das Stadtbild in den vergangenen Jahren durch die Zuwanderung sehr verändert, und es gebe Probleme mit dem islamischen Extremismus.

Kurz reagiert auf Kritik

Viele in der jüdischen Gemeinde hätten ihn im Wahlkampf unterstützt, konterte Kurz, als er von Maischberger auf Kritik der Israelitischen Kultusgemeinde an der Koaltion mit der FPÖ angesprochen wurde. “Zum Thema Antisemitismus hatten wir noch nie ein Regierungsprogramm, das sich so deutlich gegen Antisemitismus ausspricht.” Er hätte sich auch früher eine Politik gewünscht, die mehr pro-israelisch gewesen wäre. Aber das sei mit dem damaligen Koalitionspartner (SPÖ, Anm.) nicht möglich gewesen.

“Das ist das gute Recht der CDU”

Für Deutschland hoffe er im Interesse Europas und Österreichs, dass es bald eine starke Regierung gebe. Dass die CDU eine Koalition mit der rechtspopulistischen AfD (Alternative für Deutschland) ausschließe, während er eine mit der FPÖ eingegangen sei, kommentierte Kurz so: “Das ist das gute Recht der CDU.”

AfD kann man laut Kurz nicht mit der FPÖ vergleichen

Allerdings sei die AfD mit den Freiheitlichen nicht zu vergleichen, argumentiert Kurz, wobei er allerdings nicht auf inhaltliche Aspekte einging. Im Gegensatz zur AfD habe die FPÖ nämlich bereits gezeigt, dass sie zur Regierungsarbeit bereit sei. Die FPÖ sei bereits auf Bundesebene in einer Koalition gewesen und derzeit auch in zwei Bundesländern (Burgenland und Oberösterreich).

Kanzler Kurz: “Rechtsruck wird herbeigeredet”

Während Kurz kritisierte, dass “ständig ein Rechtsruck herbeigeredet werde”, vertrat der ehemalige Umweltminister Jürgen Trittin von den deutschen Grünen die These, dass rechtsextreme Positionen nur verstärkt würden, wenn sie von anderen Parteien übernommen würden. Kurz forderte hingegen, dass Themen wie die Flüchtlingskrise nicht nach den Kriterien “rechts oder links” beurteilt werden sollten. Vielmehr sei das Thema früher nicht ernst genommen worden. Trittin kritisiert auch den FPÖ-Wahlkampfauftakt vin Tirol: Strache habe sich „inszeniert, als würde die SS noch unterwegs sein. Da fehlten nur noch die roten Armbinden!“

Kurz kontert Trittin

Kurz sagt, dass er den Auftritt nicht gesehen habe und kontert: “Ich schaue nicht so sehr auf die Inszenierung. Das war eine Künstlergruppe, die schon für die Kommunisten, für die Sozialdemokraten und auch für die Volkspartei aufgetreten ist.“

Asylpolitik

Maßnahmen, wie die Kontrolle von Handys von Flüchtlingen und Migranten, verteidigte Kurz. Derart könnten die Reiserouten nachvollzogen und so möglicherweise falsche Angaben festgestellt werden. Nicht die Schlepper sollen entscheiden, wer nach Europa kommt.“ Kurz hält fest, dass er dagegen ankämpfen will, “dass Schlepper ein falsches Bild von Europa zeichnen und den Menschen das Blaue vom Himmel versprechen.“ Zudem mache es für schnelle Asylverfahren Sinn, “dass man Menschen in Grundversorgungszentren unterbringt“. Auch sei es „absolut richtig, dass man die Handydaten verwendet, um die Fluchtroute nachvollziehen zu können.“  Sein Ziel sei es, eine Umkehr in der europäischen Asylpolitik herbeizuführen, unterstrich Kurz und argumentierte neuerlich, dass er vor Jahren für seine Haltung in der Flüchtlingsfrage heftig kritisiert worden sei. Diese sei nun aber in Europa durchaus mehrheitsfähig.

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