Wie schon in seiner ersten Pressekonferenz sprach Kern vom Eindruck eines Stillstands und dem “Bedürfnis, dass durch unser Land ein Ruck geht, um Dinge zu verändern”. Dem wolle er entsprechen, so der neue Kanzler, und versuchen, das Land “mit jeder Faser unseres Wollens” in die richtige Richtung zu bringen.
Kern will mit “Opportunismus” brechen
Um das zu erreichen, versprach er eine deutlich akzentuiertere Politik. Für das Handeln in der Vergangenheit hatte er erneut viel Kritik über. “Politischer Inhalt wurde durch taktischen Opportunismus ersetzt, und genau das ist es, womit wir brechen müssen”, so Kern. Mut sei daher eine taktische Notwendigkeit, denn: “Menschen brennen nicht für Kompromisse, sie brennen für Grundsätze und Haltungen.”
Um dies zu unterstreichen verkehrte Kern ein Bonmot des seinerzeitigen SPÖ-Kanzlers Franz Vranitzky in sein Gegenteil. Heute gelte, dass “der, der keine Visionen hat, tatsächlich einen Arzt braucht”.
Absage an “billigen Populismus”
Dem “billigen Populismus” erteilte Kern eine Absage. “Wir wollen die Hoffnung nähren, und nicht die Sorgen und Ängste der Menschen.” Eine Politik des Zukunftsglaubens müsse der Hoffnungslosigkeit gegenüber gestellt werden, Heimatverbundenheit dem Chauvinismus und der Hetze gegenüber Fremden. Für alle Kinder forderte er faire und gleiche Chancen, und eine Wohlstandsentwicklung sollte es nicht nur für eine kleine Minderheit geben. Die Flüchtlingsthematik wiederum müsse mit Respekt vor der Menschenwürde gelöst werden, ohne auf soziale und öffentliche Sicherheit zu vergessen. “Dieses Feld ist das Ungeeignetste, um mit Symbolpolitik zu agieren.”
Neo-Kanzler will “New Deal”
Im Zuge eines “New Deal” will Kern die Investitionsbereitschaft Privater stärken, im europäischen Zusammenspiel aber auch die Spielräume für öffentliche Investitionen zurückgewinnen. Er versprach eine offene politische Diskussion und ein Ende der “Kapselpolitik”.
Dank gab es von Kern für seinen Amtsvorgänger Werner Faymann, gleichzeitig versprach er eine stilistische Neuausrichtung. “Ich halte für sinnvoll, nicht gegenüber jedem Mikrofon eine Wortspende abzugeben.” Man könne sich keine politische Führung leisten, die sich keine Zeit zum Nachdenken nehme.
Mitterlehner warnt vor überhöhten Erwartungen
Mitterlehner nahm die Vorlage an. “Ich habe die Rede gehört. Ich will; ich glaube, unsere Seite will auch. Und wenn wir gemeinsam die Probleme angehen, sollte sich Anspruch und Wirklichkeit miteinander verbinden”, sagte er. “Auf gute Zusammenarbeit, wir gehen die Sache an.”
Er warnte aber auch vor überhöhten Erwartungen. “Jedem Neuen wohnt natürlich ein Zauber inne, das habe ich selber erlebt.” Allerdings, so Mitterlehner vor allem Richtung Journalisten: “Zauber heißt nicht Zauberkunststück.” Außerdem sei Selbstkritik für die Vergangenheit für alle angebracht, auch für die Opposition. Faymann sei kein Einzelunternehmer gewesen, zudem sei in Zeiten der Wirtschaftskrise auch viel erreicht worden.
Für die Wirtschaft, so Mitterlehner, brauche es tatsächlich Bürokratieabbau, Deregulierung und Flexibilisierung. Mehr Wettbewerbsfähigkeit müsse es aber auch im Gesundheitsbereich, am Arbeitsmarkt und bei den Pensionen geben.
(APA)
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