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„Kann jederzeit abbrechen“

WANN&WO sprach mit Landesgeologe Walter Bauer.
WANN&WO sprach mit Landesgeologe Walter Bauer. ©W&W/Begle
Wegen der jüngsten Felsstürze in Vorarlberg wandte sich ein besorgter Bürger an W&W, das bei Landesgeologe Walter Bauer nachfragte.

WANN & WO traf Walter Bauer am Kalkofenweg in Götzis, wo vor rund zehn Jahren ein mächtiger Felssturz in Richtung des unmittelbar an den Hang angrenzenden Wohngebietes abging. Beim Lokalaugenschein erklärt der Geologe, wie gefährlich die Lage nach wie vor ist: „Bei diesem Hang handelt es sich um Schrattenkalk auf leicht verformbaren Mergeln, wie wir sie in Vorarlberg von Feldkirch über Hohenems, Dornbirn, dem Bregenzerwald und im kleinen Walsertal vorfinden. Durch eiszeitliche Vorsprengungen ist hier ein problematisches Trennflächengefüge entstanden. Darum kann an diesen Stellen jederzeit wieder etwas abbrechen.

In der Vergangenheit wurden in diesen Bereichen hin und wieder Fehler gemacht. Es wurde, um Platz zu sparen, zu nahe an den Hängen gebaut, weshalb sich heute einige Häuser in schutzloser Lage befinden. Aus Kostengründen wurden also regelmäßig die wirtschaftlichen Interessen über die Sicherheit der Bewohner gestellt. Bei hoher Gefährdung greift die Wildbach- und Lawinenverbauung heute, wenn möglich, unterstützend ein. Durch technischen Fortschritt sind bauliche Schutzmaßnahmen wie ein Damm oder ein Schutznetz heute viel effektiver geworden. Es muss aber auch der entsprechende Platz dafür vorhanden sein“, erklärt der Geologe.

„Keine Seltenheit“

„Auch größere Felsstürze sind aufgrund dieser Bodenbeschaffenheit absolut keine Seltenheit“, berichtet Bauer weiter. „Abgesehen von kleineren Ereignissen gehen jährlich im Schnitt ein bis zwei größere Felsstürze ab – hier reden wir von 80 bis 150 Kubikmetern. 2017 liegen wir mit acht größeren Ereignissen deutlich darüber.“ Dass der Berg in Bewegung ist, bestätigen auch Anrainer. Diese berichten, dass man bei wechselndem Frost- und Tauwetter regelrecht hören könne, wie das Material unter der Oberfläche arbeitet. „Für Laien ist beim Schrattenkalk kaum zu erkennen, dass ein Felssturz abgegangen ist, da die ,frischen Bruchstellen‘ sich farblich in sehr kurzer Zeit nicht mehr vom anderen Gestein unterscheiden lassen. Hier im Kalkofenweg ist die Gefährdung – wie auch bei anderen Hanglagen in Vorarlberg – sehr wohl vorhanden. Jahrelange Bemühungen um einen Schutzdamm scheiterten jedoch leider daran, dass einige Grundbesitzer ihre Böden dafür nicht zur Verfügung zu stellen möchten.“

„Nicht aufzuhalten“

„Wenn sich so eine große Platte löst, bricht sie meistens in mehrere Blöcke auseinander. Diese Brocken nehmen rasch Geschwindigkeit auf, haben daher eine große Reichweite und sind nicht aufzuhalten – weder durch eine Hauswand, noch durch eine 100 Jahre alte Eiche. Die sind dem Felsbrocken vollkommen egal“, warnt der Experte.

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