Juncker stellte in einem Brief an Kern klar, dass Österreich seinen Verpflichtungen nachkommen müsse. “Österreich ist gesetzlich zur Umverteilung verpflichtet, und ich erwarte persönlich von Österreich, dass es dieser Verpflichtung nachkommt”, schrieb Juncker in dem der APA vorliegenden Brief an den Bundeskanzler. Im Rahmen des Programms hatte sich Österreich 2015 verpflichtet rund 1.900 Flüchtlinge aus Italien und Griechenland zu übernehmen. Wegen des hohen Flüchtlingszustroms in Österreich selbst hatte man aber eine Ausnahme bis März 2017 erwirkt.
Es sei ihm bewusst, dass Österreich in den letzten beiden Jahren “einer der wichtigsten Vertreter und Unterstützer für eine umfassende europäische Migrationspolitik war”, die Situation zu den Jahren 2015 und 2016 habe sich aber erheblich verändert, erklärt Juncker in seinem Antwortschreiben an den Bundeskanzler. Eine europäische Grenz- und Küstenwache wurde aufgebaut, die Hotspots in Italien und Griechenland seien voll funktionsfähig, die Anzahl der Asylanträge in Österreich sei zurückgegangen.
Entlastung für Italien und Griechenland
Italien und Griechenland stünden aber nach wie vor unter Druck und bräuchten die zugesagte Entlastung. “Umverteilung ist ein Ausdruck von Solidarität und gerechter Aufteilung der Verantwortung. Dafür ist das aktive Mitwirken aller Mitgliedstaaten erforderlich. Uns steht nur noch wenig Zeit zur Verfügung. Es wäre kein gutes Zeichen, wenn es uns gemeinsam nicht gelänge, alle derzeit in Italien und Griechenland in Betracht kommenden Personen bis September 2017 zu verteilen.”
Die aktuelle Lage in Österreich kann laut Juncker nicht als “plötzlicher Zustrom” von Drittstaatsangehörigen charakterisiert werden, der eine weitere Aussetzung aus den Ratsbeschlüssen rechtfertigen würde. “Ich vertraue daher darauf, dass Österreich seinen rechtlichen Verpflichtungen nachkommen wird und mit der Umverteilung sowohl aus Italien als auch aus Griechenland beginnt”, schreibt der Kommissionspräsident an den Bundeskanzler.
Kern: Juncker-Antwort ist “gute Basis”
Österreich muss damit im Rahmen des Relocation-Programms bis September rund 1.900 Flüchtlinge aus Italien und Griechenland übernehmen. Die EU-Kommission steht laut Juncker dabei für Gespräche bereit, “um zu erörtern, wie wir die österreichischen Behörden dabei unterstützen können, ihren rechtlichen Verpflichtungen schrittweise nachzukommen”.
Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) sieht den Brief von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker als gute Basis für weitere Gespräche beim EU-Flüchtlingsumverteilungsprogramm. Dass Österreich seinen Verpflichtungen grundsätzlich nachkommen müsse, sei aus rechtlicher Sicht nachvollziehbar, zugleich signalisiere Juncker in seinem Brief aber auch Entgegenkommen, hieß es aus dem Bundeskanzleramt.
Sobotka will Programm starten
So sieht das Bundeskanzleramt etwa noch “Spielraum” bei Zahl und Zeitraum der Relocation-Verpflichtungen. Dass Juncker in seinem Brief an Kern erklärt, dass die EU-Kommission Österreichs Behörden dabei unterstützen werde, seinen rechtlichen Verpflichtungen “schrittweise” nachzukommen, und man dabei natürlich auch die Solidarität berücksichtigen werde, die Österreich in der Vergangenheit bewiesen hat, wird in Kerns Umfeld jedenfalls als Signal in diese Richtung gedeutet.
Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) will das Programm zur Umverteilung von Flüchtlingen in Europa nun starten. Es bestehe eine europarechtliche Vereinbarung dazu, erklärte Sobotkas Sprecher am Mittwoch gegenüber der APA zu dem Brief von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Das Innenministerium vertrete die Ansicht der EU: “Wir sind rechtlich verpflichtet, das umzusetzen und werden den Prozess jetzt starten”, so ein Sprecher.
(APA)
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