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Jaqueline Mäser: Ihr Vergewaltiger ist verurteilt - und frei

Jaqueline Mäsers Peiniger ist rechtmäßig verurteilt - und nutzt alle Chancen, um frei zu bleiben.
Jaqueline Mäsers Peiniger ist rechtmäßig verurteilt - und nutzt alle Chancen, um frei zu bleiben. ©VOL.AT/Rauch
Lustenau - Neun Jahre lang wurde Jaqueline von ihrem Stiefvater sexuell missbraucht, zwei Gerichte befanden ihn für schuldig. Er ist dennoch frei, sieht sich aufgrund einer Nervenerkrankung als haftunfähig. Wir sprachen mit ihr.
Jaqueline Mäser: Ihr Martyrium
Der Prozess und ihr Leben danach

Angefangen hat es im Alter von sieben Jahren. Gemeinsam mit ihrer Mutter lebte Jaqueline bei ihrem Stiefvater und den beiden jüngeren Halbgeschwistern. Begonnen hat es zuerst mit Berührungen durch den Stiefvater. Dabei blieb es jedoch nicht. Seiner Stieftochter redete er ein, dass die Übergriffe normal seien, bei Widerstand drohte er sie ins Heim zu geben.

Jaqueline schildert ihr Martyrium

Selbstmordversuch in der Psychiatrie

Jaqueline wurde verhaltensauffällig. Mit 16 musste sie in psychiatrische Behandlung, kam mit der Diagnose Borderline auf die Psychiatrie. Zwei Jahre verbrachte die damals 17-Jährige in der Behandlung, überlebte dort einen Selbstmordversuch knapp. In der Psychiatrie sprach sie erstmals über den Missbrauch, 2008 erstattete sie Anzeige. Es kam zu jahrelangen Ermittlungen, Jaquelines Mutter ließ sich von Peiniger ihrer Tochter scheiden.

Urteil zu 7,5 Jahre Haft

Die Ermittlungen hat die heute 25-Jährige nicht in guter Erinnerung. Es dauerte lang, bei den immer gleichen Befragungen traf sie auch auf ihren Stiefvater. Von ihr genannte Zeugen und mögliche Betroffene habe die Staatsanwaltschaft ignoriert. 2013 wird Kurt N. am Landesgericht Feldkirch zu siebeneinhalb Jahren verurteilt. Seine Nichtigkeitsbeschwerde wird im Jänner 2014 abgelehnt. Das Oberlandesgericht Innsbruck bestätigt das Strafmaß wegen Vergewaltigung, schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen, Unzucht mit Unmündigen, Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses und sittlicher Gefährdung von Personen unter 16 Jahren im März 2014. Das Urteil ist rechtskräftig. Damit sollte die Tortur für Jaqueline enden.

Täter weiterhin auf freien Fuß

Dennoch ist Kurt N. frei – und versteht sich als Justizopfer. Er stellte im Mai einen Antrag auf Haftaufschiebung, er sei aufgrund einer Krankheit zu krank für das Gefängnis. Er habe deswegen auch ein Behindertenausweis, gelte als 50 Prozent behindert. Dies muss nun von einem Gutachter geprüft werden. Falls Kurt N. recht gegeben wird, muss er die Haft statt im Gefängnis auf der geschlossenen Anstalt eines Krankenhauses absitzen. Bis zum Ergebnis bleibt er aber auf freien Fuß, ohne jegliche Einschränkungen. Ein Horror für Jaqueline, doch der Justiz sind die Hände gebunden.

Der Prozess und das Leben danach

Gericht hüllt sich in Schweigen

So ist Kurt N. bis zur Entscheidung des Gutachters frei, und hat eine neue Lebensgefährtin – und minderjährigen Kindern. Vonseiten des Gerichts scheint man keine Wiederholungsgefahr zu vermuten, hüllt sich aber in Schweigen. Das Verfahren sei abgeschlossen, erklärt der Sprecher des Landesgerichts Feldkirch Norbert Stütler, daher stehe es ihm nicht zu Auskünfte über den Prozessablauf und die richterliche Entscheidungen zu geben.

Gewaltschutzgesetz als Möglichkeit

Jaqueline lebt bis zum Gutachten in Angst, immer wieder sieht sie Kurt N. auf der Straße. Die 25-Jährige könnte nun zwar versuchen, eine einstweilige Verfügung nach dem Gewaltschutzgesetz zu erwirken. “Die Frage ist, ob die Voraussetzungen erfüllt sind”, räumt Stütler ein. Um eine einstweilige Verfügung zu erwirken, müsste sie von Kurt N. bedroht oder terrorisiert werden. Dies ist aber bisher nicht der Fall.

Leben in Angst

So lebt sie nun weiterhin mit der Angst, dass vielleicht doch etwas passieren könnte. Schließlich kennt Kurt N. ihre Adresse aus den Gerichtsakten. Wenn es klingelt, ohne dass man jemanden erwartet, komme die Angst in Jaqueline wieder hoch. “Und das Gefühl würde ich gerne einmal los werden.”

(MRA)

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