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Vorarlberg: Spektrum der Reaktionen auf Raumplanungsnovelle

©VN/Steurer
Die von der Landesregierung am Montag Vormittag präsentierte geplante Überarbeitung des Raumplanungs- und Grundverkehrsgesetzes hat zu unterschiedlichen Reaktionen bei Parteien und Verbänden im Land geführt.

“Bauzwang und Kostensteigerung”

Die heute vorgestellten Gesetzesnovellen zu Raumplanung und Grundverkehr sind enttäuschend: Mit Regelungen, die de facto aus Tirol abgeschrieben wurden, meint man in Vorarlberg Probleme lösen zu können. Gegenteiliges wird der Fall sein, denn diese angedachten Regelungen führen zu einem Bauzwang und werden die Wohnungspreise in die Höhen treiben, ist VEV-Präsident RA Dr. Markus Hagen überzeugt: „Bestimmte Maßnahmen sind notwendig, müssen aber bis zur wohnungsmarktgerechten Umsetzung durchdacht werden.“

Denn: Was passiert, wenn diese Gesetze so kommen und in der Praxis angewendet werden müssen? Werden Eigentümerinnen und Eigentümer per Gesetz gezwungen, binnen einer Frist zu bauen, fördert dies weiterhin die Zersiedelung und auch den Leerstand. Denn das aufgrund von Zwang gebaute Haus wird nicht zwangsläufig auch vermietet werden. Ein auferlegter Bauzwang soll also künftig unbebautes Land unattraktiv machen. Wohin also werden Investoren künftig ausweichen? In der Regel nun auf Wohnungen! Solange sich an der Finanzlage und den Zinsen nichts ändert, steht fest, dass diese Gesetze für noch mehr Nachfrage bei Wohnungen führen werden – und die derzeit schon angespannte Preislage am Markt wird weiter befeuert. „Hier wurde einmal mehr kein Realitätscheck gemacht. Dieses Gesetz wird Wohnen noch teurer machen“, meint Hagen.

Bedenklich ist, dass neben Zwangsversteigerungen weitere einschneidende Maßnahmen geplant sind, die derzeit aber noch nicht offengelegt werden.

Die Ideen zu diesen Novellen stammen darüber hinaus nicht aus Vorarlberg, sondern wurden von den Tirolern übernommen – kritiklos. „Uns sind keine Nachrichten aus Tirol bekannt, dass die Wohnpreise gesunken sind. Im Gegenteil, wie Innsbruck unter Beweis stellt“, so der VEV-Präsident.

Es sei bedauerlich, dass man wegen einer Handvoll Großindustrieller auf Zuruf von einer Handvoll Intellektueller Gesetze ändere, die die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes hart treffen kann. Diese würden darüber hinaus nicht nur keinen Vorteil bringen, sondern die Menschen mit voller Härte treffen, obwohl man weiß, dass sich durch die Gesetze der gewünschte Effekt nicht erreichen lässt. „Verschwiegen wurde bisher, dass diese Gesetze zu Enteignungen führen können und für Grundstücke Entschädigungen unter dem Verkehrswert drohen. Solche Gesetzesvorschläge sollten in einem Land der Eigentümerinnen und Eigentümer keinen Platz haben. Wir hätten uns eine kreativere und effizientere Umsetzung erwartet. Andere Maßnahmen wären weit effizienter, müssten aber endlich auf Bundeseben angegangen werden“, so Hagen abschließend.

FPÖ: “Raumplanung muss Balance finden”

„Wir alle wissen, dass Grund und Boden keine vermehrbaren Güter sind und die Flächen gerade in Vorarlberg begrenzt sind. Daraus ergibt sich zwangsweise die Notwendigkeit des sorgsamen und wirtschaftlichen Umgangs mit den vorhandenen Flächen. Für uns ist wichtig, dass eine ausgeglichene Balance zwischen Schutz des Eigentums und öffentlichen Interessen gefunden werden muss“, so der FPÖ-Raumplanungssprecher, LAbg. Bgm. Dieter Egger, zu den anstehenden Änderungen des Raumplanungsgesetzes sowie des Grundverkehrsgesetzes sehr genau prüfen, denn.

„Viel zu lange wurde der unbefriedigenden Entwicklung tatenlos zugeschaut, von einer konsequenten Steuerung gar nicht zu sprechen. Die von der Landesregierung nun vorgestellten Eckpunkte der Gesetzesänderungen kommen zwar reichlich spät, gehen aber über weite Strecken in die richtige Richtung. Ein angestrebtes Halten der Siedlungsränder mit Verdichtungen nach innen, die Einführung von Vorbehaltsflächen für gemeinnützigen Wohnbau oder die Erklärungspflicht beim Erwerb von Baugrundstücken sind zu unterstützen. Ob die Pläne der Landesregierung zur Befristung von Neuwidmungen in der Praxis problemlos funktionieren werden, wage ich allerdings zu bezweifeln. Bauerwartungsland als Folgewidmung wird den gesteckten Raumplanungszielen mit Sicherheit nicht gerecht werden“, so Egger.

„Gute und nachhaltige Raumplanung schafft es, die Gemeinwohlinteressen und den Schutz des Grundeigentums bestmöglich zu vereinen und nicht einseitig zu agieren – Vernunft und Augenmaß sind dabei maßgeblich. Wir werden daher die Details der Begutachtungsentwürfe zur Änderung des Raumplanungsgesetzes sowie des Grundverkehrsgesetzes sehr genau prüfen und nötigenfalls entsprechende Korrekturen konsequent einfordern“, betont der FPÖ-Raumplanungssprecher abschließend.

Grüne begrüßen Novelle

Erfreut zeigen sich die Grünen über die heute von der schwarz-grünen Landesregierung präsentierte Raumplanungs- und Grundverkehrsnovelle. „Mit der vorgelegten Gesetzesnovelle setzt die schwarz-grüne Landesregierung wichtige Schritte, um Wohnen wieder leistbar zu machen und die Lebensqualität in den Orten zu erhöhen“, so Grünen-Klubobmann Adi Gross.

So sehe die Novelle eine Widmungskategorie „gemeinnütziger Wohnbau“ vor. Das heißt, bestimmte Flächen sind künftig jedenfalls dafür vorgesehen, leistbaren Wohnraum zu schaffen. Der von den Grünen geforderte Bodenbeschaffungsfonds ermögliche den Gemeinden außerdem, ihre Flächen im Sinne des Gemeinwohls weiterzuentwickeln.

Wichtig sei auch, dass der Bauland-Hortung ein Ende gesetzt wird. „Das Gesetz schiebt den Bauland-SpekulantInnen einen Riegel vor. Denn künftig müssen neu gewidmete Grundstücke innerhalb von sieben Jahren bebaut werden“, so Gross. Dies sei wesentlich, um Flächen für den Wohnbedarf zu gewinnen.

Gemeinden seien künftig verpflichtet, räumliche Entwicklungskonzepte zu erstellen, die die Lebensqualität im Ort in den Mittelpunkt stellen. „Das heißt, mehr Grün- und Erholungsflächen, eine gute Nahversorgung und gut erreichbare Öffentliche Verkehrsmittel“, führt Gross aus.

Gross begrüßt des Weiteren, dass die Möglichkeiten der verdichteten Bauweise ausgeweitet werden. „Der Fokus liegt darauf, attraktive Ortskerne mit hoher Lebensqualität zu schaffen und die Zersiedelung einzudämmen“, so Gross. Ein weiterer wichtiger Beitrag zum Flächensparen sei, dass Einkaufszentren künftig mehrgeschossig gebaut und Parkplätze großteils in Garagen untergebracht werden müssen.

Auch die vorgesehene verstärkte gemeindeübergreifende Zusammenarbeit bei der Raumplanung werde den Gemeinden einen positiven Entwicklungs-Schub geben. „Schwarz-grün hat insgesamt ein ambitioniertes Paket vorgelegt, mit dem die Lebensqualität in Vorarlberg weiter ausgebaut werden kann“, schließt Gross.

Industrie sieht “Licht und Schatten”

„Licht und Schatten“ sieht Martin Ohneberg, Präsident der Industriellenvereinigung Vorarlberg (IV), anlässlich der Überarbeitung des Raumplanungs- und Grundverkehrsgesetzes. „Positiv hervorzuheben ist, dass das Land wie von uns mehrfach angeregt mehr Verantwortung übernimmt und damit dem Kirchturmdenken entgegen wirkt.

Die Gemeinden als wichtiger Partner der Betriebe werden verpflichtet Räumliche Entwicklungskonzepte und Vorgaben zu Höhe und Dichte zu erstellen. Mit der Möglichkeit auch landwirtschaftlichen Grund leichter zu erwerben, erhalten zumindest Land und Gemeinden die Möglichkeit den Lebens-, Arbeits- und Wirtschaftsraum strategischer zu entwickeln.“

Das “größere Bild” aus dem Blick verloren

Negativ hebt der Präsident der IV-Vorarlberg hervor, dass das angestrebte „größere Bild“ – das „big picture“ – bisher nur teilweise gesehen wird: „Wir haben uns von Anfang an dafür eingesetzt, und ein Konzept mit ‚Vorarlbergs urbaner Weg‘ präsentiert, dass die künftige Raumplanung in Vorarlberg ganzheitlich und noch strategischer angegangen werden sollte.Neben den wichtigen Themen wie mehr Höhe und Dichte und der Baulandmobilisierung sollte auch über die künftige Ausrichtung der Landesgrünzone diskutiert werden.“

Genau zu prüfen sei für Ohneberg auch, ob einige vorgeschlagene Maßnahmen wie die Erklärungspflicht, Befristungen oder Obergrenzen für gewidmete Grundstückskäufe praxistauglich sind und tatsächlich zu mehr Planungssicherheit führen: „Wir werden uns dazu im Rahmen der Begutachtung sehr gerne und konstruktiv einbringen, da uns eine gute Balance von dynamischem Wirtschaftsraum und attraktivem Lebensraum aus Sicht der Betriebe, ihrer Mitarbeiter und des gesamten Landes ein großes Anliegen ist.“

(red)

 

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