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Immer weniger Gerichtspsychiater in Vorarlberg - Ärztekammer weist Kritik zurück

Gutachter-Sprecher Reinhard haller (li) wirft der Ärtzekammer mangelnde Unterstützung vor. Deren Präsident Michael Jonas (re) weist die Kritik als unfair zurück.
Gutachter-Sprecher Reinhard haller (li) wirft der Ärtzekammer mangelnde Unterstützung vor. Deren Präsident Michael Jonas (re) weist die Kritik als unfair zurück. ©VN/Roland Paulitsch
Immer weniger psychiatrische Gutachter stehen den Gerichten in Vorarlberg zur Verfügung. Der jüngste der sechs verbliebenen Gutachter ist 61 und Nachwuchs ist nicht in Sicht. Der Vorwurf, die Ärztekammer sei wegen mangelnder Unterstützung für diese Entwicklung verantwortlich, wird jedoch zurückgewiesen.

Der Sprecher der Sachverständigen, Reinhard Haller warnt davor, dass es in vier Jahren keine Gerichtsgutachter in Vorarlberg mehr geben werde. Die Gründe: Mit Gutachten sei kein Geld zu verdienen, sie seien schwierig zu erstellen und es bestehe ständig die Gefahr, auf Grund der Expertise verklagt zu werden.

195 Euro für dutzende Stunden Arbeit

Gegenüber dem ORF Vorarlberg spricht Haller von 620 Expertisen pro Jahr, welche die sechs Gutachter für die Vorarlberger Gerichte erstellen. Für ein einfaches Gutachten erhalten die Psychiater pauschal 116 Euro, bei einer durchschnittlichen Arbeitszeit von zwei bis vier Stunden. Bei komplexeren Fällen, die dann durchaus auch dutzende von Stunden in Anspruch nehmen kann, können 195 Euro abgerechnet werden. Zum Vergleich: Psychologen könnten ihren normalen Stundensatz verrechnen und kämen pro Gutachten auf über 1.000 Euro.

Ärztekammer in der Pflicht

Auch das Risiko, verklagt zu werden, halte den psychiatrischen Nachwuchs davon ab, für die Gerichte zu arbeiten. Für Fehler von Amtsärzten hafte das Land, ein vom Gericht bestellter Psychiater hingegen hafte selbst.

Um die Situation zu Verbessern sei das Justizministerium in der Pflicht. Ohne die Unterstützung der Ärztekammer sei dies jedoch schwierig, so der Sachverständigenreferent Haller. Die Psychiater seien innerhalb der Ärztekammer eine kleine Gruppe und führte ein Außenseiterdasein.

Kritik an Ärztekammer unfair

Diese Kritik weist Ärztekammer-Präsident Michael Jonas aber zurück: Als Gutachter-Sprecher sei Haller selbst für Verhandlungen mit dem Ministerium zuständig und auch die Nachwuchsförderung läge in dessen Aufgabenbereich. Die Misere der Ärztekammer anzuhängen hält er für unfair.

Die Befürchtung, dass den Vorarlberger Gerichten bald die Gutachter ausgehe teilt Jonas, allerdings sieht er die Gründe nicht nur in der schlechten Entlohnung. Die Pauschale von 116 Euro pro Expertise halte auch er für unhaltbar. Allerdings sehe er generell einen Rückgang in der Zahl der Psychiater und diese seien mit ihrer täglichen Arbeit bereits ausgelastet. Statt auf Psychiater, weiche die Justiz deshalb vermehrt auf Psychologen, also Nicht-Ärzte, ausm, was sich in der Qualität der Gutachten widerspiegle.

(red)

 

 

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