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Immer mehr Wertekurse: Alles zu den verstärkten Integrationsmaßnahmen für Flüchtlinge

Die Politik reagiert auf die Notwendigkeit zur Integration der Flüchtlinge.
Die Politik reagiert auf die Notwendigkeit zur Integration der Flüchtlinge. ©APA/Erwin Scheriau
Österreich geht bei der Integration von Asylwerbern in die Offensive. In immer mehr Bundesländern werden Wertekurse für Flüchtlinge abgehalten, ein gesamt-österreichisches Konzept liegt noch nicht vor.

Die Integrationsmaßnahmen für Flüchtlinge werden ausgeweitet. Im März starten auch in Niederösterreich, Oberösterreich und Salzburg die “Werte- und Orientierungskurse” für Asylberechtigte. In Wien werden eigene Länderkurse angeboten, in Kärnten sollen die Kurse demnächst beginnen. Bereits etabliert wurden sie laut Integrationsministerium in Tirol, Vorarlberg, Steiermark und dem Burgenland.

Die Werte- und Orientierungskurse sind Bestandteil des im November von Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) vorgestellten Integrationsplans. Mit der Maßnahme soll Asylberechtigten die Grundwerte des Zusammenlebens (etwa Menschenwürde, Freiheit, Rechtsstaat, Gleichberechtigung Mann-Frau) sowie Wissen über “zentrale Gesellschaftsbereiche” (Bildungssystem, Arbeitsmarkt, Gesundheitssystem) vermittelt werden. Grundlage der Kurse ist die Lernunterlage “Mein Leben in Österreich: Chancen und Regeln”, die in die häufigsten Flüchtlingssprachen (Arabisch, Farsi/Dari und Englisch) übersetzt ist. Organisiert und finanziert werden die Kurse – außer in Wien, wo es eigene Angebote der Stadt gibt – vom Österreichischen Integrationsfonds, der im Integrationsministerium angesiedelt ist. Die Kosten belaufen sich laut Ministerium auf einen “mittleren einstelligen Millionenbetrag”.

Über 2.000 Kinder in Wiens Pflichtschulen – Ziel: “Umfassende Integration”

Seitens des Integrationsministeriums wird eine “Integrationspflicht” angestrebt, die einen Besuch der Wertekurse, einen Deutschkursbesuch sowie Arbeitsbereitschaft umfasst. Bei Zuwiderhandeln sind Kürzungen von Sozialleistungen geplant. Einzelne Länder – Vorarlberg und Niederösterreich – haben laut Integrationsministerium diese Verpflichtung bereits beschlossen. Eine österreichweite Einführung werde derzeit mit der SPÖ verhandelt, sie soll noch im ersten Halbjahr 2016 eingeführt werden, so ein Ressort-Sprecher.

In Wien werde der Fokus zum einen auf Spracherwerb gesetzt – wobei etwa subsidiär Schutzberechtigte, die rein rechtlich keinen Anspruch auf einen Deutschkurs hätten, ebenfalls unterstützt werden, wie es aus dem Rathaus hieß. Die schulische Ausbildung rückt ebenfalls immer mehr ins Blickfeld: Fast 2.000 Flüchtlingskinder werden derzeit in den Wiener Pflichtschulen unterrichtet, mehr als 300 zusätzlich in den diversen Formen der Oberstufe. Das Ziel laute dabei “umfassende Integration”. In den Pflichtschulen setzt man unter anderem auf die “Neu in Wien-Kurse”, also Sprachförderkurse im Rahmen des Regelunterrichtes. Dort wo keine Plätze in ausreichender Zahl vorhanden sind, gibt es eigene Klassen. Zehn davon wurden bisher eingerichtet.

Unterschiede zwischen den Bundesländern

In Salzburg beginnt die Integration von Asylwerbern mit einer Unterschrift: Flüchtlinge unterzeichnen mit dem Einzug in ein Asylquartier eine “Vereinbarung des Zusammenlebens”, die auf Regeln und Grundlagen der österreichischen Gesellschaft verweist. Mit einem positiven Bescheid erhalten Asylberechtigte später die “Charta der Integrationspartnerschaft” – ein Informationspaket zu Sprach- und Integrationsangeboten, Rechten und Plichten in der Mindestsicherung, Arbeitsmöglichkeiten oder Beratungsangeboten. Beide Dokumente liegen allerdings noch nicht in der Endfassung vor, die Entwürfe befinden sich laut einer Sprecherin von Integrationslandesrätin Martina Berthold (Grüne) derzeit im Feinschliff. Bei der Integration setzt das Land auf eine Reihe von Maßnahmen, im Mittelpunkt steht aber klar die Unterstützung beim Sprachelernen.

In der Steiermark ist geplant, die Mindestsicherung für Asylberechtigte teilweise zu streichen und stattdessen eine “Integrationshilfe” einzuführen. Für die Dauer des “Asyls auf Zeit” ist ein Modell bestehend aus Geld- und Sachleistungen vorgesehen – und ist mit speziellen Auflagen verbunden: Deutsch- sowie Werte- oder Orientierungskurse. Da das Land die Kosten nicht übernehmen könne, soll der Bund diese aus einer Art “europäischen Sozial-Fonds” übernehmen. Vom finanziellen Umfang her soll die Unterstützung gleich hoch wie die bisherige Mindestsicherung sein. Die Stadt Graz hat am Donnerstag eine “Integrationsvereinbarung” für alle Nicht-EU-Bürger eingeführt. Neo-Grazern, die diese nicht unterschreiben, sollen die städtischen Zusatz-Sozialleistungen gekürzt werden.

In St. Andrä/Lavanttal dürfen Asylwerber arbeiten

In Kärnten werden Wertekurse in erster Linie über den Integrationsfonds angeboten, hier ist man aber noch in der Pilotphase. Bisher wurden drei Kurse mit 15 bis 20 Teilnehmern abgehalten, im März sollen zwei weitere Kurse folgen. Zusätzlich gibt es ein Integrationsprojekt der Bezirkshauptmannschaft Hermagor und der Fachhochschule Kärnten, das Deutschkurse und andere Integrationsmaßnahmen anbietet. Von Landesseite ist ein Integrationsleitbild in Ausarbeitung. In einzelnen Gemeinden, etwa in St. Andrä im Lavanttal, dürfen Asylwerber arbeiten, um beispielsweise auf geringfügiger Basis Hilfsarbeiten für die Kommune zu erledigen.

In Oberösterreich will Asyl-Landesrat Rudi Anschober (Grüne) bis Sommer den “Masterplan Integration” vorlegen. Unter anderem sollen Asylwerber dann gleich mit Eintritt in die Grundversorgung einen Leitfaden zum Zusammenleben bekommen, mit einem positiven Asylbescheid einen weiteren zur Arbeits- und Wohnungssuche. Förderrichtlinien sollen so umgebaut werden, dass man früher – nämlich gleich mit Start des Asylverfahren statt erst bei einem positiven Bescheid – mit Deutschkursen beginnen kann. Die Kurse sollen quasi nebenbei gleich Fragen zur Lebensweise und zum Frauenbild vermitteln. 2015 hat die Integrationsstelle OÖ 74 Kurse von 1.851 Teilnehmern mit insgesamt 340.000 Euro unterstützt, heuer steht eine Million Euro mehr zur Verfügung. Bildungsreferent LHStv. Thomas Stelzer (ÖVP) plant in seinem Ressort einen Wertekodex für Schulen in Form einer Broschüre, mit der man über die Kinder auch deren Eltern erreichen will. Zudem soll in den Hausordnungen die Pflicht Deutsch auch in den Pausen zu sprechen verankert werden.

Tirol: Integrationsmaßnahmen auf fünf Säulen

Das Land Tirol habe zuletzt einige wichtige Schritte gesetzt und finanzielle Ressourcen für Integrationsmaßnahmen zur Verfügung gestellt, teilte Soziallandesrätin Christine Baur (Grüne) mit. Unter anderem sollen damit Deutschkurse, Stützkräfte für Flüchtlingskinder, Psychotherapien, ein Patenschaftsmodell für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, Dolmetschkosten und Mittel zur Integration in die Lehre und in den Arbeitsmarkt finanziert werden.

Die Integrationsmaßnahmen des Landes Tirol stützen sich im Allgemeinen laut Baur auf fünf Säulen, nämlich Deutsch, Bildung und Arbeit, Wohnen, Gesundheit und Soziales sowie Begegnung und Zusammenleben. Zuletzt hatte das Land beispielsweise 1,4 Millionen Euro in Deutschkurse für Asylwerber investiert. Außerdem wurde ein “Buddysystem” mit einheimischen “Patenschaften” für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ins Leben gerufen.

Auch im Burgenland wurde mit den Wertekursen bereits begonnen. Für die Asylberechtigten werden auch Deutschkurse angeboten, die das Land mitfinanziert.

(APA, Red.)

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