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HTL Dornbirn streicht Ausbildung Bekleidungs- und Textiltechnik

Zu wenig Interessenten mit teils zu geringer Qualifikation für fünfjährige Ausbildung mit Matura - jetzt will die HTL mit Schulbehörde, Wirtschaftskammer und Unternehmen massiv gegensteuern - die Ausbildung soll modernisiert werden.

Die wenig erfreulichen Nachrichten aus dem Bildungssystem in Vorarlberg und deren Auswirkungen auf die regionale Wirtschaft reißen nicht ab. Vor wenigen Tagen hat Blum-Beschläge-Geschäftsführer Gerhard Blum das Bildungsniveau der Schulabgänger im Ländle als wenig zufriedenstellend bezeichnet. Jetzt trifft es die Textiler. Denn die HTL Dornbirn wird im kommenden Schuljahr 2015/16 erstmals keine Mischklasse mit den Ausbildungsschwerpunkten Bekleidungstechnik und Textiltechnik führen. Diese fünfjährige Ausbildung schließt mit der Matura ab und ist die einzige ihrer Art in Vorarlberg beziehungsweise in weiten Teilen Österreichs. Aus informierten Kreisen ist zu erfahren, dass es für diese Ausbildung heuer nicht nur zu wenig Interessenten gegeben habe, sondern dass die Bewerber zu einem guten Teil von ihrem Bildungsniveau her auch nicht geeignet gewesen seien.

Thomas Achammer, seit 1. September 2014 Direktor der HTL Dornbirn, bestätigte auf Anfrage der Wirtschaftspresseagentur.com, dass es heuer erstmals keine neue Klasse mit dem Ausbildungsschwerpunkt Bekleidungstechnik und Textiltechnik geben werde, die in fünf Jahren mit der Matura abschließen sollte. Das Problem mit den rückläufigen Schüler-Zahlen in diesem Bereich zeichne sich schon seit mehreren Jahren ab, doch jetzt habe das Ganze eine neue Eskalationsstufe erreicht. Er begründet die aktuelle Entscheidung der Schule damit, dass man die mindestens 20 gesetzlich vorgeschriebenen Schüler für die Bildung einer Klasse bei Weitem nicht erreicht habe. “Es scheiterte primär an den Anmeldezahlen, die waren zu gering. Dass es an der mangelnden Qualifikation lag, will ich hier jetzt einmal offen lassen. So generell kann man das nicht sagen.” Es sei zwar richtig, dass die Eingangsvoraussetzungen bei den Interessenten nicht immer wirklich gegeben seien. “Aber im Laufe ihrer Ausbildung bringen unsere Schüler dann mitunter Spitzenleistungen.”

HTL Dornbirn will Ausbildung wieder anbieten – in adaptierter Form

Alle anderen Ausbildungsschienen der HTL Dornbirn in diesem Bereich würden allerdings weiterhin angeboten werden, betonte Achammer. Dazu gehören die fünfjährige Ausbildung Mode & Produktion sowie die dreijährigen Fachschul-Ausbildungen Bekleidungstechnik, Maschinenstickerei und Textilchemie. Und auch das heuer erstmals ausgesetzte Ausbildungsangebot Bekleidungtechnik und Textiltechnik (fünf Jahre mit Matura) soll in Zukunft wieder zum fixen Programm der HTL Dornbirn gehören. “Es ist unser festes Ziel, eine solche Klasse im Schuljahr 2016/17 wieder zu führen. Wir bekennen uns ganz klar zu dieser Ausbildung”, so Achammer. Es werde allerdings notwendig sein, die diesbezügliche Ausbildung an der HTL Dornbirn an die Erfordernisse und Rahmenbedingungen der Zeit anzupassen. Dabei gehe es unter anderem um einen verstärkten Fokus auf den Bereich “Textile Technologien” respektive “Smart Textiles”.

Arbeitsgruppe mit Vertretern von Schule, Behörde und Wirtschaftskammer

Diese Aufgabe – also genügend geeignete Interessenten für eine solche textile Ausbildung zu begeistern – muss die HTL Dornbirn nicht alleine stemmen. “Nachdem sich bereits im Frühjahr abgezeichnet hat, dass wir heuer keine Klasse zusammen bekommen, habe ich umgehend den Kontakt mit der Wirtschaftskammer gesucht, um diesem Trend gemeinsam massiv gegensteuern zu können.” Es gebe jetzt eine Arbeitsgruppe bestehend aus Vertretern der Schule, der Landesschulbehörde sowie der Wirtschaftskammer und einem externen Unternehmensberater. “Hier sollen in enger Kooperation die nächsten Schritte gesetzt werden, damit diese Ausbildung so rasch wie möglich wieder fortgeführt, aber auch neu ausgerichtet werden kann”, so Achammer.

Wirtschaftskammer steht hinter textiler HTL-Ausbildung

Andreas Staudacher, Fachgruppen-Geschäftsführer der Textil- und Bekleidungsindustrie in der WKV, sagte, dass die Vorarlberger Textilwirtschaft sehr stark daran interessiert sei, diesen HTL-Ausbildungszweig zu erhalten. “Die HTL Dornbirn ist eine der letzten textilen Ausbildungsstätten in Österreich.” Doch mit der Wiedereinführung der für heuer gestrichenen Klasse will man sich nicht zufrieden geben. “Unser langfristiges Ziel ist es, Vorarlberg als Zentrum der textilen Ausbildung in Österreich zu positionieren.” Diesbezüglich werde es auch bereits zugesagte finanzielle Unterstützung durch das Land Vorarlberg, die WKV sowie diverse Textilverbände Österreichs geben.

Interdisziplinäre Ausbildung ist notwendig

Aber die textile Ausbildung müsse sich dem Wandel der Zeit anpassen und neu ausrichten. “Diese Veränderung muss binnen kürzester Zeit erfolgen und die HTL Dornbirn hat die besten Voraussetzungen, diese neuen Anforderungen zu erfüllen”, so Staudacher. Den Trend der Branche in Richtung “Technische Textilien” beziehungsweise “Smart Textiles” könne man nicht ignorieren. “Wir brauchen zukünftig gut ausgebildete und technikaffine Textilingenieure für die Unternehmen, die in der Lage sind, branchenübergreifend zu denken.” Denn der Innovationsprozess finde heutzutage in den verschiedensten Bereichen statt, die miteinander vernetzt sind. Als Beispiel nennt Staudacher Textilien, die mit Elektronik- oder Kunststoffbestandteilen ausgestattet sind. “Solche Herausforderungen kann man nur mit interdisziplinärem Denken und einer dazugehörenden Ausbildung meistern. Die so ausgebildeten Schüler haben dann die allerbesten Berufsaussichten, nicht nur in Vorarlberg.” (WPA)

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