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Hohe Pro-Kopf-Verschuldung in Vorarlberg: "Preisniveau nicht berücksichtigt"

Im Vergleich mit anderen Bundesländern ist die Pro-Kopf-Verschuldung in den vergangenen Jahren in den Vorarlberger Gemeinden stark angestiegen. Harald Köhlmeier, Präsident des Gemeindeverbandes, ortet eine Ursache im nicht bis kaum berücksichtigten Unterschied beim Preisniveau. 

Laut Statistik Austria kann im Bundesländervergleich nur Tirol eine geringere Verschuldung pro Kopf aufweisen als das Land Vorarlberg. Sieht man sich jedoch die Gemeinden an, zeigt sich ein anderes Bild. Abgesehen von Langen bei Bregenz, das schuldenfrei ist. Die durchschnittliche Gemeindeverschuldung pro Kopf ist mit 2.927 Euro in Vorarlberg am höchsten. Für Gemeindeverbandspräsident Harald Köhlmeier gibt es dafür klare Gründe.

Starke Finanzkraft sorgt für hohe Verschuldung

“Vorauszuschicken ist, dass die Pro-Kopf-Verschuldung nicht der geeignete Parameter ist, um die tatsächliche Finanzlage der Gemeinden wirklich zu beurteilen, da eine Gemeinde mit hoher Pro-Kopf-Verschuldung vielfach auch den Gemeinden mit guter Finanzlage zuzuordnen ist”, erklärt Harald Köhlmeier auf VOL.AT-Anfrage. Dies sei beispielsweise dann der Fall, wenn sie auf Grund ihrer Finanzkraft (Steuereinnahmen) leicht in der Lage ist, ihre “hohe” Pro-Kopf-Verschuldung zu bedienen. “Die aussagekräftigste Finanzkennziffer einer Gemeinde ist daher das ‘öffentliche Sparen’. Das ergibt sich aus dem Saldo der laufenden Einnahmen abzüglich der laufenden Ausgaben.” Das bedeutet, je höher das “öffentliche Sparen” ist, desto mehr Mittel stehen einer Gemeinde zur Finanzierung der Investitionen zur Verfügung.

Gemeinde als größter öffentlicher Investor

“Ein Blick auf die Investitionen der Vorarlberger Gemeinden zeigt, dass deren Pro-Kopf-Ausgaben im Jahr 2016 bei 445 Euro gelegen sind – das waren um 38 Prozent mehr als alle österreichischen Gemeinden im Durchschnitt (322 €) investiert haben. Zwangsläufig bedeutet eine höhere Investitionstätigkeit auch einen höheren Finanzierungsbedarf mit Fremdmitteln”, erläutert Köhlmeier. Dies werde auch mit der Pro-Kopf-Verschuldung der Vorarlberger Gemeinden zum Ausdruck gebracht. Ende 2016 wiesen die Vorarlberger Gemeinden eine Pro-Kopf-Verschuldung von 1.914 Euro aus, während bundesweit die Gemeinden noch eine solche von 1.642 Euro pro Kopf und damit um 17 Prozent weniger als die Gemeinden in Vorarlberg zu finanzieren hatten.

VOL.AT/Paulitsch
VOL.AT/Paulitsch ©VOL.AT/Paulitsch

Preisniveau darf nicht vergessen werden

“In dieser Diskussion wird das unterschiedliche Preisniveau kaum bis gar nicht berücksichtigt, welches zwischen dem Bodensee und dem Neusiedlersee besteht. Es darf als unbestritten gelten, dass in Vorarlberg für den Erwerb von Grundstücken oder für den Bau von Gemeindeeinrichtungen ein deutlich höherer Finanzierungsbedarf besteht als im Burgenland, was daher die Gemeinden in Vorarlberg finanziell stärker fordert als die Burgenländer Gemeinden”, stellt der Gemeindeverbandspräsident klar. Diesem Umstand müsse künftig auch der bundesweite Finanzausgleich Rechnung tragen, fordert Köhlmeier. Bei der Verteilung der Finanzmittel müsse verstärkt auch die Ausgabenseite mit berücksichtigt werden. Dies sei bisher völlig unberücksichtigt geblieben, so Köhlmeier.

Forderungen des Gemeindeverbandes

“Damit wären wir auch bei einer zentralen Forderung des Vorarlberger Gemeindeverbandes an den Bund, dass nämlich beim Finanzausgleich die unterschiedlichen Preissituationen in den einzelnen Ländern mit zu berücksichtigen sind. Beim neuen Vorschlag der Familienbeihilfe für die im Ausland lebenden Kinder von in Österreich beschäftigten Personen sollen künftig die unterschiedlichen Unterhaltskosten berücksichtigt werden, bemerkt Köhlmeier am Rande. Diese Überlegung müsse selbstverständlich auch im Inland bei der Aufteilung der Steuermittel gelten.

VOL.AT/Steurer
VOL.AT/Steurer ©VOL.AT/Steurer

Erste Maßnahmen gesetzt

In dem vor kurzem beschlossenen Gemeindefinanzpaket mit dem Land Vorarlberg ist der Forderung des Gemeindeverbandes Rechnung getragen worden. “Demnach wird die Finanzkraft der Gemeinden, welche für die Verteilung der Bedarfszuweisungsmittel maßgebend ist, um die wichtigsten Umlagebelastungen der Gemeinden erweitert. Die Finanzkraft einer Gemeinde besteht daher aus ihren Steuereinnahmen abzüglich der Beiträge, die von ihnen an das Land zu leisten sind”, erklärt Köhlmeier. Diesem ersten Schritt auf Landesebene müssen laut Gemeindeverbandspräsidenten weitere auf Bundesebene folgen.

»Preisniveau wird kaum bis gar nicht berücksichtigt!«

“Der Gemeindeverband ist mit dem Land gemeinsam laufend darum bemüht, dass mit den unterschiedlichsten Finanzausgleichsmaßnahmen auf die Besonderheiten der einzelnen Kommunen – und insbesondere auch der kleineren Gemeinden – die entsprechenden Maßnahmen gesetzt werden, die die Bereitstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in den einzelnen Gemeinden sicherstellen”, versichert Harald Köhlmeier. Dies habe in den letzten Jahren zu einer spürbare Entlastung der Gemeinden bei den Spitalsbeiträgen sowie das Finanzpaket 2017 mit der Deckelung der Gemeindebeiträge an den Sozialfonds geführt.

Finanzausgleich im Auge behalten

“Wichtig aus Sicht des Vorarlberger Gemeindeverbandes wird auch künftig eine laufende Evaluierung der gesamten Finanzlage der Gemeinden sein. Da gilt es einerseits die landesweiten Entwicklungen im Finanzausgleich auf Bundes- als auch auf Landesebene im Auge zu behalten und gegebenenfalls sofort zu reagieren und andererseits die gemeindeweise Mittelverteilung beziehungsweise Kostenaufteilung in einem objektiv gerechten Verhältnis – was immer schwieriger wird – zu erreichen”, fordert Köhlmeier abschließend.

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