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"Heldendenkmal": Völlige Umgestaltung bereits im Gange

Das Heldendenkmal am Wiener Heldenplatz soll umgestaltet werden.
Das Heldendenkmal am Wiener Heldenplatz soll umgestaltet werden. ©APA/ROBERT JAEGER
Das Heldendenkmal des Toten Soldaten am Wiener Heldenplatz soll laut Verteidigungsminister Norbert Darabos neugestaltet werden. Man strebt ein würdevolles Gedenkmal an. Für das Deserteursdenkmal sind mehrere Standorte im Gespräch.
Grüne fordern Krypta-Schließung
Streichung aus Totenbüchern

Nach den Diskussionen um die Streichung eines Kriegsverbrechers aus den Totengedenkbüchern in der Krypta am Äußeren Burgtor, plant Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) jetzt eine komplette inhaltliche und formale Umgestaltung der Innenräume des “Heldendenkmals”, so der Pressesprecher des Ministers.

Toter Soldat wird untersucht

Der Epitaph des Toten Soldaten, in dem der Bildhauer Wilhelm Frass angeblich eine Kapsel mit nationalsozialistischen Schriften versteckt haben soll, werde noch in den nächsten Wochen untersucht. Mit dem Abbau der Vitrinen, der Entfernung der Kränze sowie der Kranzschleifen, der Gedenktafeln der Vereine und der Abbildung des Staatsvertrags sei der erste wichtige Schritt zur Umgestaltung bereits gesetzt worden, heißt es aus dem Büro des Ministers. Auch das elektronische Gedenkbuch für Gendarmerie und Polizei wird entfernt. Die Totengedenkbücher werden derzeit im Verteidigungsministerium zwischengelagert, sie sollen an das Kriegsarchiv weitergegeben und dort wissenschaftlich untersucht werden. Eine erneute Präsentation in der Krypta ist nicht vorgesehen.

Die nächste ganz konkrete Maßnahme sei die Untersuchung des Toten Soldaten mit Hilfe von Röntgen, Ultraschall und Knopflochkameras. Diese Techniken machen ein komplettes Abheben der Marmorfigur überflüssig. So soll einerseits dem Denkmalschutz Rechnung getragen werden, aber auch das Gerücht um die Kapseln mit nationalsozialistischen Inhalten abgeklärt werden. Jedes Jahr legen Bundespräsident und Bundesregierung am 26. Oktober in der Krypta Kränze nieder, um den Gefallenen der Weltkriege zu gedenken.

Verteidigungsministerium will “würdevolles Gedenken”

“Ziel ist es, ein würdevolles Gedenken an die Opfer der Weltkriege und des Faschismus zu ermöglichen”, so der Pressesprecher der Verteidigungsministers, Stefan Hirsch. Dazu soll die Militärhistorische Denkmalkommission unter der Leitung des Historikers Dieter Binder von der Universität Graz in den kommenden Wochen ein Konzept für die Umgestaltung vorlegen. Auch Burghauptmannschaft und Bundesdenkmalamt werden einbezogen. Dabei geht es aufgrund des denkmalgeschützten Außenbereichs von Krypta und Weiheraum vor allem um die Umgestaltung der Innenräume.

Auch nach der Entfernung von Kränzen und Totengedenkbüchern bleibt die Krypta für die Öffentlichkeit zugänglich, nur in der Zeit der Untersuchung des Toten Soldaten ist sie geschlossen. Am 26. Oktober werde die Kranzniederlegung zum ersten Mal sicher ohne zweifelhafte Bezüge zum NS-Regime stattfinden, so Hirsch. Die Umgestaltung unter der Leitung der Denkmalkommission werde in mehreren Schritten Erfolgen, die noch über den Nationalfeiertag hinausgehen.

Umgestaltung ist “starker symbolischer Akt”

Die Neugestaltung der Innenräume von Krypta und Weiheraum beurteilt Heidemarie Uhl, Historikerin am Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, im Gespräch mit der APA als “starken symbolischen Akt”.Wien. Die Reaktion auf die öffentliche Debatte um das “Heldendenkmal” sei mit einer erstaunlichen Radikalität erfolgt. “Hier wird ganz symbolisch ein Neuanfang gesetzt”, erklärt Uhl. In den kommenden Wochen soll eine Expertenkommission unter der Führung der Militärhistorischen Denkmalkommission ein Konzept für die Neugestaltung entwicklen. Uhl plädiert dabei jedoch eher für eine historisierende und kommentierende Form der Umgestaltung statt eines kompletten Umbaus. “Es wäre Unfug, das komplett umzugestalten. Damit würde man sich die Chance vergeben, das zu einem Lernort zu machen”.

Das Äußere Burgtor sei die einzige Gedenkstätte der Bundesrepublik, alle anderen gehören Stadt oder Gemeinden und wurden meist auf Initiative von Vereinen oder Religionsgemeinschaften gegründet. Daher sei es umso wichtiger, hier eine angemessene Gedenkstätte zu schaffen, die allen Opfergruppen gewidmet ist: “Die Frage ist auch, wie kann man den Ort so neu definieren und gestalten, dass er nicht mehr instrumentalisiert werden kann und eine Identifikation mit der deutschen Wehrmacht, in der Form wie sie heute geschieht, nicht mehr passieren kann.”

Neben Krypta auch Weiheraum Thema

Dabei gehe es nicht nur um die Krypta, sondern auch um den 1965 neu eröffneten Weiheraum, der in einer Inschrift den “Opfern für Österreichs Freiheit” gedenkt. Damals sei der Widerspruch zwischen Gedenken an gefallene Soldaten und ermordete Widerstandskämpfern viel bewusster gewesen, erklärt Uhl. “In den 50er- und 60er-Jahren war allen klar, wie heiß dieser Ort ist. Dann versank das Heldendenkmal im Dornröschenschlaf.” Aus diesem Schlaf erwache das “Heldendenkmal” nur einmal im Jahr – zur Kranzniederlegung des Bundespräsidenten und der Bundesregierung am 26. Oktober. Erst mit dem “Totengedenken” der Burschenschafter habe die Diskussion wieder an Fahrt und eine gewisse Eigendynamik gewonnen, meint Uhl. Dabei sei auch die Geschichte um die angebliche nationalsozialistische Lobschrift, die der Bildhauer Wilhelm Frass im Epitaph des Toten Soldaten versteckt haben soll, in der Forschung schon lange bekannt gewesen.

Für im Zuge der Umgestaltung möglich hält die Historikerin auch eine Einbindung des viel diskutierten “Deserteursdenkmal” für die Opfer der NS-Militärjustiz in die bereits bestehende Gedenkstätte im Äußeren Burgtor. “Das würde ich eigentlich sehr sinnvoll finden. Es wäre ein wichtiges Zeichen, dass es ein gemeinsames Gedenken gibt. Auch für jene Soldaten, die ermordet wurden, weil sie sich gegen Hitlers Krieg zur Wehr gesetzt haben.” Damit könne man der Dezentralisierung des Gedenkens entgegen wirken und ein Zeichen setzen, dass sich auch ganz direkt auf die militärische Traditionspflege auswirke.

Wohin kommt das Derserteursdenkmal?

Momentan sind fünf mögliche Standorte für das “Deserteursdenkmal” im Gespräch: Der Heldenplatz, der Ballhausplatz, der Julius-Raab-Platz bei der Urania, der Grete-Rehor-Park zwischen Parlament und Justizpalast und die Rossauer Lände. Sollte es zu einem separaten Denkmal kommen, favorisiert Uhl einen Platz mit historischem Bezug: “Ortsbezug bedeutet immer Konkretisierung von Geschichte in die persönlichen und individuellen Schicksale von Menschen.”

Dahin gehe auch international der Trend bei Gedenkstätten und Ausstellungen – statt abstrakter Formeln würden Historiker zunehmend auf einzelne Schicksale zurückgreifen, um auch den Einblick in den Zeitkontext klarer zu machen. Daher würden sich als Standort für das Heldendenkmal etwa der Militärschießplatz in Kagran, wo zahlreiche Deserteure hingerichtet wurden, oder die Rossauer Kaserne als militärische Schaltstelle anbieten.

(apa/red)

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