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Heiles Stück Griechenland

Bregenz - Griechenlands Image hat arg gelitten. Das "Ikaros" hält dagegen.

Spätestens wenn man auf einem der blau gestrichenen Holzsessel Platz nimmt, erstirbt alles Klagen über diese Griechen und die arme EU. Wenn dann noch Panagiotis unversehends ein Glas Ouzo vor die Gäste stellt und ein unverwechselbarer Duft davon erzählt, wie prächtig das Moussaka munden wird, dann geht die Ratio auf Urlaub. Dann räkeln sich später selbst die Zehen in den Schuhen, als suchten sie den Sand, den das Retsina-verklärte Auge längst erspäht hat. Am nächsten Morgen dann . . . aber wer denkt schon an morgen, solang der geharzte Weiße nicht zur Neige geht?

In der Plaka von Athen

Die kleine griechische Insel inmitten der Bregenzer Gastlichkeit nahm vor genau 15 Jahren ihren Anfang. Damals hatten Panagiotis und Marlies schon einen weiten Weg hinter sich. Kennengelernt haben sie sich in den Siebzigerjahren in Athen. Panagiotis studierte Sport. Marlies war auf Urlaub. Die griechisch-österreichische Liebesgeschichte nahm mit dem Satz „Where do you come from?“ ihren Anfang. Sie kam aus Altach. Im fernen Vorarlberg. Wovon sich der junge Student kaum eine Vorstellung machte. Aber muss man das nächtens in einer Taverne in der Altstadt von Athen? Ein Jahr später reiste er per Interrail in dieses ferne Land. Von Athen nach Altach. Er blieb. Auch wenn ihm die neue Heimat anfangs „ziemlich eng“ erschien, „sehr bodenständig“. Panagiotis wurde Kellner in Lauterach. Arbeitete, bis er 38 Jahre alt war und den Sprung in die Selbstständigkeit wagte. An einem sonntäglichen Spaziergang sprang ihm die Immobilienannonce einer Bank ins Auge. Er griff zu. Der Rest ist Geschichte und anfängliches Misstrauen, Behördenhürden und erste Freundschaft. Das „Ikaros“ ist aus Bregenz längst nicht mehr wegzudenken. Der Bürgermeister brachte zum Jubiläum eine „Ehrengabe der Stadt“, die Panagiotis noch immer mit ungläubigem Stolz in Händen hält.

Seiner Heimat Ikaria, die knapp 255 km2 große Insel westlich von Samos, hat er in Bregenz einen würdigen Außenposten geschaffen. Auch wenn ihm das Herz blutet, wenn er dieser Tage nach Griechenland blickt. „Ich war gerade im Februar ein paar Tage in Athen.“ Seine Mutter lebt dort. Panagiotis empfand die Menschen als hoffnungslos. Ein Schatten hat sich auf die griechische Sonne und die lockere Einstellung zum Leben gelegt. Die Hauptschuldigen sieht Pangiotis „in allen Regierungen seit Ende der Militärdiktatur 1974“. Alle hätten sie versagt. Die Korruption sei in all den Jahren nur gewachsen. „Egal, ob du in ein Spital musst oder den Staat sonst wie brauchst, ohne Schmiergeld geht nichts.“ Jede Partei habe nur versucht, die Ihren zu versorgen. Ob sich das je ändert? „Es wird lange dauern.“

So bleibt einstweilen nur Panagiotis‘ Traum von Griechenland tragfähig, der in den nächtlichen Gesprächen im Bregenzer „Ikaros“ den Zechern Flügel verleiht, die sich mitunter erst im grellen Licht der aufgehenden Morgensonne auflösen. Freilich nur, um sich in der Dämmerung wieder zu entfalten.

Zur Person Panagiotis Pyrovolikos

In Bregenz betreibt der gebürtige Grieche die Taverne „Ikaros“. Geboren: 31. August 1957 in Agios Kirikos Ausbildung: Nach der Matura zweijährige Ausbildung zum Sportlehrer in Athen Laufbahn: erst Kellner in Lauter­ach, seit 15 Jahren selbstständig Familie: verheiratet mit Marlies, zwei Kinder Fotini und Leonidas

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