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Hartmann: Entlassung als Burgtheater-Direktor "unberechtigt und unwirksam"

Matthias Hartmann wehrt sich gegen seine Kündigung als Burgtheater-Direktor
Matthias Hartmann wehrt sich gegen seine Kündigung als Burgtheater-Direktor ©APA (Sujet)
Matthias Hartmann lässt nun mit einer Beschwerde aufhorchen: Seine Kündigung sei "unwirksam", das  Dienstverhältnis mit dem Burgtheater "aufrecht", er selbst "leistungsbereit". Er argumentiert, dass lediglich der Bundeskanzler ihn hätte abberufen können.
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Der entlassene Burg-Direktor argumentiert in seiner vergangene Woche eingebrachten Klage, dass eine Abberufung nur durch den Bundeskanzler erfolgen hätte können, diese daher nicht nur “unberechtigt”, sondern auch “unwirksam” sei. Hartmanns Ansprüche summieren sich auf knapp unter zwei Mio. Euro.

Hartmann ficht “unbegründete” Entlassung an

Unter einer Neu-Interpretation des im Louvre hängenden Georges de la Tour-Gemäldes “Der Falschspieler mit dem Karo-Ass” durch den US-Künstler Pieter Schoolwerth gaben am Mittwochvormittag die Hartmann-Anwälte Georg Schima und Katharina Körber-Risak bei einem Pressegespräch in der Kanzlei Kunz Schima Wallentin Details zu der beim Arbeits- und Sozialgericht Wien eingebrachten Klage bekannt.

Die Hartmann in kurzen Schreiben vom Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) bekannt gegebene Abberufung und von Holding-Chef Georg Springer ausgesprochene Entlassung habe keine detaillierte Begründung enthalten, hieß es, weshalb ein Fristsetzungsantrag eingebracht worden sei: Innerhalb von 14 Tagen sollen die Entlassungsgründe detailliert genannt werden.

Abberufung nicht ohne Bundeskanzler-OK?

Eine Abberufung eines Geschäftsführers sei im Bundestheater-Organisationsgesetz überhaupt nicht geregelt. “Wir gehen aber davon aus, dass eine Abberufung nicht ohne Zustimmung des Bundeskanzlers erfolgen kann”, sagte Schima und bezog sich dabei auf den am 29.9.2006 mit Hartmann abgeschlossenen Geschäftsführervertrag. Was, wenn sich das Gericht dieser Ansicht anschlösse? “Dann hätte das Burgtheater zwei Künstlerische Geschäftsführer.”

Unabhängig davon sei die Entlassung jedenfalls “ungerechtfertigt” erfolgt, heißt es in der Klage: “Die beklagte Partei hat auch keinen Entlassungsgrund genannt.” Die Beweislast läge nicht bei Hartmann, weswegen “derzeit alles hypothetisch” sei, so Schima.

Burgtheater-Holding hat “informiert geduldet”

In der Hauptsache argumentieren die Anwälte jedoch dahingehend, dass sowohl der Aufsichtsrat des Burgtheaters als auch die Holding über die Vorgänge im Burgtheater informiert gewesen wären und diese “informiert geduldet” hätten. “Es ist nicht so, dass sich Hartmann um das alles nicht gekümmert hat.” Er habe sogar lange, bevor KPMG (die sich, so Schima, zu Unrecht der Aufdeckung der inkriminierten Vorgänge rühmen würden) neue Wirtschaftsprüfer des Burgtheaters wurde, mit dem Experten Peter F. Raddatz seinerseits jemanden beigezogen, um Licht ins Dunkel zu bringen.

Raddatz sei zunächst ab 7.1.2011 mit einem dreimonatigen Werkvertrag von der Holding und danach von 1.10.2011 bis 31.7.2013 vom Burgtheater mit Durchleuchtung und Verbesserungsvorschlägen von betriebsinternen Abläufen beauftragt gewesen, sei aber offensichtlich “auf Herzmanovsky-Orlando’sche Weise zum Salzamt geschickt worden”, wie aus der Korrespondenz hervorgehe. In einer am 14.3.2014 abgegebenen eidesstattlichen Erklärung gibt Raddatz an, bereits am 19.6.2011 gegenüber Springer von Verbindlichkeiten über 13,6 Mio. Euro zum Ende der Spielzeit 2008/9 gesprochen zu haben.

“Hartmann hat sich auf die Hinterbeine gestellt”

“Auf meinen Hinweis, dass das Burgtheater eigentlich insolvent sei, entgegnete Herr Dr. Springer, dass die Liquidität des Burgtheaters gesichert sei, dies nicht zuletzt über das Cash-Pooling der Holding.” Am 19.4.2012 habe er überdies auf die in Theaterbetrieben völlig unübliche Abschreibungspraxis des Burgtheaters hingewiesen.

“Raddatz wird sicher eine ganz wichtige Rolle als Zeuge spielen”, sagte Schima. “Faktum ist: Hartmann hat sich auf die Hinterbeine gestellt.” Dass auf seine Warnungen letztlich niemand reagiert habe, sei ihm nicht anzulasten, da er seinen Eigentümer ordnungsgemäß informiert habe.

Die Forderungen des Ex-Direktors

Die finanziellen Forderungen Hartmanns betragen entlassungsunabhängige 147.801 Euro (die Regiegage von 54.801 Euro für “Spatz und Engel” ist ebenso offen wie ein noch offener Teilbetrag von 93.000 Euro, der nach Ansicht der Anwälte sehr wohl vom Burgtheater und nicht von der entlassenen ehemaligen Kaufmännischen Geschäftsführerin Silvia Stantejsky verwahrt werde) plus Urlaubsersatzleistungen. Darüber hinaus wird eine Kündigungsentschädigung von drei Monatsentgelten (in Summe: 48.574,35 Euro) sowie eine volle Auszahlung des bis 31.8.2019 laufenden Vertrags gefordert, wobei die Honorare für drei Regiearbeiten pro Jahr hinzu addiert werden. “Alles in allem sind das knapp unter zwei Millionen Euro.”

Mit einer ersten Tagsatzung vor Gericht rechnet Anwältin Katharina Körber-Risak im Mai.

Burgtheater-Anwalt sieht “reine Vernebelungstaktik”

Anwalt Bernhard Hainz, der das Burgtheater im Rechtsstreit gegen den entlassenen Direktor Matthias Hartmann vertritt, sieht in der heute, Mittwoch, von Hartmanns Anwälten vorgebrachten Argumentation “eine reine Vernebelungstaktik”. Hartmann habe nicht nur Kenntnis vom “System Stantejsky” gehabt, sondern sei auch “an diesem System selbst beteiligt” gewesen.

Hartmanns Rechtsvertreter hatten heute betont, der Burg-Chef sei sehr wohl seinen Geschäftsführerpflichten nachgekommen, habe sogar selbst den deutschen Experten Peter F. Raddatz beigezogen, um die am Haus gepflogene Praxis zu hinterfragen. Raddatz sei jedoch offenbar nicht in der Lage gewesen, das von den Wirtschaftsprüfern aufgedeckte “System Stantejsky”, das die entlassene Vizedirektorin mit Bargeldauszahlungen und -depots abseits der offiziellen Buchhaltung aufgebaut habe, zu durchschauen, so Anwalt Hainz in einer Aussendung: “Die fristlose Entlassung von Matthias Hartmann steht weder mit der Abschreibungsmethodik noch mit der Liquiditätssituation des Burgtheaters in einem Zusammenhang. Raddatz wurde offensichtlich ebenfalls von Matthias Hartmann und Silvia Stantejsky getäuscht, ansonsten hätte das System schon viel früher auffliegen müssen.”

“Hartmann war aktiver Teil von Schwarzgeldpraxis”

Relevant sei einzig, dass Hartmann “seit Juli 2009 Kenntnis von der Schwarzgeldpraxis der früheren Burgtheater-Geschäftsführung hatte. Schlimmer noch: er war aktiver Teil dieses Systems. Wie er selbst zugegeben hat, hat er sich sogar persönlich daran beteiligt”, so Hainz. Hartmann habe inzwischen eine Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit dem System Stantejsky gestanden: “Dies alleine ist schon ein ausreichender Entlassungsgrund.” Über das System Stantejsky habe er niemanden informiert, “weder den Aufsichtsrat noch Doktor (Holding-Chef Georg, Anm.) Springer noch den Minister, weil es ja solche Schwarzgeldsysteme schon begrifflich an sich haben, dass man sie nicht an die große Glocke hängt”, ergänzte Hainz im Gespräch mit der APA.

Dass der Burgtheaterdirektor nicht ohne Zustimmung des Bundeskanzlers abberufen werden könne, sei “verfassungsrechtlicher Schwachsinn. Laut Bundestheaterorganisationsgesetz ist ausschließlich der jeweilige Kunst- und Kulturminister für die Bestellung und Abberufung zuständig.” Dieser sei eben zum Zeitpunkt von Hartmanns Bestellung Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) gewesen.

Hainz hält den ersten Gerichtstermin “frühestens im Mai” für wahrscheinlich, “vielleicht auch erst im Juni”.

(apa/red)

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