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Hangrutsch: "Etwas tun statt zuschauen"

Doren - Der Schnee hat das ganze Elend gnädig zugedeckt. Sein Ausmaß bleibt dennoch sichtbar. Nach einem relativ ruhigen Sommer ist der Hang am Ortsrand von Doren, wie berichtet, wieder in Bewegung geraten.  

Obwohl diese Entwicklung laut Experten als Folge der Rutschungen im Februar zu erwarten war, liegen die Nerven jetzt blank. „Die Situation ist dramatisch“, verlangt Bürgermeister Anton Vögel „endlich konkrete Lösungen“. Auch Otto Nöckl reißt der Geduldsfaden. Seit Jahren muss er tatenlos zusehen, wie sein Grund und Boden langsam in der Weißach verschwindet. „Man muss etwas tun, statt immer nur zuschauen. In Gmunden ging das ja auch schneller“, poltert er, während sein Blick über den riesigen Krater schweift, den die Rutschung in die Landschaft gerissen hat.

Andreas Reiterer zeigt Verständnis für den Frust. Untätigkeit lässt sich der Chef der Wildbach- und Lawinenverbauung aber nicht vorwerfen. „Den ganzen Sommer über haben wir Bohrungen und Begehungen durchgeführt, Materialproben entnommen und Messgeräte installiert“, zählt er auf. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen und ein mögliches Sanierungsszenario werden am Freitag im Feuerwehrhaus der Bevölkerung präsentiert. Wobei die Umsetzung nur schrittweise erfolgen kann. „Es wird schon einige Jahre dauern“, sagt DI Reiterer. Doch er hat auch Sofortmaßnahmen im Talon.

Wichtig wäre demnach, das Wasser schnellstmöglich abzuleiten, den Wasserdruck im oberen Bereich durch Abpumpen zu senken und den unteren Bereich mittels Kiessäulen zu stabilisieren. Zusätzlich will man die Wand mit extra langen Nägeln sichern.

Allerdings erweist sich der Untergrund derzeit als zu weich für das erforderliche schwere Arbeitsgerät. „Wenn die noch ein halbes Jahr warten, müssen sie gar keine Anker mehr setzen“, versucht sich Otto Nöckl in Zynismus. Aber es ist eher die nackte Verzweiflung, die aus seinen Worten spricht. Denn: „Jeden Tag in dieses Loch schauen zu müssen ist nicht angenehm.“ Und langsam keimt auch Resignation auf. „Wenn es keine hundertprozentige Lösung für diesen Hang gibt, gehe ich.“ Mit hängendem Kopf, die Hände tief in den Hosentaschen vergraben, stapft der Gast- und Landwirt durch das Schneegestöber davon.

Das „Gschlief“ ist nicht das einzige geologische Sorgenkind in diesem Gebiet. Die gesamte Weißachflanke gilt als labil. In Doren frisst sich der Hang durchschnittlich einen Meter pro Jahr in Richtung des bewohnten Bereiches. Durchböschung nennen Fachleute den Vorgang, der Platz greift, wenn die natürliche Böschung dem Erdreich keinen Halt mehr bietet. Noch sind es gute achtzig Meter bis zum Dorfrand. Würde heißen, die Schonfrist beträgt gut und gerne achtzig Jahre.

Auf diese Rechnung will sich Landesgeologe Dr. Manfred Baur aber nicht verlassen. „Die Dynamik einer solchen Rutschung ist schwer einzuschätzen“, weiß er. Gleiches gilt für die Wirkung allfälliger Sicherungen. Wenigstens 15 Millionen Euro brauche es, um zumindest „eine vernünftige Aussicht auf Erfolg“ zu haben.

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