Von Beginn an ging es Oskar Kokoschka nie um die schöne Oberfläche, sondern immer um einen Blick in die Abgründe der Seele. Der 1886 geborene Maler porträtierte Künstlerfreunde, Kinder, seine Geliebte Alma Mahler sowie später seine Ehefrau Olda. Zeit seines Lebens hinterfragte der Künstler zudem in Selbstporträts, was der Mensch eigentlich ist, wie er es selbst ausdrückte.
Die Jubiläumsschau zum 20-jährigen Bestehen des Museums in der Volkswagen-Stadt versammelt rund 200 Werke Kokoschkas aus allen Schaffensperioden, darunter 55 Gemälde. Beim Rundgang betritt der Besucher Themen-Räume. So können Kinderbildnisse oder Tierporträts aus frühen Jahren mit Spätwerken verglichen werden. Das Porträt eines lässig posierenden, adrett gekleideten Geschwisterpaares aus dem Jahr 1952 steht im krassen Gegensatz zu den bleichen, eingefallenen Gesichtern der “Proletarierkindern” von 1914.
Die Hände der Menschen auf den Bildern wirken oft verkrampft, die Augen liegen in dunklen Höhlen, Knochen treten hervor. Als “Seelenaufschlitzer” bezeichnete der mit Kokoschka befreundete Schriftsteller Albert Ehrenstein dessen Stil.
In der Wolfsburger Ausstellung werden zentrale Werke aus internationalen Museen durch Leihgaben aus Privatbesitz ergänzt. Das Gemälde “Private Property” aus dem Jahr 1939 etwa zeigt eine Frauengestalt mit Katzenkopf, die in verwüsteter Landschaft vor ihrem Strickzeug sitzt. Dieses noch nie öffentlich gezeigte Bild habe Kokoschka einer holländischen Fluthilfe-Organisation zur Verlosung zur Verfügung gestellt, sagte Kuratorin Beatrice von Bormann. “Er hat auch im Krieg zu Hilfsaktionen für Kinder aufgerufen, sich aber nie irgendeiner Organisation angeschlossen.”
In Kokoschkas Biografie spiegeln sich die Geistesströmungen und Wirren der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. In jungen Jahren wurde er geprägt von Sigmund Freuds Psychoanalyse und Charles Darwins Evolutionslehre. Krank vor Liebeskummer nach der gescheiterten Beziehung mit der Komponisten-Witwe Alma Mahler kämpfte er freiwillig im Ersten Weltkrieg. 1937 beschlagnahmten die Nazis mehr als 400 seiner Werke aus deutschen Museen. In der Schau “Entartete Kunst” wurde seine Arbeit mit der eines Geisteskranken verglichen und verhöhnt. 1938 floh der Maler mit seiner Frau Olda nach England, 1951 ließ er sich schließlich am Genfer See nieder.
In der Nachkriegszeit saßen unter anderem Bundeskanzler Konrad Adenauer und Israels Ministerpräsidentin Golda Meir für Kokoschka Modell. Dagegen scheiterten seine Bemühungen, Berühmtheiten wie Mahatma Gandhi oder Papst Pius XII. zu porträtieren. Auch wenn er seinen eigenen Stil immer wieder veränderte und mit Farben experimentierte: Der abstrakten Kunst konnte Kokoschka nie etwas abgewinnen, denn sie lässt nach seiner Überzeugung den Menschen verschwinden.
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