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Griechen-Nein: Albtraum droht zur Realität zur werden

Griechen bieten Gläubigern trotz Grexit-Gefahr die Stirn.
Griechen bieten Gläubigern trotz Grexit-Gefahr die Stirn. ©EPA
Mit seinem Sieg beim Referendum über die Gläubiger-Vorschläge hat Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras einen gefährlichen Triumph errungen.

Den Warnungen aus Brüssel und Berlin zum Trotz hat eine überwältigende Mehrheit der Griechen Tsipras’ Versprechen geglaubt, er werde einen “besseren Deal” für den bankrotten Staat herausschlagen, wenn die bisherigen Sparvorschläge der Geldgeber im Referendum vom Tisch gefegt werden. Nach einer offiziellen Projektion für das Innenministerium kam das Nein-Lager bei der Volksabstimmung völlig überraschend auf mehr als 60 Prozent.

Banken bleiben wohl geschlossen

Am Montag nach dem “Ochi” (Nein) droht nun ein Albtraum Realität zu werden. Die Banken bleiben wohl vorerst geschlossen. Das Euro-Aus wird zur akuten Gefahr, wenn Athen zur Einführung einer Parallelwährung gezwungen ist. Ein unvorbereiteter Grexit würde das Land administrativ völlig überfordern und könnte es ganz zu Boden werfen – zumindest vorübergehend. Die Warnungen von EU-Spitzenpolitikern vor genau diesem Szenario ist zum Bumerang geworden: Viele Griechen sahen sich dadurch erpresst und stimmten erst recht mit Nein.

In Brüssel mag es die Bereitschaft geben, die griechischen Bürger mit Geld aus EU-Töpfen vor ganz schlimmem Elend zu bewahren. Aber ob die Bereitschaft der Europartner zu einem Schuldenverzicht und zu neuer Finanzierung ohne schmerzhaftes Reform- und Sparprogramm als Gegenleistung durch das lautstarke Nein aus Athen steigen wird, ist fraglich. So betonte Italiens Regierungschef Matteo Renzi, der sich um Vermittlung zwischen den Fronten bemüht, noch am Sonntag: Ohne Renten-, Steuer- und Arbeitsmarktreform werde es nicht gehen. Die höchst gelassenen Marktreaktionen der vergangenen Tage bestärkten diejenigen, die einen Grexit für die Eurozone als verkraftbar einstufen.

 

Griechen wollen im Euro bleiben

Trotz ihres “Ochi” wollen drei Viertel der Griechen im Euro bleiben. Dem wird Tsipras Rechnung tragen müssen – und sich in neuen Verhandlungen bewegen müssen. “Man ist kein Held mit geschlossenen Banken”, bringt Oppositionspolitikerin Dora Bakogianni von der Nea Dimokratia das Dilemma von Tsipras’ gefährlichem Triumph auf den Punkt. Aber im Tsipras-Lager fehlt – bestärkt durch das Referendumsergebnis – die Einsicht zu den verlangten Maßnahmen. “Wir können nicht mehr! Die Austerität wird enden!”, trägt die Syriza-Abgeordnete Chara Kafantari das Mantra vor.

Das Nein hat zwei Realitäten mit Karacho aufeinanderprallen lassen. Die Realität der Griechen, von denen viele in der Tat nicht mehr können. Und die den Gläubigern trotz der geschlossenen Banken und trotz der Grexit-Horrorszenarien die Stirn geboten haben. Und die Realität der Euro-Hauptstädte und ihrer Parlamente, die von Griechenland einfach die Nase voll haben und Athen immer weiter auf Rosskur setzen wollen.

Eine gemeinsame Realität wird auch am Montag nicht am Horizont erscheinen. ND-Politikerin Bakogianni hält es deswegen für einen schweren politischen Fehler, dass es die Eurozone durch die Ablehnung aller griechischen Vorschläge letztlich auf das Referendum habe hinauslaufen lassen. “Und jetzt haben wir das Problem.”

Letztlich führt kein Weg daran vorbei, wieder eine gemeinsame Realität zu finden. Dazu rief Renzi am Sonntag eindringlich auf. “Wenn du einen Rentner vor einer Bank weinen siehst, begreifst du, dass ein für die Welt und seine Kultur so wichtiges Land wie Griechenland nicht so enden darf.”

(APA)

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