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Grauzone: Österreicher geben mehr Geld für Glücksspiel aus

Das Verbot von Glücksspielautomaten in Wien treibt die Nutzer mehr und mehr ins Internet.
Das Verbot von Glücksspielautomaten in Wien treibt die Nutzer mehr und mehr ins Internet. ©APA-FOTO: GEORG HOCHMUTH
Trotz mehrerer Verbote und Beschränkungen wächst das heimische Glücksspielmarkt weiter. Besonders im Internet erfreuen sich Glücksspiel und Sportwetten besonderer Beliebtheit - 2016 stieg der Bruttospielertrag des Online-Markts etwa um 25 Prozent auf 254 Mio. Euro.

Derzeit darf in Österreich nur der teilstaatliche Casinos-Austria-Konzern auf seiner Seite win2day Online-Glücksspiel anbieten, dazu berechtigt ihn die vom Finanzministerium vergebene Lottolizenz. Die zahlreichen anderen Anbieter wie bet-at-home oder bwin operieren im Graubereich. Sie halten das Glücksspielmonopol der Casinos Austria für EU-rechtswidrig und berufen sich auf die EU-Dienstleistungsfreiheit: Mit einer Lizenz aus Malta oder einem anderen EU-Land dürften sie in ganz Europa anbieten. Auf vielen der Seiten können Kunden auch Sportwetten abschließen. Diese fallen in Österreich nicht unter das Glücksspielmonopol, sind also erlaubt.

Österreicher geben mehr Geld für Glücksspiel aus

Generell haben die Österreicher in den vergangenen Jahren immer mehr Geld für Glücksspiel ausgegeben, wie Kreutzer, Fischer & Partner alljährlich erhebt. 2016 waren es 1,61 Mrd. Euro, 2015 mehr als 1,5 Mrd. Euro. Während der Automatenmarkt wegen diverser Verbote und strengerer Regelungen an Bedeutung verlor, stiegen die Nettospielerlöse von Spielbanken (Casinos Austria), Sportwettenanbietern und im Online-Glücksspielbereich stark an. Der Onlinebereich kommt der Studie zufolge mittlerweile auf einen Marktanteil von 16 Prozent. Bei Sportwetten hält das Internet bei fast 44 Prozent.

Nicht lizenzierte Anbieter sind in der Mehrheit

Besonders brisant: Nicht in Österreich lizenzierte Internet-Glücksspielanbieter haben einen Marktanteil von knapp 60 Prozent. Der Schluss der Studienautoren: Das Glücksspielmonopol erfülle seinen eigentlichen Zweck, die vorhandene Nachfrage ins nationale Bewilligungssystem zu lenken, nur bedingt.

Auch wenn das Finanzministerium die Online-Anbieter für illegal hält und die Regelungen jetzt verschärfen will – geplant sind etwa Internetsperren -, hat es in den vergangenen Jahren viele Steuern von den Anbietern eingenommen. 2016 waren es laut KFP rund 30 Mio. Euro.

Automatenverbot in Wien verhilft halblegalen Anbietern zu mehr Umsatz

Im Automatenbereich haben die Verbote, insbesondere jenes in Wien, den halblegalen Anbietern zu mehr Umsatz verholfen. Zwischen 2013 und 2016 hat der graue Automatenmarkt um fast zwei Drittel auf 108 Mio. Euro zugelegt. Trotz vieler Razzien und Beschlagnahmungen der Finanzpolizei trockne der Markt nicht aus, “da die unglückliche Rechtslage nach wie vor interpretationsfähige Schlupflöcher hinterlässt und die Gewinnaussichten für illegale Betreiber zu verlockend sind, zumal sich vor allem High-Roller (Vielspieler bzw. Süchtige, Anm.) mit dem Registrierungssystem bei Landesausspielungen nur schwer anfreunden können”, meint Kreutzer, Fischer & Partner. 2016 gab es laut KFP 2.200 illegale Glücksspielautomaten in Österreich.

Online-Glücksspielmarkt wächst auf 110 mio. Euro

Auch der graue Online-Glücksspielmarkt jenseits des Casinos-Austria-Portals win2day wuchs binnen drei Jahren rasant von 67 Mio. auf 110 Mio. Euro. “Es handelt sich dabei um knapp vierzig relevante Anbieter, wobei die größten zehn nahezu achtzig Prozent des grauen Onlinemarktes halten”, erklärt KFP. Die Großen bieten zumeist auch Sportwetten an, sie treten in Österreich auch als Sportsponsoren auf und machen viel Werbung.

Steuerpotential laut Studie enorm

Der graue Marktanteil des Online-Glücksspielmarkts liegt laut KFP bei knapp 60 Prozent. Angesichts dessen halten es die Studienautoren für unumgänglich, dass der Staat den Markt öffnet, zumal das Steuer- und Abgabenpotenzial enorm sei. “Unbedacht der moralischen Dimension” lange der Fiskus bei halblegalen Anbietern schon jetzt kräftig zu “auf mittlere Sicht ist das Aufkommen aber keineswegs gesichert.” KFP beziffert das Steuerpotenzial der drei Segmente Automaten, Online-Glücksspiel und Sportwetten mit 86 Mio. Euro, davon entfallen 40,3 Mio. Euro auf Automaten und knapp 44 Mio. Euro auf Online-Glücksspiel.

Kreutzer: Es soll nicht zu viele Anbieter geben

Während sich die heimischen Online-Glücksspiel- und -Sportwettanbieter wünschen, dass der Gesetzgeber den Internet-Zockmarkt öffnet und beliebig viele Lizenzen vergibt, sollte es laut Berater Andreas Kreutzer nicht allzu viele Anbieter geben. Bei einer Pressekonferenz der Vereinigung für Wetten und Glücksspiel (OVWG) sagte er, der derzeit halblegale Markt mit ein paar Großen funktioniere gut.

Nur 20 bis 25 seriöse Online-Glücksspielanbieter

Kreutzer ist somit nicht ganz einer Meinung mit der OVWG, für die er eine Studie zum legalen und halblegalen (grauen) Glücksspielmarkt gemacht hat. Derzeit, so Kreutzer, gebe es in Österreich rund 20 bis 25 seriöse Online-Glücksspielanbieter, “die relevant sind”. Dass das Finanzministerium in seinem zwischenzeitlich wieder zurückgezogenen Begutachtungsentwurf zur massiven Einschränkung des Online-Spielens von mehr als 2.000 Anbietern gesprochen habe, habe ihn nur schmunzeln lassen.

(APA/red)

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